Die Mitglieder der ErFa-Gruppe Taxizentralen haben sich am Wochenende zum turnusgemäßen Austausch getroffen. Gastgeber war die Taxi München eG, Themen waren Mindestpreise für Mietwagen, Vorab-Maßnahmen gegen Uber in Kleinstädten, eine Bewertung der PBefG-Novelle, Versicherungen und bargeldlose Abrechnungssystem für Taxizentralen sowie die TSE-Taxameter-Verordnung ab 2024.
Diese Themenfülle in knapp sechs Stunden unterzubringen, war ein sportliches Programm. Es führte letztendlich auch dazu, dass der eigentliche Charakter einer ErFA-Gruppe (ErFa steht für ErFahrungsAustausch) ein wenig zu kurz gekommen ist. Anstatt untereinander von den Erfahrungen der anderen Zentralen zu „lernen“, wurde der Schwerpunkt diesmal auf wichtigen Input von Experten und Firmenrepräsentanten gelegt.
Davor allerdings hatte es bereits am Vortag eine Führung durch die gastgebende Zentrale gegeben. Dort erfuhren die Besucher dann vom Vorstand Thomas Kroker beispielsweise, dass die Genossenschaft insgesamt vier Immobiliengrundstücke in der Stadt besitzt. Der Schulungsleiter Kai-Georg Frey erläuterte das Konzept einer Fahrerschulung, das auch Elemente der weggefallenen Ortskundeprüfung enthält.
Bei der Besichtigung des Call-Centers gaben die Funk-Leiter Norbert Laermann und Marco Ugler Einblick in die Vermittlungsstatistiken und die Personalführung. Von Neueinstellungen als Minijobber in der Zentrale sei man beispielsweise völlig weggekommen, weil das Einlernen aufgrund der wenigen Monatsstunden sonst zu lange dauern würde.
Rund 50 Teilnehmer waren zum Treffen nach München angereist, einige Zentralen waren doppelt vertreten. Insgesamt repräsentierten sie knapp 12.000 Taxis, die von ihnen vermittelt werden.
Die Besucher konnten dann am zweiten Tag des Treffens dem Vortrag von Jonathan Nemec von der Firma myPOS lauschen. Er war aus Wien angereist und hatte drei Zahlungsgeräte im Gepäck, mit denen die angeschlossenen Unternehmer den bargeldosen Zahlungsverkehr abwickeln können. Bei der gastgebenden Taxizentrale in München seien diese Geräte auch mit dem Vermittlungssystem von gefos verknüpft. Das sei auch mit anderen Systemanbietern möglich, versprach Nemec. Er stellte den Mitgliedern der ErFa-Gruppe ein vergünstigtes Disagio in Aussicht.
Ein Heimspiel hatte Alexander Crasselt vom gleichnamigen Münchner Versicherungsbüro. Er rückte in seinem Vortrag das Thema Betriebshaftpflicht in den Mittelpunkt. Diese sei auch bei Taxizentralen wichtig, decke sie doch beispielsweise Schäden durch Computerviren, mögliche Biodiversitätsschäden nach Bränden oder auch Personenschäden im Gebäude der Zentralen ab. „Letzteres ist schnell passiert“, warnte Crasselt. Da genüge es schon, dass ein Kunde im Eingangsbereich an einer nassen Stelle ausrutscht und unglücklich fällt.
Als Agentur der Signal-Gruppe stellte Crasselt anschließend noch die Leistungen der Signal / VDK vor. Diese reichen neben dem klassischen Hauptprodukt, der Kfz-Versicherung, von der Privathaftpflicht über den Rechtsschutz bis hin zu einer Lotsenversicherung, einem Taxi-Schutzbrief, einer GAP-Versicherung und einer D&O-Versicherung. Letztere ist für Taxizentralen sehr interessant, weil sie die Haftung für Vermögensschäden übernimmt, die durch falsches Handeln der verantwortlichen Vorstände bzw. Geschäftsführer entstehen.
Weniger um falsches als vielmehr um weitsichtiges Handeln der Zentralenchefs war es in den Referaten zuvor gegangen. Den Tag begonnen hatte Dr. Michael Stehr, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein. Er referierte über den rechtlichen Rahmen für Mindestpreise für Mietwagen und deren Herausforderungen bei der Umsetzung.
Stehr rückte dabei die drei Paragraphen 51a, 13, Absatz 4 des Personenbeförderungsgesetztes (PBefG) sowie den Paragraph 40 des Verwaltungsgesetzes (VwVfG, behördlicher Ermessensspielraum) in den Vordergrund. Deutlich wurde dabei, dass die Instrumente für einen Mietwagenmindestpreis entweder einer Verwaltungsrichtlinie (siehe Beispiel Leipzig) oder eine Allgemeinverfügung sind. Entscheidend für den Erfolg einer solchen Maßnahme ist dabei das Motiv: Es geht darum, die öffentlichen Verkehrsinteressen zu schützen, nicht das Taxigewerbe.
Thematisch eng verknüpft mit dem Vortrag von Dr. Stehr waren die anschließenden Ausführungen von Christian Linz, Chef der Nürnberger Taxizentrale. Nürnberg zählt zu jenen mittelgroßen Städten, in denen Uber bald auch seine Vermittlungsdienste anbieten wird. Um hier einen Markteintritt mit marktzerstörerischen Dumpingpreisen vorzubeugen, ist man in engen Austausch mit der Genehmigungsbehörde, aber auch mit den etablierten Mietwagenunternehmen und dem Kommunalen Verkehrsbetreiber. Das Ziel ist auch hier: kein Schutz des Taxigewerbes, sondern der Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen. Genau diese sind nicht mehr gegeben, wenn ein Plattformvermittler mit Dumpingpreise agiert und so Scheinselbständigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse fördert. Die Wege für eine rechtsichere Einführung eines Mindesttarifs für Mietwagen, die Christian Linz in Nürnberg genau skizziert hat, sind letztlich überall anwendbar. Linz wird die Informationen und Kommunikationen dazu den Mitgliedern der ErFa-Gruppe zur Verfügung stellen.
Ebenso wie die Infos, die Rechtsanwalt Thomas Grätz zur PBefG-Novelle vortrug. Grätz führte unter anderem aus, dass die neue Verkehrsart der Linienbedarfsverkehre auch eine Option für ländliche Taxibetriebe sein kann, ebenso im städtischen Bereich. Dort ist es allerdings nur praktikabel, wenn es von einer Taxizentrale organsiert wird. Auch die kürzlich erfolgte Festlegung der Politik auf eine künftige Prüfung der Kleinen Fachkunde bewertete Grätz als positiv und Chance für die Taxibranche. Die lange Verfahrensdauer bezeichnete der als juristische Berater tätige Rechtsanwalt als peinlich.
Den allerletzten Vortrags-Slot bekamen der Taxiunternehmer Uwe Wieland und der Taxameter-Spezialist Jürgen Weberpals. Beide hatten sich ausführlich mit der Kassensicherungsverordnung auseinandergesetzt und konnten von den neuesten Entwicklungen in Bezug auf TSE-Taxameter berichten. TSE steht für technische Sicherheitseinrichtung. Ab 1.1.2014 müssen alle Taxameter über eine TSE verfügen. Wie diese TSE definiert ist, wird in einem künftigen Anwendungserlass beschrieben. Das Bundesfinanzministerium hatte dazu vor kurzem einen Entwurf vorgelegt. Er befindet sich derzeit in der Anhörphase und wurde auch den Taxiverbänden sowie den Taxameterherstellern zur Bewertung vorgelegt. Weberpals bemängelte an diesem Entwurf, dass die Ausnahmen für INSIKA-Geräte nun wieder auf die frühere Definition zurückgestellt wurde. Wieland äußerte als Einschätzung, dass die Pflicht vielleicht nicht gleich zu Beginn des Jahres 2024 eintritt, sondern etwas später, auf jeden Fall aber noch im Laufe des Jahres 2024.
Bis zum Jahr 2024 werden die Mitglieder der Taxi-Erfa-Gruppe Zentralen sicher nicht uaf ihr nächstes Treffen warten müssen. Turnusgemäß steht die nächste Zusammenkunft im Herbst 2023 an. Allerdings hat sich bisher noch keine gastgebende Zentrale gefunden. Bei einer Teilnehmerzahl von 50 Personen stoßen kleinere Taxizentralen als potenzielle Gastgeber an ihre Kapazitätsgrenzen.
Das ist die Schattenseite des rasanten Wachstums dieser Gruppe. Die Sonnenseite wiegt das aber zweifellos auf: Mit der ErFa-Gruppe hat das Taxigewerbe ein wichtiges Forum für den gegenseitigen Austausch. In Zeiten, in denen sich Taxizentralen im Haifischbecken mit diversen Plattformvermittlern tummeln, sind solche Verbindungen unverzichtbar und wertvoll – davon profitieren nicht nur die Taxizentralen, sondern auch deren Mitglieder und Teilnehmer. jh
Hinweis der Redaktion: Alle bei Taxi Times bisher veröffentlichten Beiträge zum Thema TSE-Pflicht finden Sie hier.
Das Beitragsfoto zeigt einen Teil der Teilnehmer am Taxi-ErFa-Treffen nach dem Abendprogramm, einem Besuch der Vorstellung des Münchner Zirkus Krone. Foto: Taxi Times