Der On-Demand-Dienst Moia wird seine Minibusflotte auch im Jahr 2023 durch die Straßen Hamburgs lenken. Die dafür nötige Genehmigung wurde dafür von der Stadt erteilt – überraschenderweise aber nicht als gebündelter Bedarfsverkehr, sondern als eigenwirtschaftlicher Linienbedarfsverkehr.
Moia, das ist jener Ridepooling-Anbieter, der seit 2019 in eigens konzipierten ockergelben Fahrzeugen durch bestimmte Hamburger Stadtteile fährt und dabei Menschen individuell oder gesammelt in die Nähe ihrer Wunschadressen fährt. Bestellt wird die Fahrt über eine App, der Zustiegs- wie auch der Ausstiegspunkt liegen meist nur wenige Minuten von der eigentlichen Bestelladresse bzw. dem angegebenen Zielort entfernt. Liegen weitere zeitgleich eingegangene Fahrten auf der gleichen Route, werden die Fahrgäste zusammengelegt (gepoolt).
Genehmigt waren die Fahrzeuge bisher nach § 2, Absatz 7 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Dieser Paragraph erlaubt die Erprobung neuer Verkehrsarten für maximal fünf Jahre. Somit wäre die Genehmigung nun also ausgelaufen und eine Verlängerung nicht mehr möglich gewesen.
Um nun aber weiterfahren zu können, wird Moia künftig als Linienbedarfsverkehr nach § 44 PBefG definiert. Jener Bedarfsverkehr wurde mit der Novelle des PBefG im Jahr 2020 eingeführt. Das ist durchaus überraschend, denn eigentlich hätte Moia seinen On-Demand-Dienst auch als gebündelten Bedarfsverkehr nach § 50 des PBefG ausführen können. Auch diese Verkehrsart wurde 2020 eingeführt. Wäre Moia nach § 50 genehmigt worden, hätte es deutlich mehr Einschränkungen erfahren, beispielsweise durch die Verpflichtung der Genehmigungsbehörden, eine Pooling-Quote zu definieren, deren Nicht-Einhaltung dann durchaus ein Versagungs- oder Entzugsgrund für die Genehmigung darstellen kann.
Das war Moia wohl zu gefährlich und so hat man sich lieber als Linienbedarfsverkehr konzessionieren lassen. Hier schreibt das Gesetz lediglich vor, dass man innerhalb eines festgelegten Gebietes und festgelegter Bedienzeiten bedienen muss und dass ausschließlich Beförderungsentgelte und -bedingungen im Rahmen der Vorgaben des Aufgabenträgers im Nahverkehrsplan, im öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder der Vorabbekanntmachung zur Anwendung kommen. Ansonsten dürfen Fahrgästen auf vorherige Bestellung ohne festen Linienweg zwischen bestimmten Einstiegs- und Ausstiegspunkten befördert werden.
Man werde als eigenwirtschaftlicher Linienbedarfsverkehr Teil des öffentlichen Personennahverkehrs in Hamburg, schreibt die VW-Tochter in einer heute veröffentlichten Pressemeldung. Zudem werde das Moia-Angebot mit dem hvv-Angebot verknüpft. „HVV-Abonnent*Innen profitieren durch reduzierten Preis“ verspricht Moia.
Für das Taxigewerbe muss diese Genehmigung ein deutliches Warnsignal sein: Moia wird seinen Dienst nun unter ganz anderen rechtlichen Voraussetzungen betreiben können. Ohne festen Linienweg und vor allen Dingen ohne die Auflagen des Paragraph 50, also dem Nachweis einer Poolingquote. Das kommt der Art und Weise, wie Taxiverkehr betrieben wird, schon sehr nahe.
Dirk Ritter, dessen Hamburger Genehmigungsbehörde nun die Moia-Konzession nach § 44 erteilt hat, hatte das Taxigewerbe vor dieser Entwicklung bereits im Herbst 2021 Jahr gewarnt, als er beim Experten-Meeting im Rahmen des Hamburger Erfa-Treffens zu Gast war. Er prognostizierte in der „vagen Definition“ des § 44 eine Gefahr für das Taxigewerbe, denn damit seien – anders als im § 50 – keine Haltestellen mehr nötig. „Linienbedarfsverkehr kann somit auch eine Haustür-zu-Haustür-Bedienung sein“, sagte Ritter. Somit berge der § 44 durchaus Sprengstoff, wenn kommunale Linienbetreiber plötzlich das anbieten dürfen, was bisher dem Taxi vorbehalten war.
Moia hat diese Befürchtung nun wahr werden lassen. jh
Beitragsfoto: Moia darf ab 2023 als „eigenwirtschaftlicher Linienbedarfsverkehr“ auch die Busspuren benutzen. Foto: Moia