Der BVTM hatte vergangene Woche drei Bundestagsabgeordnete eingeladen, um über Themen des Taxigewerbes zu diskutieren. Bei den Ausführungen des SPD-Politikers Stefan Zierke hätten die Zuhörer gerne ein Mitspracherecht gehabt.
Es ist ein gängiges Mittel, um den Dialog zwischen Politik und Verbänden öffentlich zu machen: Man organisiert einen Parlamentarischen Abend und lädt dazu die Politiker und die Verbandsdelegierten ein. Diesmal hatte der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) das „DRIVE. Volkswagen Group Forum“, eine futuristische Location mit einigen ausgestellten Fahrzeug-Ikonen ausgewählt.
Im offiziellen Teil gab es Impulsvorträge von BVTM-Präsident Herwig Kollar und ergänzend aus einer weiteren Perspektive: Thomas Kiel d’Aragon vom Deutschen Städtetag berichtete über die Folgen der PBefG-Novelle aus Sicht der Kommunen und deren Behörden.
Zum dritten Programmpunkt waren drei Verkehrspolitiker aus dem Deutschen Bundestag zu einer Podiumsdiskussion eingeladen worden, die von BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann moderiert wurde und die aufgrund des klar definierten Zeitfensters ohne Wortmeldungen aus dem Publikum ablief.
Einer von ihnen war der im Taxigewerbe bestens bekannte Michael Donth (CDU), dessen Vita bei Taxi Times bereits thematisiert wurde. Von der SPD war Stefan Zierke aus dem brandenburgischen Wahlkreis Uckermark Barnim I dabei. Als einzige Oppositionsvertreterin saß Victoria Broßart (Bündnis 90/Die Grünen) auf dem Podium. Ihr Wahlkreis besteht aus der bayerischen Stadt Rosenheim und dem gleichnamigen Landkreis. Alle drei sitzen im aktuellen Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages.
Diese drei Bundestagspolitiker sollten nun also über die aktuelle Situation diskutieren – flankiert von BVTM-Präsident Herwig Kollar und Geschäftsführer Michael Oppermann.

„Wie blicken Sie aus der Perspektive eines ländlich geprägten, großstadtfernen Landkreises auf die Situation mit den Mietwagen?“, wollte Oppermann von Stefan Zierke wissen. Was den Markt betreffe, so halte er es zwar für beruhigend, wenn ohne viele Regelungen alles zur Zufriedenheit der Beteiligten funktioniere, doch sei dies in seinem Wahlkreis, der im Übrigen von der Berliner Stadtgrenze bis an die polnische Grenze reiche, nicht der Fall, stellte der Abgeordnete klar. Weder die Taxibranche noch die Mietwagenbranche seien zufrieden. Das größte Problem aus seiner Sicht bestehe allerdings darin, dass trotz bewilligter Gelder aus dem Landkreis die Verfügbarkeit von Taxis viel zu gering sei. Dass er daraus einen Pauschalvorwurf ableitete, Taxis würden ihrer Beförderungspflicht nicht nachkommen, verbesserte die Stimmung unter den Zuhörern nicht.
Für eintreffende Bahnfahrgäste in der Kreisstadt Prenzlau mit knapp 20.000 Einwohnern sei es in der Regel nicht möglich, am Bahnhof oder anderswo ein Taxi zu bekommen, so Zierke. Das sorge vor Ort für enorme Unzufriedenheit. Einen Grund dafür sieht er darin, dass kurze Spontanfahrten meist weniger lukrativ seien als etwa Krankenfahrten. Da diese Probleme allerdings hauptsächlich auf Landkreisebene zu beheben seien, sei der Bund nicht die richtige Adresse, um bei solchen Problemen mit dem Finger auf ihn zu zeigen.

Hätten an dieser Stelle die zahlreich anwesenden Zuhörer aus dem Taxi mitreden dürfen, dann hätte sich hier sicherlich Frau Spitzlei in ihrer Funktion als Vorsitzendes des BVTM-Ausschusses Krankenfahrten zu Wort gemeldet. Sie hätte Herrn Zierke darüber aufgeklärt, dass die bevorzugten Krankenfahrten mittlerweile so schlecht entlohnt sind, dass sie kaum mehr wirtschaftlich sind. Wenn diese aber trotzdem bevorzugt werden, dann deshalb, weil die Taxi- und Mietwagenunternehmer im ländlichen Bereich sich ihrer Verantwortung gegenüber den Dialyse- und Bestrahlungspatienten bewusst sind. Sicherlich hätte sich auch der eine andere Taxiunternehmer aus anderen ländlich geprägten Regionen gemeldet und den SPD-Politiker darauf aufmerksam gemacht, dass es letztlich seine Partei ist, die mit aller Gewalt und ziemlich undifferenziert eine permanente Erhöhung des Mindestlohns durchsetzt. Solange man dann aber zeitgleich nächtliche Bereitschaftszeiten von Taxifahrern wie volle Arbeitszeiten bewertet, bleibt den Taxiunternehmern gar nichts anderes übrig, als den Bahnhofsplatz verweist zu lassen. Auf Mindestlohnbasis dort einen Fahrer zu platzieren, der dann in der Schicht zwei Fahrten à 8 Euro macht, ist nun mal unwirtschaftlich.
Einen Lösungsansatz präsentierte zu diesem Punkt Victoria Broßart. Sie berichtete davon, dass in ihrer aktuellen Wahlkreisstadt Rosenheim Anrufsammeltaxis gut funktionieren.
Völlig recht hatte Zierke dann aber wiederum mit seiner Analyse, wonach der hohe Bedarf bei zu geringem Angebot im ländlichen Raum dem Überangebot in den Großstädten gegenübersteht, was dort zu Konkurrenzsituationen führe. Man habe aber nur ein Gesetz für beide Strukturräume. Das führe dazu, dass mit jeder Regelung die einen zufrieden und die anderen unzufrieden seien, was die Bundestagsabgeordneten dann aushalten müssten.
Kein Verständnis äußerte Zierke dafür, dass Mietwagen aus Brandenburg den bereits sehr hart umkämpften Berliner Markt bedienen, während in der Region oder am Flughafen BER der Bedarf nicht hinreichend bedient wird. Auch habe er sich im Bundestag bereits 2015 dagegen stark gemacht, dass Uber „auch nur einen Fuß auf den Boden bekommt“, habe aber keine Mehrheit dafür gewinnen können.
Victoria Broßart berichtete in ihren Redeslots von Rosenheim, wo der letzte Linienbus samstags mittags und dann erst am Montag wieder fahre. Für Menschen ohne eigenem Auto wie Sie bedeutet das: Wenn Menschen am Wochenende viel unterwegs seien, häufig auch mit Gepäck, dann geschehe das mit dem Taxi, und für sie sei es selbstverständlich, dann kein Uber zu buchen, sondern ein Taxi. Broßart positionierte sich eindeutig für das Taxi und gegen die Plattformen: „Für mich ist Taxi Teil des ÖPNV und Taxi führt dazu, dass Menschen mobil sein können ohne eigenes Auto. Das sehe ich bei einem Uber vollkommen anders. Uber ist in meinen Augen ein amerikanischer Konzern, der sein Geld durch Ausbeutung verdient.“ Die Fortsetzung ihrer Ausführungen entsprach dem, worauf die Taxiverbände selbst seit Jahren gebetsmühlenartig hinweisen (Taxigewerbe streng reguliert, hält sich an Standards/Gesetze, ist Teil des ÖPNV, übernimmt Aufgaben, die der Busverkehr nicht leistet, trägt dem entsprechend zur Mobilität der Menschen bei, ist jetzt massiv unter Druck, weil einer kam, der – mit Dumpingpreisen, Sozialdumping und schlechten Arbeitsbedingungen durch Ausbeutung und Ausnutzung – meint, er könne das Taxigewerbe verdrängen). Dieses wachsende Problem müsse reguliert werden. Hier sei eine Nachbesserung ganz dringend nötig, um tatsächlich ein Level-Playing-Field zu schaffen und zu erreichen, dass es in diesem Markt fair zugeht.

Als Zuhörer hatte man bei diesen Punkten das maue Gefühl, die Diskussion dreht sich im Kreis – weil alles schon seit Jahren gesagt wird und Uber & Co trotzdem tagtäglich Rechtsverstöße Ihrer Partner zulassen. Mit der Novelle hat man das Problem jetzt auf die Kommunen geschoben.
Aber ist die Bundespolitik damit wirklich aus der Verantwortung? Michael Oppermann stellte diese Frage dem Präsidenten des Bundesverbands Herwig Kollar, und dessen Antwort war eindeutig: Als erstes sei die Einsicht notwendig, dass das, was 2021 mit guten Absichten festgeschrieben wurde, nicht ausreiche. Dies müsse man deutlich artikulieren und einen Konsens darüber finden, was im PBefG ergänzt werden müsse. Ihm sei klar, so Kollar, dass keiner der drei Abgeordneten persönlich dafür sorgen könne, dass die Plattformen sich an Recht und Gesetz halten, doch habe der BVTM viele Vorschläge gemacht und eine Erneuerung der Verwaltungsgrundsätze zur Durchführung des Taxi- und Mietwagenverkehrs aus den 1980er-Jahren angemahnt.
Auch Änderungen in der BOKraft habe man vorgeschlagen, etwa betreffs Wegstreckenzählern, die es in 90 Prozent aller Uber-Mietwagen nicht gebe, und TSE-überwachten Fiskaltaxametern. Hier bedürfe es lediglich einer Verständigung zwischen Bund und Ländern. Warum bekomme man das nicht ebenso schnell hin, wie man ein „Sterbenlassen“ der Kleinen Fachkunde erreicht habe?
Kollar skizzierte noch einmal die Geschichte der Abschaffung der Ortskundeprüfung, zuerst 2017 für Mietwagen- und Krankenwagenfahrer (wegen Fahrermangels bei Krankenwagen), was ein Einfallstor für unqualifizierte Fahrer als Konkurrenz zum Taxi gewesen sei, und vier Jahre später für Taxifahrer. Eine Kleine Fachkunde, die – obwohl im Gesetz verankert – doch nicht kommt, dazu Regelungen, die von den Kommunen nicht umgesetzt werden. Da müsse sich die Bundespolitik natürlich die Frage stellen, ob das Gesetz so reicht oder ob seitens der Bundespolitik nochmal nachgelegt werden muss.

Michael Donth von der CDU räumte ein, dass man sich fraktionsseitig damit noch nicht befasse. Dazu brauche man zunächst die Vorlage in Form der geplanten Evaluierung. Persönlich vertritt Donth durchaus die Meinung, dass man nachjustieren müsse. Als Beispiel nannte er die Pflicht an die Plattformen, die Daten bereitzustellen. Man müsse auch konkret die Regelung hinterfragen, ob es zur Ermittlung des Fahrpreises und zur Ermittlung der Wegstrecke immer noch physische Geräte braucht.
Bei all diesen Überlegungen gab Donth aber zu bedenken, dass bei einer Anpassung des Personenbeförderungsgesetzes nicht nur fünf im Bundestag vertretene Parteien diskutieren, sondern auch (mittlerweile zwei) Taxiverbände, ein Chauffeurverband, ein Uber-naher Verband und wahrscheinlich auch noch die Interessenverbände der Busunternehmen. „Wenn wir als Politik das Gesetz nochmal anpacken, wird es unsere Aufgabe sein, alle diese Interessen wieder konsensfähig zu machen“, sagt Donth.
Interessant war dann noch die Schlussfrage von Oppermann an die drei Politiker: „Was wünschen Sie sich denn vom Taxigewerbe“? Broßart wünscht sich von der Rosenheimer Taxizentrale, dass sie dort ihre Taxis nicht mehr nur per Telefon, sondern endlich auch per App bestellen kann, Zierke möchte gerne, dass Menschen in Prenzlau jederzeit ein Taxi am Bahnhof vorfinden und Donth wünscht sich weiterhin ein gutes Miteinander zwischen Politik und Verbänden, durchaus auch mit Streit, solange es dort um die Sache geht und hinterher gute Lösungen herauskommen.
Oppermann fasste die drei Wünsche passend zusammen: „Wir sollen da sein, wir sollen digital sein und wir sollen konstruktiv sein. Alles drei wollen wir gerne annehmen und daran arbeiten.“ jh/ar

Fotos: Axel Rühle









Taxi ist Taxi. Mietwagen ist Mietwagen. Im PbefG finde ich aber keine Definition für die in Massen im Straßenverkehr anzutreffenden Pseudo-Taxis und Fake-Taxis. Seltsam. Kann doch gar nicht sein. Bei uns gelten doch Gesetze. Die Spielregeln im Leben von Erwachsenen.
Dachte ich. War wohl ein Irrtum.