Die Münchner Stadtratskoalition hat einen Antrag zur Einführung von Mindestbeförderungsentgelten gestellt, um soziale Standards für alle sicherzustellen und das Taxigewerbe funktionsfähig zu erhalten.
Seit Langem stehen die Gewerbevertretungen und Funkzentralen des Münchner Taxigewerbes in engem Kontakt mit Politikern des Stadtparlaments. Nun gibt es einen Antrag der Fraktion Die Grünen/Rosa Liste und der SPD/Volt-Fraktion an Oberbürgermeister Dieter Reiter, der auf letzten Donnerstag datiert ist. „Die Stadtverwaltung wird gebeten, die Einführung eines Mindestpreises für den Mietwagenverkehr (nach dem Personenbeförderungsgesetz PBefG) zu prüfen und der Münchner Taxikommission sowie dem Stadtrat einen Vorschlag vorzulegen, wie dieser umgesetzt werden kann“, heißt es in dem kurzen und bündigen Schreiben.
Zur Begründung verweisen die Stadträte auf den ruinösen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Mobilitätsanbietern im Mietwagenverkehr und dem Taxigewerbe und betonen, soziale Standards wie der Mindestlohn würden bei Fahrdienstanbietern im Gegensatz zum Taxigewerbe in den seltensten Fällen eingehalten. Dabei stelle das Taxigewerbe als essenzieller Bestandteil des ÖPNVs Mobilität für alle und eine faire Bezahlung der Fahrer sicher.
Die Antragsteller weisen darauf hin, dass seit der PBefG-Novelle im August 2021 die Kommunen die Möglichkeit haben, zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen tarifbezogene Regelungen für den Mietwagenverkehr, insbesondere Mindestbeförderungsentgelte, festzulegen. Ein solcher Mindestpreis solle in München geprüft werden. Dabei solle die Einhaltung sozialer Standards bei allen Mobilitätsanbietern und die Verhinderung eines weiteren ruinösen Wettbewerbs im Fokus stehen.
Dieser sozialpolitischen Komponente ungeachtet gibt es in den sozialen Medien zum Teil Kritik von Kundenseite an dem Vorgehen. So beklagt eine Studentin, Taxifahrten seien für sie als Minijobberin quasi unbezahlbar. Die Regelung, die die Grünen durchsetzen wollen, gehe an den Bedürfnissen der Durchschnittsbürger vorbei. Jemand anders schreibt, in Estland komme man mit Uber überall günstiger als mit dem Taxi hin. In Deutschland sei Taxi Geldmacherei und solche Politik führe dazu, dass „fortschrittlichere und bessere Alternativen“ sich nicht durchsetzen könnten. Es sind bekannte Argumente von jenem Teil der Kunden, die ausschließlich ihre Ersparnis im Sinn haben, ungeachtet dessen, dass die Gemeinschaft für sie mitbezahlen muss, wenn Personenbeförderung als Zuschussgeschäft praktiziert wird. Die Politiker versuchen in ihren Antworten geduldig, die Problematik zu erläutern und weisen auf andere Vergünstigungen wie das Frauen-Nacht-Taxi hin.
Einer der Initiatoren auf Gewerbeseite war Gregor Beiner, Vorstandsmitglied des Taxiverbandes München e. V. (TMV) und des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) sowie Vorsitzender der europäischen Lobbygruppe Taxis4SmartMobility (T4SM). Er freut sich, dass die gewerbepolitische Arbeit seines bayerischen Verbandes und der Funkzentralen Wirkung zeigt: „Nicht nur in Berlin, wo Anfang des Jahres durch journalistische Recherchen ans Tageslicht gekommen ist, dass mittlerweile ein Drittel des taxiähnlichen Mietwagenverkehrs durch Uber, Bolt und Co. illegal unterwegs ist, kommt etwas ins Rollen, sondern auch hier in München setzt sich die Politik dafür ein, die Gesetze umzusetzen.“
Dabei gehe es nicht nur darum, dass die Plattformbetreiber Mietwagen ohne Genehmigung fahren lassen, sondern, dass ihre Fahrer „zu großen Teilen Schwarzarbeit betreiben, falsch angemeldet sind, dabei unter Mindestlohn bezahlt werden, keine Lizenz besitzen und ohne den richtigen Versicherungsschutz für die Fahrgäste“ unterwegs seien. Die kriminellen Machenschaften gehen laut Beiner noch weiter darüber hinaus. „Ich spreche für das Taxigewerbe, wenn ich sage, dass es an der Zeit und wichtig ist, dass wir diese politische Unterstützung durch Die Grünen – Rosa Liste und SPD/Volt erhalten.“
Vielen Verbrauchern sei nicht bewusst, dass seit Jahren ein unfairer Wettbewerb zu Lasten des gesamten Mobilitätsgewerbes betrieben werde: „Das Taxi ist Teil des ÖPNV, es ist das Instrument der letzten Meile, es dient der Daseinsvorsorge, deckt in Deutschland einen überwiegenden Großteil von Kranken- und Schülerfahrten ab, es wird tariflich von der jeweiligen Stadtverwaltung reguliert. Es hat eine wichtige Funktion für die Bevölkerung. Und auch, wenn wir bereits letztes Jahr Taxifestpreise mit Tarifkorridor eingeführt haben, um den Kunden Preissicherheit vor Fahrtantritt zu bieten, bringen diese nichts, wenn die Preise von Uber, Bolt und Co. durch ruinöse Geschäftsmodelle permanent unter unserem möglichen Tarifkorridor liegen. Es ist daher dringend notwendig, die eingeführten Gesetze zum Schutz des ÖPNV auch umzusetzen und das Instrument ‚Mindestpreise’ auf die Münchener Straßen zu bringen. Dann erst reden wir über ‚tatsächlichen Wettbewerb’, dann erst erhalten Fahrgäste die Beförderungsqualität und den Schutz, der ihnen zusteht.“
Die Politiker haben, um ihr Anliegen auch publik zu machen, zeitgleich eine Pressemitteilung herausgegeben. Unter der Überschrift „Das Münchner Taxigewerbe besser schützen – Münchner Mindestpreis für Mietwagenverkehr einführen!“ erläutern sie, das Taxigewerbe besser vor Dumpingpreisen von Fahrdiensten schützen zu wollen: „Auch für Uber oder Bolt sollen künftig Mindestpreise für Fahrten gelten. Die Mehrheitsfraktionen fordern die Stadtverwaltung auf, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie das rechtssicher umgesetzt werden kann.“
Zudem wird erklärt, dass das Taxigewerbe wegen der genannten Anbieter, die ihre Preise je nach Nachfrage verändern, stark unter Druck steht, da Taxifahrer an die von den Kommunen vorgegebenen Tarife gebunden sind. „Anders als im Taxigewerbe werden bei den Fahrdiensten soziale Standards wie der Mindestlohn oft missachtet.“ Das drücke die Preise auf unfaire Art und zwinge Münchner Taxler in einen Abnutzungswettbewerb.
Um dem einen Riegel vorzuschieben, wolle man die Möglichkeiten des novellierten Personenbeförderungsgesetzes nutzen. „Leipzig und Lörrach haben diese Möglichkeit schon genutzt. In Heidelberg wurde dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Verwaltung in Lörrach hat 2022 Preisuntergrenzen für Fahrten mit Uber und Co. eingeführt. Hier liegt der Mindestpreis je gebuchter Fahrt bei 5 Euro, plus 2,80 Euro je gefahrenem Kilometer. Das entspricht in etwa dem Preisniveau der dortigen Taxitarife.“
Der im vergangenen September eingeführte Tarifkorridor werde bereits gut angenommen. „Fahrgäste schätzen es, wenn sie den Fahrpreis vorher wissen. Das macht das Taxigewerbe wettbewerbsfähiger. Die angestrebten Mindestpreise für Fahrdienste stellen dafür eine wesentliche Ergänzung dar.“
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen/Rosa Liste und Vorsitzende der Münchner Taxikommission, Sibylle Stöhr, sagte, das Taxigewerbe stelle Mobilität für alle und eine faire Bezahlung der Fahrer sicher. Mit Festpreisen und dem Tarifkorridor habe die Stadt die Taxifahrer bereits gestärkt. Es brauche aber noch mehr, um einen fairen Wettbewerb herzustellen und Dumpinglöhne zu verhindern: „Mindestpreise für Fahrdienste. Unsere Initiative stellt die Weichen dafür.“
Die stellvertretende Vorsitzende der Taxikommission, SPD-Stadträtin Micky Wenngatz, ergänzte, soziale Standards müssten für alle gelten, auch für Mietwagenfahrer. Uber und Bolt müssten diese Standards endlich sicherstellen. Dabei könne eine Preis-Untergrenze für Fahrdienste helfen, was die Stadtverwaltung jetzt prüfen solle.
Auch in der Pressemeldung der Stadträte kommt Gregor Beiner mit einem „gemeinsamen Statement aller Vertretenden des Münchner Taxigewerbes (Taxiverband München e. V., Taxi-München eG, IsarFunk Taxizentrale GmbH und Co. KG)“ zu Wort: „Wir, das Taxigewerbe München, begrüßen den Stadtratsantrag zur Einführung eines Mindestfahrpreises ausdrücklich. Damit zeigt die Stadtpolitik, dass sie die Dringlichkeit erkannt hat, mit welchen Mitteln die Plattformen ein ruinöses Geschäftsmodell betreiben und höchst kriminelle Strukturen aufgebaut haben. Der Mindestfahrpreis für Mietwagen ist ein wichtiges Instrument, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Dies ist auch im Interesse der Fahrgäste, die so sicher sein können, nicht zu Sozialdumping und Ausbeutung beizutragen.“
Obwohl die Möglichkeit für Städte und Landkreise seit 2021 besteht, das Taxigewerbe durch Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen und andere Instrumente vor unlauterem Wettbewerb zu schützen, ist München eine der ersten Gebietskörperschaften, die die Anwendung dieser Möglichkeit anstrebt. Das Taxigewerbe darf auf möglichst viele Nachzügler hoffen. ar
Beitragsbild: Gregor Beiner (Taxiverband München), Micky Wengatz (SPD), Sibylle Stöhr (Grüne), Ertekin Kocer (Taxi-München eG), Christian Vorländer (SPD) und Christian Smolka (Grüne); Foto: Grüne-Rosa Liste/Anfang
Leipzig hat das schon lange eingesetzt. Die so genannte Verwaltungsrichtlinie ….
Und noch eine Frage .: wie kann es sein das Uber eine Entschädigung und Millionen Strafen in Australien bezahlt und in Deutschland sind die immer wieder hoch kriminell und es passiert nichts? Kann mir bitte einer die Frage beantworten?
Ja, hier kommt die Maus!!!!
In Deutschland gilt immer die Devise: Der Markt regelt sich von selbst oder freiwillige Selbstverpflichtung – blos kein politische Zwangskeule. Könnte ja das scheue Wild „Investoren“ aufschrecken. Nich? Neeh… is klar!
Und dazwischen – also wenn man genau hinguckt – liegt eine menge Raum für Tatenlosigkeit bei Bund, Länder und Kommunen und eine menge Spielraum für Unternehmen, sich die Welt so zu machen, wie es ihnen gefällt, solange Tatenlosigkeit anhält.
Klingt komisch, iss aber so! Ich hoffe lieber Igor, die Maus konnte dir helfen und dir kurz und knackig erklären, warum. Wenn du noch weitere Fragen hast, kannst du gern immer wieder die Maus fragen.
In der nächsten Sendung erklärt dir die Maus, warum Uber&Co immer wieder mit ihrem kriminellen Geschäftsmodell durchkommen.
So, jetzt aber Abschalten!
Mindestfahrpreise für Ride-, Uber- Mietwagenfahrten u. dgl. sind wünschenswert, aber schwer durchsetzbar. Im Grundgesetz ist das Recht auf freie Berufsausübung geregelt (nicht das mögliche Einkommen9, deshalb möchte man nicht wissen, was passiert, wenn jemand dafür oder dagegen vorgeht.