Die illegalen Methoden von Partnern der Fahrdienstvermittler sorgen weiterhin für Aufsehen. Die Behörde geht von mehr als 1.000 ohne Genehmigung fahrende Mietwagen aus. Die Verbraucherzentrale warnt vor Gefahren für die Fahrgäste und der Verkehrspolitische Sprecher der SPD macht jetzt massiv Druck.
In Deutschland vermitteln Plattformen wie zum Beispiel Uber, Bolt und Free Now die Fahraufträge nicht direkt an einzelne Fahrer, sondern an so genannte Mietwagen-Unternehmen. Ihnen gehören die Autos und bei ihnen sind die Fahrer angestellt. Sie melden sich bei den Plattformen an, benötigen vorher jedoch eine Genehmigungsurkunde der jeweiligen Kommune. In Berlin ist das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) für die Genehmigung und für die laufenden Kontrollen zuständig.
Nach Recherchen des Regionalsenders Berlin Brandenburg (rbb) seien bei Testfahrten, die per App bestellt worden wären, Unstimmigkeiten mit der Genehmigung des Fahrzeugs aufgetreten. Die erwischten Fahrer stellen sich dumm, indem sie behaupten, von Konzessionen nichts zu wissen, man wäre ja lediglich für ein Subunternehmen tätig. Der rbb konstatiert, dass das Einsteigen in Fahrzeugen von Partnern von Uber-, Bolt- und Free Now bei mindestens jedem fünften von 4.498 Mietwagen (Stand Januar 2024) ein enormes Risiko mit sich bringt, in einen nicht genehmigten Mietwagen zu geraten. Das LABO bestätige dem rbb diese Vermutung, während die Branchenkenner sogar mit einer noch höheren Dunkelziffer rechnen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, Tino Schopf, geht von mindestens 2.000 Fahrzeugen aus, die in Berlin ohne Konzession der gewerblichen Personenbeförderung nachgehen. Im rbb Info-Radio hat Schopf den Personalmangel beim LABO dafür verantwortlich gemacht, dass zu wenig Kontrollen der Mietwagen stattgefunden haben. Der Abgeordnete wird im rbb wie folgt zitiert: „Hätte die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde LABO von Anfang an vernünftig gearbeitet, dann hätten wir diese mafiösen Strukturen nicht.”
Auch Alexander Mönch, Präsident der Plattform Free Now in Deutschland und Österreich, hält laut Bericht diese Schätzung nicht für abwegig: „Ich kann selbst nicht ausschließen“, so Mönch im rbb-Interview, „dass illegale Fahrzeuge über unsere Plattform vermittelt werden.“
rbb|24-Recherche hat Firmen ausfindig gemacht, die gar nicht existieren und in Berlin dennoch über Apps wie Uber, Bolt und Free Now vermittelt würden. Darunter sind Firmen zu finden, die im Handelsregister längst gelöscht sind, aber dennoch Fahrten von den Vermittlern annehmen. Bei Besuchen an den angeblichen Firmensitzen hätte man niemanden antreffen können. Anfragen seien unbeantwortet geblieben.
Die Fahrt mit Mietwagen ohne Konzession birgt viele Gefahren für die Fahrgäste, warnt Simon Götze von der Verbraucherzentrale. Passagiere könnten beispielsweise nicht sicher sein, ob der Fahrer die Tauglichkeitsprüfung der Industrie- und Handelskammer (IHK) absolviert hat, ob das Unternehmen überhaupt juristisch existiere und ob das Fahrzeug versichert sei. „Denn wenn es gewerblich genutzt wird, muss eine gewerbliche Versicherung abgeschlossen werden“, so Götze gegenüber dem rbb. Wenn die dahinterstehende Firma nicht existiere, sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese Versicherungsbeiträge nicht bezahlt wurden – mit gravierenden Folgen für die Fahrgäste: „Dann besteht auch kein Versicherungsschutz für das Fahrzeug und dann auch für die Insassen nicht.”
Der zuständige Referatsleiter im Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Günter Schwarz geht von organisierter Kriminalität aus, denn sogar die Genehmigungsnummer, die unten rechts an der Heckscheibe sichtbar befestigt werden müssen, würden gefälscht. So können die Fahrgäste unmöglich erkennen, dass das Fahrzeug gar kein Mietwagen ist.
Bisher habe man es nicht geschafft, die illegal agierenden Firmen herauszufiltern. Ein Datenabgleich mit der Behörde und den Fahrtenvermittlern sei angeblich aus Datenschutzbedenken und einer fehlenden gesetzlichen Handhabe nicht zustande gekommen.
Inzwischen sollen Bolt und Free Now bereit sein, Daten auszutauschen, und Uber spricht auf Abfrage des rbb von einem „engen Austausch mit dem LABO“.
Die Branche sei innerhalb kurzer Zeit sauber, wenn es einen Stichtag gäbe, an dem alle Vermittler die Daten der bereits im Einsatz befindlichen Unternehmer abgleichen müssten, so Mönch von Free Now.
Günter Schwarz vom LABO bestätige die Bemühungen einzelner Plattformen, man müsse allerdings mit allen Plattformbetreibern eine gemeinsame Lösung finden. „Das machen wir jetzt seit zwei Jahren und tasten uns Schritt für Schritt voran“. Schwarz stellt laut dem Bericht eine Lösung im Laufe des Jahres in Aussicht.
Er räumt gegenüber dem rbb selbstkritisch ein, man sei „im Laufe der Zeit zu der Erkenntnis gekommen, dass man tiefer prüfen kann und auch muss.” Denn die eingereichten Unterlagen sollen nicht immer gestimmt haben, es seien auch Fälschungen dabei gewesen. Mittlerweile habe man ein eigenes Sachgebiet für das Mietwagengeschäft mit sieben Mitarbeitenden eingerichtet. Eine direkte Prüfung bei den Plattformen sei allerdings auch weiterhin gesetzlich nicht möglich, wenn diese die Kooperation verweigerten, so Schwarz. hs
Anmerkung der Redaktion: Auch wenn nun endlich Bewegung in die Sache kommt: Das LABO kann gegen diese Mietwagenbetreiber nur kleine Nadelstiche setzen. Die Missstände sind schon lange bekannt, die Zahlen sind immer noch die Gleichen wie im Sommer 2023, als das ARD-Magazin Kontraste erstmals über die organisierte Kriminalität berichtete. Doch anstatt dass man in Berlin endlich rechtliche Mittel findet, um vor allen Dingen Uber als wahren Schuldigen aus dem Verkehr zu ziehen, darf dieses Unternehmen stattdessen sogar als Sponsor der Berlinale sowie der Fashion Week auftreten und wird Namensgeber einer großen Veranstaltungshalle. All das wird finanziert von den Fahrtprovisionen, die man für jede vermittelte Fahrt kassiert – auch an die illegalen Mietwagen. Kein Wunder, dass Uber und sein General-Statthalter Thomas Mohnke gar kein Interesse daran haben, diese bandenmäßige Kriminalität zu unterbinden.
Beitragsfoto: Schon bei einer Sendung des ARD-Magazins „Kontraste“ im August 2023 wurde die organsierte Krimininalität aufgedeckt. Trotzdem fahren die Fahrzeuge immer noch.
Es wird sich nichts ändern so lange die Taxifahrer nicht Demonstrieren, wo kein Kläger da kein Richter geht weiter schlafen…
Was heißt denn ,,endlich rechtliche Mittel finden,,?? Wird denn in Hamburg illegal gearbeitet, von den Behörden??
Wenn wirklich, ehrliches Interesse bestehen würde, an der Situation was zu ändern, hätten sie (Labo) doch schon etwas machen können.
Es ist nur noch traurig, was hier passiert.
Naja, mal ganz im ernst, wenn die mit den Behörden zusammenarbeiten würden, dann würden die sich ja ins eigene Bein schießen. Das kann man vergessen. Für mich ist das nichts anderes als Beihilfe zur Steuerhinterziehung, dass sie die Herausgabe von Daten verweigern oder zumindest erschweren.Diese so genannten Nadelstiche bringen überhaupt nichts hat nur Alibifunktion.Uber und Co.haben leider gewonnen. immerhin haben sie jetzt die Anzahl der Mitarbeiter zur Kontrolle von Mietwagen auf sieben Mitarbeiter erhöht. Das lässt zumindest hoffen, dass sich irgendwann wirklich etwas ändert. Aber bis dahin sind die Taxiunternehmer Insolvenz oder auch nicht.
Einen großen Dank an UBER dafür. Großartige Leistung!
Traurig diese Regierung lässt uns Taxifahrer im Stich dann müssen wir die Regierung auch im Stich lassen indem wir keine Steuern bezahlen
kriminelle Machenschaften und der korrupte Staat schaut zu. Nicht zu fassen. Wenn ein Taxler eine Kleinigkeit falsch macht, wird ihm die Konzession entzogen und dieses Pack macht, was es will.
Deswegen fordere ich die Abschaltung der Uber/Bolt App. Sofort.
In München ist die Situation ähnlich. Jede Menge Fahrzeuge ohne oder mit auswärtigen Ordnungsnummern. Dank an die Politik. Ihr seid wirklich die Besten.
„ob der Fahrer die Tauglichkeitsprüfung der Industrie- und Handelskammer (IHK) absolviert hat“ – habe ich da was verpasst? Oder ist auch die Recherche von rbb/24 nicht so ganz sauber … Im Moment agieren die Fahrer doch mit dem „geschenkten“ P-Schein sowieso im rechtsfreien Raum, weil bei der Gesetzgebung unsauber gearbeitet wurde …