Die VW-Tochter Moia hat die Personenbeförderung in der niedersächsischen Landeshauptstadt letzten Freitag eingestellt. Stattdessen will man die Entwicklung selbstfahrender Autos vorantreiben.
Nach sieben Jahren Betrieb in Hannover hat die Unternehmensleitung am Morgen des Freitags, 18. Juli, beschlossen, das Angebot der Fahrtbuchung per App noch am selben Tag zu beenden. Ganz überraschend kommt der Rückzug laut „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) nicht. Ein Unternehmenssprecher habe das Aus mit einer strategischen Neuausrichtung begründet, die eine Konzentration auf autonom fahrende Kleinbusse in Hamburg vorsieht.
Im Sommer 2018 nahm Moia in Hannover sein Angebot auf, das drei Jahre später vom Gesetzgeber als „Gebündelter Bedarfsverkehr“ einen eigenen Status im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bekam. Für sein Mobilitätsangebot ohne Fahrplan und ohne feste Haltestellen nutzte die 100-prozentige VW-Tochter zunächst Autos mit Verbrennungsmotor, später konnten die gold-weiß lackierten Elektroshuttles über die App gebucht werden. Ein Algorithmus plante und optimierte jede Tour so, dass weitere Fahrgäste zusteigen konnten.
Nach eigener Aussage wird Moia einen solchen Betrieb nicht mehr anbieten. Stattdessen wandele sich das Unternehmen zu einem Technologie- und Systemanbieter für autonome Mobilitätslösungen, so die HAZ. „Unser Ziel ist es, öffentlichen und privaten Mobilitätsanbietern skalierbare, sichere und schlüsselfertige Gesamtlösungen für autonome Mobilitätsangebote anzubieten“, zitiert das Online-Portal den Sprecher. Vor diesem Hintergrund beantrage Moia keine neue Konzession für Hannover. Die meisten Mitarbeiter haben ein freiwilliges Abfindungsangebot angenommen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es laut Unternehmen nicht gegeben haben.
Stattdessen will Moia offenbar in Kooperation mit Konzernen wie Uber oder Waymo treten und sich auf autonom fahrende Kleinbusse konzentrieren, und das schwerpunktmäßig in Hamburg. Vor wenigen Wochen hatte VW in der Hansestadt einen aufgerüsteten ID.Buzz als Robotaxi vorgestellt. In spätestens anderthalb Jahren soll er die Zulassung für einen Einsatz auf Level 4 bekommen, also komplett ohne Fahrer, aber fernüberwacht und nur in einem definierten Betriebsgebiet unterwegs. Im Werk in Hannover-Stöcken will Volkswagen dann mehrere tausend Exemplare bauen. Diese sind zunächst nicht für Privatkunden gedacht, sondern für Verkehrsunternehmen und Fahrdienste wie Uber. In Hamburg laufen bereits Tests. Hier soll 2027 der Regelbetrieb beginnen. Nach Angaben der Stadt Hannover zielt die zukünftige Ausrichtung von Moia aber neben Fahrdiensten auch auf private Kunden.
Vielleicht wird es aber nicht nur eine Kooperation, sondern zugleich eine Konkurrenz, denn es gehe nicht nur um das Auto, sondern um eine „schlüsselfertige autonome Mobilitätsplattform“, wie Moia-Co-Geschäftsführer Sascha Meyer sagt. Moia liefere auch die Softwareplattform, um Robotaxi-Dienste anbieten zu können, und werde die Betreiber bei Aufbau und Überwachung des Systems unterstützen. Christian Senger, bei Volkswagen für die autonome Mobilität verantwortlich, spricht von einer „Gesamtlösung aus Fahrzeug und Software, die in Deutschland entwickelt wurde“.
Nachdem die Nachfrage nach Moia-Fahrten vor allem in Hamburg (wo der Betrieb 2019 begann) in den letzten Jahren nicht gestiegen, sondern leicht zurückgegangen war, hatte sich in der Firmenleitung die Neuausrichtung abgezeichnet. Laut dem Online-Portal „motormobiles.de“ entsteht mit dem Rückzug aus Hannover eine Lücke, die den lokalen Mobilitätsmarkt neu ordnet. Viele Fahrgäste hätten das unkomplizierte App-Buchungsverfahren, die transparente Preisdarstellung und natürlich die billigen Fahrpreise im Vergleich zum Taxi schätzt. Für das Hannoveraner Taxigewerbe bedeute die Nachricht zunächst eine potenzielle Entlastung im Wettbewerb: Fahrten, die bisher für Moia gebucht wurden, könnten wieder klassisch per Taxi nachgefragt werden. ar
Beitragsfoto: Moia








