Ab Sommer kann es passieren, dass Fahrgäste in die Münchner „Maria-Luiko-Straße“ wollen und das Navi auf dem Schlauch steht, wo diese denn liegen soll.
Nach fast zehnjähriger Debatte wird im Frühsommer die knapp 500 Meter lange Neuhauser „Hilblestraße“ in „Maria-Luiko-Straße“ umbenannt. Die Stadt reagiert damit auf mehrere Anträge des örtlichen Bezirksausschusses und zahlreiche Bürgerversammlungen. Straßennamen, die antisemitisch, rassistisch oder kolonialistisch belastet seien, wären in der heutigen Zeit völlig daneben. Hilble sei aufgrund seiner NS-Vergangenheit ein äußerst fragwürdiger Namenspatron. Ihm eine derartige Ehrung zuteil werden zu lassen sei, laut einberufenem Expertengremium, nicht annehmbar.
Friedrich Hilble war zwar offiziell kein NS-Parteimitglied, dennoch verweigerte der Leiter des städtischen Wohlfahrtsamtes Juden die Sozialhilfe, stufte Bedürftige als „Schmarotzer“ ein und ließ sie ins Konzentrationslager Dachau deportieren. Historiker des Münchner Stadtarchivs werfen ihm vor „repressive und stigmatisierende Maßnahmen im Sinne der NS-Machthaber“ getroffen zu haben.
Deshalb werde die Straße nun umbenannt und soll fortan an ein Opfer der Nazis erinnern. Die jüdische Künstlerin Maria Luiko lebte im Stadtteil Neuhausen. Die Nazis sprachen für die Malerin, Grafikerin und Gründerin eines Marionettentheaters zunächst ein Ausstellungs- und Arbeitsverbot aus und deportierten sie im November 1941 in ein Konzentrationslager nach Litauen, wo sie nur wenige Tage später ermordet wurde.
In ein paar Wochen werden die Straßenschilder also ausgetauscht. 1.779 dort gemeldete Privatpersonen und rund 300 Firmen müssen ihre Adresse auf „Maria-Luiko-Straße“ ändern. Das kostet die Stadt mindestens 1,73 Millionen Euro. Neben den Kosten für die Schilder und den Verwaltungsaufwand kommen auf die Kämmerei erstmals auch Entschädigungszahlungen zu. Privatpersonen bekommen je 100 Euro wegen der nötigen Behördengänge. Firmen und Soloselbstständige sollen 1.500 Euro ausbezahlt bekommen. Auch die Buchhandlung Hugendubel hat einen Sitz in der „Hilblestraße“. Hier dürfte die Entschädigung für die Stadt ziemlich ins Geld gehen – von mindestens 100.000 Euro ist laut mehreren Presseberichten die Rede.
Neben dem finanziellen und dem zeitlichen Aufwand zieht die bevorstehende Umbenennung noch ein wesentliches Problem nach sich: bei Google und Co werden die neuen Firmenadressen (vorerst) nicht zu finden sein. Einige Kunden werden ihr gewünschtes Ziel leider nicht erreichen, es sei denn, sie steigen in ein Taxi. nu