Rund 15 Monate nach einer bereits vielversprechenden Erstauflage des „Think-Tank“ hat der Taxi und Mietwagenverband (TMV) zu einer Folgeveranstaltung nach Bamberg eingeladen. Gekommen waren knapp 80 Teilnehmer und für sie sollte sich der Weg nach Bamberg lohnen.
Inmitten der malerischen Altstadt Bambergs mit ihrer leuchtenden Vergangenheit ging es im Innenraum des Veranstaltungsorts „Aufseesianum“ um die Zukunft, plastisch mit „Taxi 4.0“ betitelt. Organisiert vom Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer (LV Bayern) und dem Dachverband TMV war denn auch ein großer Teil der Teilnehmer aus dessen Mitgliedsorganisationen. Die Spitzen der beiden NRW-Verbände FPN und VSPV waren ebenso vor Ort wie die Funktionsträger des GVN und der Berliner Taxiinnung. Der LV Bayern war samt Präsidium und Beiräten anwesend. Den TMV vertraten der Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt als Moderator und der Präsident Thomas Kroker.
Lebendig wurde die Veranstaltung aber auch durch die Teilnahme zahlreicher Taxiunternehmer, vom Allgäu über Amberg bis nach Berlin. Sie alle durften sich über die Wertschätzung freuen, die ihnen auch von politischer Seite entgegengebracht wurde. Gleich zu Beginn – nach einer Gedenkminute und Würdigung für den verstorbenen Ex-Präsidenten Michael Müller – sendete der Bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter ein Grußwort per Videobotschaft. Er lobte den Taxi- und Mietwagenverkehr als bewährtes Verkehrsmittel, das flexible, zuverlässige und bedarfsgerechte Mobilität biete. Das erfolgreiche ÖPNV-Taxi im Landkreis Freyung-Grafenau sei ein Beispiel, dass diese Branche zukunftsweisende Projekte umsetzt.
Am Nachmittag trat dann ein weiterer Minister auf den Plan: Hubert Aiwanger ist Bayerns Wirtschaftsminister und er ließ sich live aus seinem Auto heraus zwischen zwei Geschäftsterminen zuschalten. In einem kurzen Impulsvortrag hob er den Wert der Taxibranche als Arbeitsplatzgarant hervor und betonte das „Funktionieren des Taxis“ während Corona trotz vieler teils oft wechselnder rechtlicher Vorgaben. Danach nahm er sich noch gut 15 Minuten Zeit, um Fragen der Teilnehmer zu beantworten. Hinsichtlich der Rückzahlung unberechtigt erhaltener Coronahilfen konnte er beispielsweise einem Nürnberger Unternehmer versichern, dass niemand davon vom Staat in die Insolvenz getrieben wird. Die Optionen einer Stundung oder sogar einer Niederschlagung sei jederzeit möglich. Geprüft werden müsse das aber jeweils im Einzelfall.

Bernreiter mit einem aufgezeichneten Grußwort und Aiwanger per Live-Videokonferenz waren zwei politische Schwergewichte, die dem Think Tank die Ehre erwiesen, souverän moderiert von Patrick Meinhardt, dem Hauptgeschäftsführer des TMV. Ein dritter Politiker war sogar live dabei: Tino Schopf, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, zog die Teilnehmer mit seiner gut einstündigen Schilderung über den Berliner Mietwagensumpf in seinen Bann. Er berichtete, wie er es als verkehrspolitischer Sprecher seiner Berliner SPD zu seiner Herzensangelegenheit gemacht hat, den Sumpf trockenzulegen. Wie er immer wieder Akteneinsicht bei der Aufsichtsbehörde (LABO) genommen hat und dadurch feststellen konnte, wie mangelhaft dort zu Werke gegangen worden war. Wie er diese Missstände dann in öffentliche Sitzungen getragen hat und schließlich die Behördendirektorin dazu gebracht hat, dass ihre Behörde endlich genauer hinschaut. Unterstützung habe Schopf dabei sowohl von der Taxibranche bekommen als auch von den Berliner Medien, die immer wieder über die Missstände berichtet haben.

Das Ergebnis ist bekannt: Die Zahl der Mietwagen ist in Berlin stark zurückgegangen, die völlig illegalen Mietwagen sind verschwunden. Jetzt gelte es, der Flucht in die Umlandgemeinden ebenso einen Riegel vorzuschieben wie dem Bestreben vieler Mietwagenunternehmen, mit tausenden von Anträgen für Taxikonzessionen den Taximarkt von innen auszuhöhlen.

Vielleicht wäre aber auch alles viel einfacher, wenn es im deutschen Personenbeförderungsgesetz gar keine Unterscheidung mehr zwischen Taxis und Mietwagen geben würde. Diese Überlegungen wurden auch beim Bamberger Think-Tank thematisiert und von einem Experten bewertet, der sich damit auskennt: Der österreichische Taxifunktionär Christian Holzhauser kommt aus jenem Land, in dem 2021 die Taxis und Mietwagen zu einem Gewerbe zusammengefügt wurden. Bis dahin habe man ganz ähnliche Probleme gehabt wie in Deutschland: Mietwagen von Uber hätten mit Preisdumping und Gesetzesverstößen die mobile Daseinsvorsorge sowohl des Taxis als auch des ÖPNV in deren Wirtschaftlichkeit gefährdet. Trotz zahlreicher vor Gericht gewonnener Verfahren sei die Situation nicht besser geworden. Da es gleichzeitig aber schon bestehende Urteile gegeben habe, die eine Unterscheidung zwischen Taxis und Mietwagen faktisch sowieso schon aufgeweicht hatten, sei der der Schritt zu einem Einheitsgewerbe schon gar nicht mehr so groß gewesen.
Auch wenn noch nicht alles perfekt läuft und man an manchen Stellschrauben noch nachjustieren müsse, zog Holzhauser ein sehr positives Fazit: „Wir sind jetzt in Wien auf einer Preisebene mit Uber und Bolt. Unsere Taxizentralen sind damit konkurrenzfähig.“ Auf die Frage aus dem Teilnehmerkreis, ob denn ein Einheitsgewerbe auch für Deutschland praktikabel sei, antwortete Holzhauser, dass man es unbedingt probieren solle.
Bis solch ein umfassendes Vorhaben auch nur ansatzweise in die Umsetzung gelangt, müssen alle Beteiligten erst einmal noch mit dem bestehenden Gesetzeskonstrukt des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) auskommen. Welchen Nachbesserungsbedarf es hier trotz einer Novelle aus dem Jahr 2021 noch gibt, hat der Rechtsanwalt Thomas Grätz erörtert. Er hat dabei vor allem klargemacht, dass die für 2026 gesetzlich vorgesehene Evaluierung der Novelle nur dann zu Nachbesserungen führt, wenn sich die Taxiverbände bereits jetzt mit konkreten Verbesserungenvorschlägen an die Politik wenden.
Ansätze zur Verbesserung sieht Grätz unter anderem bei den aktuellen Definitionen der neu eingeführten Linien- und Bedarfsverkehre, bei den Ausnahmegenehmigungen für Wegstreckenzähler oder auch bei einem Verbot der so genannten „Schubladengenehmigungen“.
Doch nicht nur beim PBefG bedarf es punktueller Nachbesserungen, auch manche Paragraphen aus der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) sind aus der Zeit gefallene Kostentreiber. Christian Linz, Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer und Organisator des Think-Tank, hatte dazu in seinem Vortrag das Beispiel der Taxi-Alarmanlage herausgegriffen. Die konträr geführte Diskussion unter den Teilnehmern zu diesem Punkt machte dann aber vor allen Dingen deutlich: Neuregelungen im Sinne der gesamten Taxibranche – sei es nun der große Wurf in Form einer Zusammenlegung von Taxi- und Mietwagenverkehren bis hin zu Nebenplätzen wie die Abschaffung einer Taxi-Alarmanlage – sind politisch schwer umzusetzen, solange in der kleinteilig strukturierten Taxibranche zu jeder Sache immer allen Pro´s mindestens ebenso viele Contras gegenübergestellt werden – mit dem Ergebnis, dass man zu allem dann gar kein Ergebnis hat, weil man ja alle mitnehmen will.
Was aber nicht bedeuten darf, dass man bestimmte Themen nicht ausdiskutieren soll – erst Recht bei einer Taxiveranstaltung, bei der es um die Zukunft gehen soll. Diesem Ansatz widmete man sich dann auch voll und ganz am zweiten Tag, als die rund 80 Teilnehmer in drei Themengruppen aufgeteilt wurden. Während die einen unter der Moderation des Rechtsanwalts Dr. Lars Maritzen über standardisierte Abmahnverfahren gegenüber den Mietwagen diskutierten, wurden die anderen vom Steuerexperten Edo Diekmann zum Thema TSE auf den neuesten Stand gebracht, wobei hier vor allen Dingen die Frage geklärt wurde, wann (und wie leicht) das Finanzamt auf diejenigen Betriebe aufmerksam wird, die zum 1. Januar noch keine TSE in ihren Taxis eingebaut haben.

Den klaren Blick von außen bekamen die Teilnehmer am dritten Workshop geliefert. Zur Frage „was machen wir falsch und Uber richtig“ gab ein externer Marketingspezialist seine Sicht preis.
Kurze Zeitslots bekamen auch drei der vier Industriesponsoren des Events (Free Now hatte auf einen Vortrag zugunsten von mehr Diskussionszeit verzichtet). Nadja Gregorec vom Unternehmen Fast Travel hat ein Konzept vorgestellt, mit dem ankommende Fluggäste noch im Terminal ein Taxi bestellen können und so das Lotteriespiel umgehen, ob das vor dem Flughafen wartende Taxi zufällig ein ehrlicher Dienstleister oder ein betrügerischer Servicebanause ist.
Oliver Guth von der Dittmeier Versicherungsmakler GmbH berichtete von der Spezialisierung seines Unternehmens auf Flotten innerhalb der Personenbeförderung, wodurch man bessere Konditionen bei den Gesellschaften herausholen könnte. Seine Agentur berät zudem intensiv zum Einsatz von Dashcams.
Die dritte Sponsorpräsentation lieferten dann Baris Simsek, Gobie Nanthakumar und ihr Kollege ab. Ihr Unternehmen Taxifusion hat eine TSE-konforme Software entwickelt, die den Datenfluss zwischen Fahrzeug, Fahrer und Zentrale automatisiert und mit den drei gängigen Taxametermarken Hale, Digitax und Semitron kompatibel ist.
Es war bemerkenswert, mit welch Optimismus sich Baris Simsek und seine beiden Mitstreiter für ein Taxiprodukt engagieren. Wer sich in solch jungen Jahren auf die Taxibranche einlässt, glaubt an die Zukunft dieser Branche. Dieser Glaube war auch bei den rund 80 Teilnehmern zu spüren. Sie konnten an den beiden Tagen viel mitnehmen für ihren Taxibetrieb bzw. ihre Funktionärsarbeit. In der Bewertung hat der Bamberger Think-Tank daher die Note eins verdient. Eine Fortführung ist für den Juli 2026 geplant. jh

Beitragsfoto: Taxi Times








