In Berlin hatten vorletztes Wochenende zwei Mietwagenfahrer, die taxiähnlichen Verkehr ausführten, selbst verschuldete nächtliche Unfälle mit Straßenbahnen. Bei einem starben zwei Menschen, der andere verlief glimpflich. Die Häufung solcher Vorfälle ist kein Zufall, sie sind vielmehr das Ergebnis eines fragwürdigen Geschäftsmodells von app-basierten Fahrtenvermittlern.
Ein Kommentar von Axel Rühle
Die beiden Kollisionen haben einige Parallelen: Im Abstand von 24 Stunden hatten zwei weiße Toyota Prius Plus, die typischen Mietwagen, deren Besitzer für Plattformen wie Uber, Free Now und Bolt arbeiten, jeweils eine Kollision mit einem Straßenbahnzug. Verschuldet wurden sie jeweils vom Mietwagenfahrer, wie aus zahlreichen Medienberichten zu schließen ist (unter anderem in der „Berliner Zeitung“ und im „Spiegel“.)
Beim ersten, ungleich schwereren der beiden Unfälle, war ein Fahrer mit drei jungen Fahrgästen unterwegs und missachtete gegen 0:30 Uhr beim Rechtsabiegen laut Zeugenaussagen das rote Lichtsignal der Abbiegeampel, wodurch es zur Kollision mit einem entgegenkommenden Straßenbahnzug kam.
Die kurze Unaufmerksamkeit hatte verheerende Folgen: Der 46-jährige Mietwagenfahrer starb noch am Unfallort, ein 25-jähriger Fahrgast erlag nach anfänglicher Reanimation später im Krankenhaus seinen Verletzungen, die anderen beiden Fahrgäste überlebten schwerverletzt.
Deutlich glimpflicher ging 24 Stunden später der Zusammenstoß im Stadtteil Moabit ab, bei dem ein 52-jähriger Mietwagenfahrer (mit Uber-Reklame) nahe Hauptbahnhof ein Verkehrszeichen missachtete, woraufhin der von rechts kommende vorfahrtberechtigte Straßenbahnzug den Pkw erfasste. Der Mietwagenfahrer wurde leicht verletzt, beide Fahrzeuge erheblich beschädigt.
Für welchen Fahrtenvermittler die Unfallfahrer zum Zeitpunkt der Kollision unterwegs waren, ist unerheblich. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass die Fahrer mit Billig-Mietwagen unterwegs waren, mit denen sie in Berlin und vielen weiteren Großstädten zu Tausenden taxiähnlichen Verkehr durchführen.
Die Werbestrategen von Uber bezeichnen ihre Fahrer als „professionell“. Es stellt sich aber die Frage, ob Fahrer, die für Uber, Free Now und Bolt unterwegs sind, tatsächlich dauerhaft so professionell agieren können, wie man es von jedem Autofahrer, von gewerblichen Fahrern vielleicht noch etwas mehr, erwarten darf. Uhrzeit und Ablauf beider Unfälle lassen auch die Option zu, dass die Fahrer ihre Aufmerksamkeitsspanne womöglich lange überschritten hatten – und zudem unter enormem Stress standen.
Viele jüngere Fahrer mögen auch zum Ausprobieren oder aus Spaß Mietwagen fahren, um vermeintlich schnelles Geld zu verdienen, doch die beiden Unfallverursacher waren zwischen Mitte 40 und Mitte 50, was eher eine prekäre Berufsausübung nahelegt und die Frage nach der Einhaltung der Lenkzeiten aufwirft.
Den Vorwurf der Umgehung bestehender Rechtsvorschriften weisen die Plattformvermittler strikt von sich. Sie erklären in diesen Fällen stets, dass sie ihre angeschlossenen Partner vertraglich zur Einhaltung sämtlicher Rechtsvorschriften verpflichten, und dass sie im Falle eines Verstoßes auch vertragsrechtliche Konsequenzen ziehen würden – bis hin zum Ausschluss von der Vermittlung.
Dies steht allerdings im Widerspruch zum Geschäftsmodell dieser app-basierten Fahrtenvermittler: Ein Mietwagenanbieter, der von Uber, Free Now und Bolt vermittelte Fahrten durchführt, macht bei Einhaltung der wichtigsten rechtlichen Vorschriften keine Gewinne und wäre in kürzester Zeit pleite. Ohne Mietwagenpartner lassen sich allerdings keine Fahrten vermitteln. Ohne Fahrtenvermittlung kann man keine Kunden bedienen und auch keine Vermittlungsprovisionen vom Mietwagenpartner kassieren. Ohne Kunden und ohne Einnahmen könnten die Plattformen wiederum die Renditeerwartungen der milliardenschweren Kapitalgeber nicht erfüllen.
Das System von Uber, Free Now, Bolt & Co. funktioniert folglich nur, wenn eine große Masse an Fahrten vermittelt wird. Das wiederum ist nur möglich, wenn möglichst viele Mietwagen auf der Straße unterwegs sind. Wenn Uber & Co. also tatsächlich wie versprochen ihre Partner aufgrund ihrer Rechtsverstöße konsequent von der Vermittlung ausschließen würden, würden sie permanent an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen.
Erschwerend kommt hinzu, dass innerhalb des Segments appbasierter Fahrtenvermittler der Konkurrenzkampf immer größer wird. Vor einigen Jahren wechselte mytaxi die Seiten und bietet im Rahmen seiner Mobilitäts-App „Free Now“ seitdem ebenfalls Mietwagenfahrten an, immer darauf bedacht, preislich attraktiver als der Wettbewerber zu sein. In Berlin und Wien mischt zudem auch Bolt mit und dreht ebenfalls an der Dumpingschraube.
Für die Wettbewerber bedeutet das nicht nur einen Wettkampf um die Kunden, sondern auch ein Tauziehen um die meist schlecht bezahlten Mietwagenfahrer, die sich bei einer „monogamen“ Partnerschaft oft nur mit Schwarzarbeit und Aufstockung beim Arbeitsamt über Wasser halten können. Wer dagegen mit den Vermittlungs-Apps mehrerer Anbieter arbeitet, hat mehr Auftragsoptionen, wenn auch weniger Pausen, und kann zudem seine Verstöße gegen die Rückkehrpflicht besser verschleiern.
Jene Mietwagenpartner fahren somit parallel, aber niemals gleichzeitig für mehrere Anbieter. Wenn ein Uber-Partner eine Fahrt von Free Now durchführt, steht er während dieser Zeit für keine Auftragsvermittlung von Uber und Bolt zur Verfügung.
Um das zu verhindern, wird gerne auch mal eingeschüchtert. Kurz nach dem Markteintritt von Bolt kamen erste Gerüchte auf, dass Uber diejenigen Fahrer sperren würde, die sich auch bei Bolt angeschlossen hatten. Beide Firmen werden sich deswegen demnächst vor Gericht treffen.
Während Uber also die Peitsche ausgepackt hat, versuchen es Bolt und Free Now mit dem Zuckerbrot: Sie haben Bonusprogramme aufgelegt, mit denen sie ihre Fahrer durch positiven Anreiz besonders eng an sich binden und vom Arbeiten für den großen Platzhirsch Uber abhalten möchten: Wer innerhalb einer Woche 150 Bolt-Aufträge ausführt, erhält eine Prämie von 300 Euro. Bei Free Now wiederum erhalten Fahrer, die zwischen Freitagabend und Sonntagabend 60 Aufträge ausführen, 440 Euro Bonus – ein Anreiz, dem ein schlecht bezahlter Fahrer sicherlich kaum widerstehen kann.
Zwischen Freitagabend und Sonntagabend ist auch der Zeitraum, in dem sich die oben erwähnten Unfälle zugetragen haben. Ist das Zufall? Man kann versuchen, sich in einen Fahrer solcher Billig-Mietwagen hineinzuversetzen: Man hat die ganze Woche oder das ganze Wochenende Tag und Nacht fleißig Aufträge ausgeführt und sich dem Bonus Fahrt für Fahrt angenähert. Um die Prämie zu erreichen, fehlen nur noch wenige Fahrten. Doch mit dem Countdown bis zur Deadline wächst auch der Druck, und der Fahrer muss überlegen, wie viel Risiko er eingeht: Wo ist es unwahrscheinlich, geblitzt zu werden, wie verkraftbar sind ein paar 30-Euro-Bußgelder wegen Geschwindigkeitsübertretungen im Vergleich zu 440 Euro Prämie? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, für einen Rotlichtverstoß belangt zu werden, mit dem man höchstwahrscheinlich niemandem etwas antut, wenn man ihn nachts in menschenleeren Straßen begeht? Womöglich ist das junge, angeheiterte Partyvolk im Auto sogar begeistert und johlt angesichts der draufgängerischen Fahrweise, die der Fahrer nicht als Gefallen für seine Fahrgäste, sondern aus purer Bonusjagd an den Tag legt. Und irgendwann einmal übersieht man doch mal eine Gefahr – im schlimmsten Fall eine tödliche.
Das verlockend günstige Mietwagenangebot hat also eine Kehrseite. Wer sich darauf einlässt, riskiert einen hohen Sicherheitsverlust. Den meisten Kunden dürfte das nicht ansatzweise bewusst sein. Braucht es wirklich erst Unfälle mit Todesfolge, damit endlich ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet? ar
Normalerweise muß der Bundesministerium Scheuer den Schuld für die beide Unfälle tragen weil. Er hat den Markt für Uber und FREE Now Frei gemacht.
Woher kommt das Geld???? die fahren billig, 10km für 6 Euro.. Wie geht das..??
Deutschland Politiker machen schwarze Geld dadurch weiße Geld
Dealer Gelder wird dadurch geputzt..
Wo ist Finanzamt..
Die Miet wagenFahrer Hartz 4,wird dazu betrogen…
Ein redseliger Ex Uberfahrer erzählte mir vor kurzem folgendes:
– Rückkehrpflicht gibt es nicht
– die Fahrer werden auf 450 € Basis
angemeldet, bekommen über ein
holländisches Konto die Differenz zum
erwirtschafteten Umsatz ausbezahlt
und kassiert in Deutschland auch noch
Transferleistungen.
– die Aufträge werden immer noch direkt
vermittelt
Ich frage mich nun. Wer lügt . Uber oder die Fahrer?
,,[…]Die kurze Unaufmerksamkeit hatte verheerende Folgen:[…]“ – unaufmerksam – nicht alleine: Es sind eher UberNowBolt-Fahrer, die zuvor kaum mit Tram-Umgebungen vertraut sind. Hinzu kommt, dass UberNowBolt-Fahrer ständig auf die führende Navigation ihrer App gucken. Wir alle kennen ja ihre plötzlichen Spurwechsel über 2 Fahrbahnen mit plötzlichem Abbiegen oder Laden.
An der Landsberger – rechts rein zur Liebenwalder – sind für geradeaus mehrere Ampel als erstes grün. Viel grünes Licht signalisiert schon aus der Ferne „freie Fahrt“ mit 60 km/h und mehr. Ist UberNowBolt-Fahrer ortsfremd, unprofessionel und reagiert plötzlich auf die Navigation, übersieht man im grünen Meer den kleinen roten Abbiegepfeil und geht mit 30 km/h auf Kolision mit einer Tram, die schon seit 200 meter von der letzten Halteselle volle Fahrt aufgenommen hat und noch über 500 meter vor sich hat.
Ist man am HBF auch ortsfremd, unprofessionel und glotz auf das Routing zum Kunden, fährt UberNowBolt-Fahrer auch auf Blechfühlung mit der Tram, die aber eher angekrochen kommt, als mit Volldampf.
…………….falls ich es richtig weiß, sind die neuen Taxler leider ohne Ortkenntnisprüfung auch SOLCHE ??
Und jene anstellenden Unternehmer machen den Scheiß mit !!!!