Die Mobilitätsdatenverordnung (MDV) verpflichtet Taxiunternehmen, die Geodaten freier Fahrzeugkapazitäten online sichtbar zu machen – was realistischerweise nur Zentralen und Plattformen leisten können. Dennoch birgt das Projekt Chancen für die Branche.
Gemeinsam mit dem BVTM hat die neue Mobilithek, ehemals MDM (Mobilitätsdatenmarktplatz), in einem Youtube-Webinar über technische Details ihrer Datenschnittstelle informiert, über welche die Taxibranche zukünftig ihre sogenannten „dynamischen Daten“ liefern soll. Dieses Webinar schloss an ein vorangegangenes Webinar aus dem März dieses Jahres an, welches über die Anforderungen zur Lieferung der statischen Daten informiert hatte. Parallel informierte auch der TMV in einem jetzt veröffentlichten Schreiben über Details dieser neuen Verpflichtung, die mit dem Inkrafttreten des neuen Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) auf die Branche zugekommen ist.
Zusammengefasst besteht gemäß der MDV inzwischen auch für Taxis die Pflicht zur Datenbereitstellung. Allerdings wird bei den technischen Anforderungen der extra dafür ins Leben gerufenen „Mobilithek“ schnell klar, dass diese Aufgabe wohl ausschließlich von Vermittlern übernommen werden kann, denn für die einzelnen Unternehmen ist diese Aufgabe kaum erfüllbar. Trotzdem sollte sich das Gewerbe der Zukunft nicht verschließen und prüfen, was geht.
Nach der neuen Verpflichtung müssen (fast) alle Taxiunternehmen und alle aktiven Vermittler im Gelegenheitsverkehr mit Taxi, Mietwagen oder im GBV (gebündeltem Bedarfsverkehr) seit Jahresbeginn sogenannte statische Daten zu den Fahrzeuganbietern und deren Fuhrpark liefern und seit Juli diesen Jahres auch ihre dynamischen Daten an die Mobilithek melden. Ausgenommen sind lediglich Einzelunternehmen ohne Mitarbeiter. Mit statischen Daten sind Informationen zu Angebotsort und -zeiten sowie den Kapazitäten der Fahrzeuge gemeint, mit dynamischen Daten Geodaten freier Fahrzeugkapazitäten in Echtzeit, also wo welches Fahrzeug in diesem Augenblick verfügbar ist oder wo noch wie viele Einzelplätze in Sammelverkehren zu haben sind.
Der Gesetzgeber verspricht sich von der MDV zum einen eine mögliche Option, die verschiedenen Verkehrsmittel in der Form miteinander zu vernetzten, dass Nutzer Verkehrsketten buchen oder vergleichen können, ohne sich erst mit den verschiedenen Tarifmodellen und Fahrplänen auseinandersetzen zu müssen, und zum anderen Möglichkeiten beispielweise für Genehmigungsbehörden, die Verkehrsangebote in ihrem Verantwortungsbereich besser zu verfolgen.
Allerdings stellte Lutz Rittershaus von der Mobilithek in dem Webinar eindeutig klar, dass die Mobilithek selber alle Verkehrsdaten lediglich in Echtzeit veröffentlichen werde und keinerlei Datenspeicherung vorgesehen sei. Wo also Genehmigungsbehörden eventuell statische Erhebungen auf Basis dieser Daten realisieren wollten, müssten diese dann die Daten selber loggen und speichern. Bezüglich des Datenschutzes verwiesen Rittershaus und sein Kollege Peter Lubrich auf ein wichtiges Häkchen bei der Anmeldung im Portal, mit der Datengeber sicherstellen könnten, dass ihre Daten ausschließlich registrierten Datennehmern verfügbar gemacht würden und eine weitergehende Veröffentlichung ausgeschlossen bliebe.
Spätestens mit den Ausführungen von Jörg Freudenstein von der betreuenden AlbrechtConsult GmbH wurde dann klar, dass die Datenlieferung der dynamischen Daten nichts für Amateure ist und einzelne Taxiunternehmen sich wohl kaum selber an die Schnittstellenprogrammierung wagen werden. Rittershaus wies jedoch darauf hin, dass kein Taxiunternehmen verpflichtet sei, hier große Investitionen zu tätigen und lediglich Vermittler oder Zentralen tatsächlich über die technischen Möglichkeiten zur Datenlieferung verfügen würden. Wo verschiedene Plattformen genutzt würden, müsse sich das Unternehmen im Übrigen entscheiden, wer die Daten liefern solle, um Dopplungen zu vermeiden. Gegebenenfalls sei hierfür ein Erfüllungsgehilfe zu beauftragen.
Wo also eine einzige Zentrale im Auftrag der Branche für die Region aktiv ist, wird diese sicherlich ihren Mitgliedern ein Angebot machen. Und wo Fahrzeuge für mehrere Zentralen gleichzeitig aktiv sind, müssen die Unternehmer sich entscheiden, über wen sie ihre dynamischen Daten übermitteln wollen. Parallel haben bereits verschiedene Plattformanbieter (gefos, FMS, MPC, Seibt & Straub, taxi.de etc.) signalisiert, dass sie diesen Service ebenfalls für ihre Kunden anbieten wollen.
Amüsant war im Übrigen die eigentlich simple Frage aus dem Online-Publikum, wie denn bei der Mobilithek die Eindeutigkeit der Fahrzeugzuordnung gesichert werde. Diese Frage konnte man dort zunächst nicht beantworten, da sich anscheinend bisher noch niemand damit auseinandergesetzt hatte, wie oft es Taxi 123 in Deutschland geben könnte und wie häufig dieses seine Konzessionsgemeinde verlässt und so Dopplungen verursachen könnte. Solche Kleinigkeiten zeigen immer wieder auf, dass das Taxi eher als Randgruppe beim Thema Mobilität wahrgenommen wird und die Branchen-Praktiker bei der Planung solcher Verordnungen leider nicht mit ins Orga-Team geholt werden. Ebenfalls interessant war der Hinweis, dass eine beispielsweise minütliche Daten-Meldung völlig ausreichend sei, und dass dementgegen Meldungen im Millisekunden-Rhythmus das System schnell ernsthaft ins Schleudern bringen könnten.
Die berechtigten Fragen nach der Migration der Daten von dem alten MDM-Portal, welches ursprünglich zur Meldung der statischen Daten angeboten wurde, zur neuen Mobilithek wurden dementgegen umfassend beantwortet. Die Mobilithek will sich in den kommenden Monaten bei all denjenigen direkt melden, die ihre statischen Betriebsdaten gleich zu Beginn im MDM-Portal gemeldet haben, und ihnen bei der Migration behilflich sein. All diejenigen, die sich jetzt erst registrieren wollen, sollten dies gleich bei der Mobilithek tun. Diejenigen, die das Webinar versäumt haben, werden über die Mobilithek zeitnah Zugriff auf eine Aufzeichnung des Webinars erhalten. Zusätzlich verwiesen Rittershaus und Lubrich auf den Helpdesk auf ihrer Seite, über den sie weitere Fragen zur Schnittstelle gern beantworten würden.
Mit dem Webinar wurden viele der noch offenen Fragen zum Thema der Mobilitätsdatenverordnung beantwortet. Besonders damit, dass die dynamischen Daten nur noch den Standort und die Ausstattung freier Fahrzeuge anzeigen müssen, wurden viele Sorgen obsolet. Womit so vielleicht nicht zu rechnen war, ist die Tatsache, dass völlig unabhängig agierende Kleinunternehmen der Branche wohl gar nicht in die Verlegenheit kommen werden, ihre Daten melden zu müssen, solange sie keine Zentrale oder überregionale Onlineplattform nutzen, da ihnen dann einfach die Technik dazu fehlt. Trotzdem tut sich das Taxigewerbe sicherlich einen Gefallen, wenn es zumindest versucht, seine Dienstleistung auf der Mobilithek umfassend sichtbar zu machen, denn zumindest Uber & Co. werden es ganz bestimmt tun. rw
Beitragsbild: Screenshots vom Webinar der Mobilithek; Collage: Remmer Witte