Am Donnerstag ist das neue BVG-Rufbusangebot in einem Gebiet im Osten Berlins angelaufen. Wie schon beim Vorgänger „Berlkönig“ wurden nagelneue Fahrzeuge in Betrieb genommen, während die bestehende Taxiflotte verhungert.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind erneut eine Kooperation mit der US-amerikanischen Firma ViaVan eingegangen, einer Tochter des amerikanisch-israelischen Unternehmens Via Transportation, Inc. das weltweit auf On-Demand-Ridepooloing spezialisiert ist, und Mercedes Benz Vans. ViaVan hatte in Berlin bereits den 2018 eingeführten, umstrittenen Rufbus „Berlkönig“ betrieben, mit dem die BVG ebenfalls für heftige Kritik im Taxigewerbe gesorgt hatte, steht das gewinnorientierte Geschäftsmodell von ViaVan doch im direkten Widerspruch zum Gedanken der Daseinsvorsorge, für die das Taxigewerbe steht – und die BVG eigentlich stehen sollte. Die Ausschreibung des jetzt gestarteten Projekts hatte bereits in der letzten Legislaturperiode unter der damaligen Verkehrssenatorin Regine Günther stattgefunden.
Mit dem Angebot „Muva“ will die BVG die Erschließung eines 62 Quadratkilometer großen Gebietes in Rummelsburg, Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Oberschöneweide verbessern, in dem ein vergleichsweise schlechtes Angebot an Linienverkehr besteht. „Das Gebiet ist noch nicht so gut angebunden, wie wir uns das wünschen“, zitiert die „Berliner Morgenpost“ Verkehrsstaatssekretärin Meike Niedbal. „Insgesamt sollen sich über das Gebiet rund 4000 Haltepunkte verteilen, wozu neben Bahnstationen und Bushaltestellen auch virtuelle Punkte an Kreuzungen zählen. Als wichtige Umsteigebahnhöfe gehören auch die Stationen Frankfurter Allee und Ostkreuz in Friedrichshain-Kreuzberg zum Bediengebiet, um die Anbindung dorthin zu verbessern“, so die Morgenpost. Die Kleinbusse sollen vor allem ein Angebot für die erste und letzte Meile darstellen, gerade für Menschen, die nicht so leicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad einen weiteren Weg zum Bahnhof zurücklegen können.
Das Rufbusprojekt, für das laut BVG jetzt zehn barrierefreie Kleinbusse rund um die Uhr unterwegs sind, ist gekoppelt an ein weiteres Angebot, das aus Sicht der Kundschaft ebenso eine deutliche Verbesserung des bisherigen Angebots darstellt: Zehn weitere Kleinbusse sollen entlang der U-Bahn-Linie U8, an Teilen der U5 sowie zwischen den S-Bahnhöfen Attilastraße und Marienfelde bei defekten Aufzügen einspringen und Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen, Senioren, Personen mit Kinderwagen oder Kleinkindern sowie Personen mit Gepäck zum nächsten barrierefreien Bahnhof bringen. Das wollen Senat und BVG langfristig auf das gesamte Stadtgebiet ausweiten.
Nach Angaben der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) sieht der Verkehrsvertrag für den „Aufzugersatz“ 10,2 Millionen Euro vor, da dessen Nutzer nichts extra bezahlen müssen. Für das Rufbus-Angebot im Osten der Stadt gibt das Land Berlin gemäß Vertrag mit der BVG nur drei Millionen Euro aus. Der Rest kommt von den Nutzern, die für eine Fahrt zum Bahnhof 1,50 Euro für die erste und 50 Cent für jede weitere Person bezahlen. Die gleichen Beträge gelten als Kilometerpreise bei Direktfahrten, die nicht zu einer Linienverkehrs-Haltestelle führen. Neu ist die Auswahl bei den Zahlungsarten: PayPal, Kreditkarte, Lastschrift und Gutscheinkarte sind im Angebot. Der Vertrag läuft bis Ende 2025.
Die BVG erwartet durch die gewonnenen Daten über die Nutzung Erkenntnisse über Nutzungsverhalten und Bedarfe der Fahrgäste. „Wenn es gut angenommen wird, wollen wir das Angebot von On Demand und Ridepooling auch ausweiten“, sagte BVG-Chefin Kreienkamp der Morgenpost.
Auch die Opposition im Abgeordnetenhaus lobte die neuen Angebote, während der Fahrgastverband Igeb von einer falschen Prioritätensetzung sprach und meinte, die BVG solle zunächst von derzeit wegen Personalmangels gekürzten Fahrplan zum Regelfahrplan zurückkehren und ihre Kernaufgaben erfüllen.
Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Bündnis 90/Grüne) hob hervor, mit dem Rufbus als Aufzugersatz sei Berlin bundesweit Vorreiter. Dass ein solches Projekt unter Auslassung des Taxigewerbes den im rot-grün-roten Berliner Koalitionsvertrag vereinbarten Nachhaltigkeitszielen klar widerspricht, werden die Verbände noch mit Nachdruck beklagen müssen. ar
Beitragsfoto: Anikka Bauer / BVG
Dieser Bus wurde auch in Neuköln gesichtet
Und ich hab ihn am Bahnhof Marienfelde gesichtet.
Kann man mit dem Bus zum Flughafen fahren?