Im August ist eine Ergänzung zum Nachweisgesetz für Arbeitsverhältnisse in Kraft getreten. In einem Webinar hat der BVTM über die daraus folgenden neuen Verpflichtungen für Arbeitgeber auch von Minijobs informiert.
Referent war Guido Borning, Geschäftsführer des Verbandes Verkehrsgewerbe Rheinland e. V. (VDV) und des Verbandes Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz e. V. (MOLO).
Schon seit 1995 sind Arbeitgeber laut Nachweisgesetz (NachweisG) verpflichtet, ihren Arbeitnehmern – unabhängig von den üblichen bilateralen Arbeitsverträgen – zumindest einseitig einen schriftlichen Nachweis über deren Arbeitsbedingen auszuhändigen. Auch, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert, soll der Arbeitnehmer so zumindest über einen Nachweis zu den Eckdaten seines Arbeitsverhältnisses verfügen.
Viele Arbeitgeber sind dieser Verpflichtung bereits in der Vergangenheit im Rahmen der üblichen bilateralen Arbeitsverträge nachgekommen. Dieses Gesetz wurde jetzt auf Initiative der EU konkretisiert und seine Nichtbeachtung mit möglichen Bußgeldern belegt. Auch, um das Risiko solcher Strafzahlungen zu vermeiden, sollten alle Arbeitgeber jetzt prüfen, ob Ihre Arbeitsverträge auch den Ansprüchen des neuen Gesetzes genügen.
Der Arbeitgeber muss zukünftig sicherstellen, dass seinem Mitarbeiter folgende Fakten schriftlich zur Verfügung stehen:
- Name und Anschrift von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Arbeitsort, ggf. falls vereinbart die freie Wahl des Arbeitsorts durch Arbeitnehmer
- Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie bei Befristung Dauer und Enddatum des Arbeitsverhältnisses sowie, falls vereinbart, die Dauer der Probezeit
- Tätigkeitsbeschreibung
- Zusammensetzung und Höhe des Entgelts einschl. Zuschlägen, Zulagen usw. sowie ggf. Hinweis auf anzuwendende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen
- Einzelne Bestandteile des Arbeitsentgeltes sind dabei getrennt aufzuführen
- Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und ggf. bei Schichtarbeit Angaben zu System, Rhythmus und Änderungsmöglichkeiten sowie ggf. genaue Angaben zur Ausgestaltung bei Abrufbarkeit
- Sofern vereinbart die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen und Vergütung für alle Entgeltbestandteile, deren Fälligkeit und Art der Auszahlung
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- Kündigungsfristen sowie das bei Kündigung einzuhaltende Verfahren, insbesondere das Schriftformerfordernis sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- soweit benannt der Versorgungsträger für die betriebliche Altersvorsorge BAV
Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. 8.2022 begonnen wurden, bedarf es jedoch nach wie vor nur dann dieser Nachweise, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich darum bittet. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber einen Monat Zeit, der Bitte nachzukommen.
Ansonsten liegt für bestehende Arbeitsverhältnisse aktuell zunächst kein zwingender Handlungsbedarf vor. Für alle Arbeitsverhältnisse, die nach dieser Frist beginnen, ist jedoch jeder Arbeitgeber zum Nachweis verpflichtet, dass er seine neuen Arbeitnehmer, egal ob festangestellt oder mit Minijob, über die aufgelisteten Fakten informiert hat. Natürlich ist es dabei möglich, den Nachweispflichten auch getrennt von einem Arbeitsvertrag nachzukommen. Es bietet sich aber an, diese in den Abschluss eines bilateralen Arbeitsvertrags zu integrieren. Überall dort, wo bisher nur mündliche Arbeitsverträge existieren, ist allerdings zumindest die Beachtung der Nachweispflichten gemäß NachweisG wohl künftig verpflichtend.
Problematisch scheint, dass nunmehr jede einzelne Vereinbarung zum Dienstverhältnis gegenüber jedem einzelnen Arbeitnehmer verschriftlicht werden muss. Im Zusammenhang mit dieser Nachweispflicht auf alle Details eines Dienstverhältnisses können Arbeitgeber jedoch durchaus sogenannte dynamische Verweise nutzen, also mit einer Formulierung wie „näheres regelt die Dienstanweisung XY“ die explizite Ausführung aller Detailvereinbarungen im Arbeitsvertrag vermeiden. Trotzdem wird man als Arbeitgeber immer dann, wenn sich Arbeitsbedingungen im Lauf der Zeit ändern, nicht immer um Ergänzungen zum Arbeitsvertrag herum kommen.
Neu ist auch, dass für Arbeitsverhältnisse, bei denen die Vorgaben des neuen NachweisG nicht erfüllt werden, zukünftig ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Arbeitsverhältnis verhängt werden kann. Die Vollstreckung wird nach Einschätzung von Guido Borning den Gewerbeaufsichtsämtern obliegen, allerdings ist es noch nicht ausgeschlossen, dass auch die Rentenversicherer sich hier mit zur Kontrolle aufgefordert fühlen.
Im Ergebnis klingen die neuen Anforderungen grundsätzlich durchaus machbar, und niemand wird dafür unbedingt die Dienste eines eigenen Anwalts in Anspruch nehmen müssen, auch wenn dies zunächst medial so verbreitet wurde. Allerdings könnte die Tücke auch hier möglicherweise im Detail liegen. Denn die gerade detaillierte Ausformulierung aller gegenseitigen arbeitszeitlichen und entgeltlichen Vereinbarungen und Verpflichtungen ist nicht immer einfach, insbesondere dann, wenn Fakten dynamischen Änderungen unterliegen. Auch in der Vergangenheit haben findige Anwälte schon Gerichte bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen darauf verwiesen, welche nachweispflichtigen Vereinbarungen nicht beachtet wurden, und dies wird in Zukunft sicherlich häufiger vorkommen. Zwar verstoßen Arbeitgeber insbesondere bei älteren Arbeitsverhältnissen nicht unbedingt gegen das Nachweisgesetz, und gerade Arbeitsgerichte haben dies auch nicht zu prüfen, allerdings müssen Arbeitgeber sich so zumindest Abzüge in der B-Note gefallen lassen, was in arbeitsrechtlichen Verfahren durchaus entscheidend sein kann. Es bestehen also durchaus auch arbeitsrechtliche Risiken.
Insofern sollten Arbeitgeber gerade bei der Verschriftlichung solcher Details oder auch bei Hinweisen auf mögliche Dienstanweisungen sehr genau überlegen, wie sie diesbezüglich auch ihren Nachweispflichten nachkommen wollen, bei komplexeren Sachverhalten möglicherweise auch mit schriftlichen Ergänzungen zum Arbeitsvertrag. Der simple Verweis auf das Bestehen ergänzender veränderlicher Betriebsvereinbarungen könnte sich im arbeitsrechtlichen Einzelfall sonst zum Pferdefuß entwickeln, obwohl die Arbeitnehmer an sich gar nicht die Adressaten des neuen Gesetzes sind und daher auch nicht direkt über neue Rechte verfügen.
Borning verwies in seinem Vortrag im Übrigen darauf, dass die BVTM-organisierten Verbände in Kürze neue Musterarbeitsversträge veröffentlichen würden, die sämtlichen Ansprüchen des neuen NachweisG genügen würden. Zusätzlich stellte er schon jetzt seinen Vortrag als pdf zur Verfügung. rw
Beitragsbild: Screenshot BVTM
Den ersten April haben wir noch nicht oder?
Schon sehr lustig zu lesen, zu welche „Fakten“ die Arbeitgeber nun fixieren müssen.
Wie ist die Regelung zur Vergütung Sonn- und Feiertagszuschläge für Taxifaher?
Ist im Arbeitsvertrag eine Kann-Bestimmung dafür zulässig?
Eine Kann-Bestimmung führt unweigerlich zu Missverständnissen und ein Arbeitnehmer gerät oft ins Hintertreffen, da der Arbeitgeber in der stärkeren Position ist.
Im konkreten Fall wird ein Mindestumsatz pro Fahrstunde verlangt. Dieser wurde erbracht und übersteigt diesen. Dennoch verweigert der Unternehmer die Zuschläge zu zahlen.
Wir bitten um Verständnis, dass wir an dieser Stelle keine juristische Einzelfallberatung vornehmen können.