Der zweite Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums zur geplanten Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) lässt die Taxibranche aufatmen. Warum, kommentiert der Taxi-Times-Autor Remmer Witte.
Man mag es ja kaum glauben, aber mit dem neuesten Referentenentwurf zur geplanten Novelle des Personenbeförderungsgesetzes PBefG scheint vom BMVI (Bundesverkehrsministerium) – seitens der Taxibranche ganz wider Erwarten – doch noch das Ruder umgelegt worden zu sein. Natürlich handelt es sich auch bei dem neuen Papier, welches mit Datum 3.11.2020 das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, nur um einen weiteren Entwurf, dem sicherlich durchaus noch weitere, wiederum abweichende Entwürfe folgen könnten. Die aktuelle Fassung und die darin eingearbeiteten Korrekturen gibt aber immerhin berechtigten Anlass zur Hoffnung für die Taxibranche, auch in Zukunft seine Geschäfte zumindest gleichberechtigt neben anderen Anbietern weiterhin betreiben zu dürfen.
Aber der Reihe nach: Noch Anfang Oktober machte ein erster Referentenentwurf die Runde, der die schlimmsten Befürchtungen vieler Unternehmen noch weit übertraf. Dem Taxigewerbe wurden dort so weit die Flügel beschnitten, dass eine komplette Bruchlandung mehr oder weniger unvermeidbar schien. Letztendlich verblieb nur noch das Geschäft mit den Winkern auf der Straße als unverändert verbleibende Domäne für das Taxi. Alle anderen Säulen der Branche sollten maßgeblich beschnitten werden und die Existenz vieler eingesessener Unternehmen gefährdet. Sowohl die Tarifpflicht für Bestellfahrten sollte per Federstrich aufgehoben werden, als auch jedes Recht, sich weiter zu entwickeln, in dem Sammelfahrten für das Taxi sogar explizit verboten werden sollten. Gleichzeitig wurde sowohl den Jägern wie Uber & Co als auch den Sammlern wie Moia & Co in den Augen vieler sozusagen der rote Teppich ausgerollt – ohne den Genehmigungsbehörden irgendwelche Instrumente zuzugestehen, mit denen diese die neuen Verkehrsformen hätten kontrollieren können.
Nun also die Kehrtwende: Bezüglich der Tarifpflicht steht als einzige Änderung nur noch die Option im Raum, für vorbestellte Fahrten für vorgegebene Fahrstrecken beispielsweise ab Flughafen oder Messe behördlich festgelegte Höchst- oder Mindestpreise oder alternativ auch Festpreise vorgeben zu können. Vom Tisch zu sein scheint auch die Idee, dem Taxi Sammelverkehre zu untersagen. Dafür kann die Genehmigungsbehörde nun Einfluss sowohl auf die Tarife von Mietwagen als auch von Pooling-Anbietern im neuen „gebündelten Bedarfsverkehr“ zugunsten „öffentlicher Verkehrsinteressen“ nehmen. Und sie muss sogar Mindestbeförderungsentgelte festlegen, genauso wie sie eine Bündelungsquote festlegen muss, die in den ersten fünf Jahren nach der Genehmigung auch verbindlich erzielt werden muss, falls diese Genehmigung verlängert werden soll.
Beim Streitthema Rückkehrpflicht schaffen überraschend salomonische Kann-Regelungen den Genehmigungsbehörden ausreichend Spielraum, ggf. aggressiv agierende Pooler oder Mietwagenunternehmen in ihre Schranken zu verweisen. Werden Ausnahmen von der Rückkehrpflicht genehmigt, müssen minimal 15 Kilometer Abstand zwischen verschiedenen, feststehenden Abstellorten eingehalten werden und zusätzlich kann Einfluss auf Kapazität und Lage dieser Orte genommen werden. Insbesondere, dass die Rückkehrpflicht nun auch für die Pooling-Anbieter realisiert werden kann, schließt den ökologisch mehr als bedenklichen Suchverkehr neuer Anbieter sowohl für die Jäger als nun auch für die Sammler aus – natürlich nur, falls die Genehmigungsbehörde diese Tools denn auch sinnvoll anwenden (wollen). Dadurch allerdings, dass öffentliche Verkehrsinteressen mit einzubeziehen sind, ist immerhin auch eine grundsätzliche Einflussnahme Dritter auf diese Entscheidungen denkbar, indem vermeintliche Verstöße gegen diese Verkehrsinteressen wohl sogar einklagbar wären. Besonders durch diese Regelung scheint ein gewisses Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Anbietern im Gelegenheitsverkehr wieder hergestellt.
Ganz besonders erfreulich ist, dass gleich der erste Paragraf des neuen Gesetzes Anbieter ohne eigene Fahrzeugflotte wie eben das mögliche Monster der Zukunft namens FreeUber mit in die Pflicht nimmt, indem es Vermittler ohne Fuhrpark ausdrücklich in den Geltungsbereich des PBefG mit einbezieht. Unklar bleibt hingegen, wie eine Kontingentierung für den gebündelten Bedarfsverkehr mit der erwünschte „Verkehrseffizienz“ gemäß §13 des Referentenentwurfs in Bezug zu setzen ist. Ein Traum für die Taxibranche wäre es, wenn beispielsweise noch eine maximale Prozentzahl in Bezug auf die vorher insgesamt im Gelegenheitsverkehr konzessionierten Fahrzeuge neue Anbieter im gebündelten Bedarfsverkehr zumindest für die ersten fünf Jahre soweit einschränkt, dass den vorher vorhandenen Verkehren nicht sofort die Luft zum Atmen genommen würde.
Ein Wehmutstropfen ist allerdings die nach wie vor die geplante Einführung einer kleinen Fachkunde anstelle der Ortskenntnisprüfung nur für Taxis (geregelt in der Fahrerlaubnisverordnung, nicht im PBefG). Eine solche Regelung sollte natürlich von Anfang an für alle Gelegenheitsverkehre gelten, auch für die Jäger und Sammler von Moia & FreeUber. Von Anfang an, da diese Regelung einer grundgesetzlichen Überprüfung obschon der fehlenden Gleichheitsgrundlage wohl sicherlich kaum standhalten wird – allerdings erst dann, wenn sich denn jemand findet, der damit vor Gericht ziehen mag. Eine gewisse Fachkunde steht in jedem Fall allen Beschäftigten gut zu Gesicht, egal ob sie bei Moia oder im Taxi den neunten Fahrgast an die Luft setzen oder 0,0 Promille nachweisen müssen.
Ein noch weitergehender Wunschtraum wäre dann natürlich noch eine denkbare zeitweilige Aussetzung der Neukonzessionierung für andere Antragsteller im Gelegenheitsverkehr, wie beispielsweise auch Mietwagen während der fünfjährigen Startphase eines gebündelten Bedarfsverkehrs. Die vorgegebene Sammelquote, welche durch die Ordnungsbehörden zu kontrollieren ist, schafft immerhin Klarheit, dass neue Anbieter spätestens nach fünf Jahren endgültig Farbe bekennen müssen, ob hier Geld verdient oder nur der Markt kannibalisiert wird. Und wer kein Geld verdient muss wieder dicht machen, die bringt dann die erforderliche Eigenwirtschaftlichkeit auf den Punkt. Wenn gleichzeitig der Markt nicht von weiteren Anbietern überflutet wird und so den Erfolg neuer Verkehre gefährdet wäre dies ja auch im Sinne der Nutzer.
Und weil wir gerade beim Wünschen sind, wünschenswert wäre es darüber hinaus nun noch, wenn alle Antragsteller im Gelegenheitsverkehr sich nicht nur bezüglich der einzusetzenden Fahrzeuge festlegen müssten, sondern auch für das Einsatzgebiet Ihrer Angebote. Dies soll derzeit nur für Sammelverkehre gelten. So wären nomadisierende Uberkontingente beispielweise zu Oktoberfest oder Karneval endgültig ausgeschlossen.
Ob die Kuh damit nun wirklich vom Eis ist mag noch zu bezweifeln sein. Auch gibt es wie gesagt noch einige Punkte, an denen für die Branche eventuell noch Optimierung wünschenswert wäre. Es ist jedoch definitiv überraschend und absolut erfreulich, dass sich so viele Brennpunkte dieser Gesetzesreform derzeit zugunsten der Taxibranche aufgelöst zu haben scheinen. Bleibt zu hoffen, dass dies so bleibt – damit sich das Gewerbe nun mit doppelter Energie dem akuten Überleben der Corona-Krise widmen kann. rw
Beitragsfoto (Montage): Witte
Lieber Herr Witte,
Ihre Wünsche sind auch durchaus interessant. Für mich als angestellten Fahrer ergibt sich leider aus der Realität etwas anderes. Durch die anhaltenden preisminderungen von Uber und Co wird sich das Problem fortsetzen. Ich, als Fahrer, werde dann bei denen wahrscheinlich mehr verdienen.
Am Ende wird auch der Unternehmer auf der Strecke bleiben.
Das ist äußerst schade da ich diesen Beruf seid über 20 Jahren ausübe.
Daher bitte ich Sie nicht mit irgendwelchen Wünschen Daher zukommen.
Ihre Argumentation verstehen wir nicht ganz: Wie soll es gehen, dass Sie als Fahrer ausgerechnet bei einem Fahrtenvermittler mehr verdienen, der billiger ist als alle anderen? Auch dort hat ein Auto nur vier Räder und sie werden für eine bestimmte Strecke einen bestimmten Zeitfaktor X benötigen. Wenn die Fahrt in diesem Zeitfenster aber wneiger Umsatz einbringt, wie wollen Sie dann dort mehr verdienen?
Dadurch das der Billiganbieter wesentlich mehr Aufträge bekommen wird und wir als Taxi am Halteplatz versauern werden.
Ich bin schon lange Taxifahrer und mache das auch sehr gerne.
Ich hoffe es kommt anders….
Die Frage ist, hat ein Berliner Mietwagenunternehmer die Möglichkeit, in Düsseldorf einen Abstellort zu beantragen und in Köln und in Frankfurt und und und?
Und hat dann die jeweilige Behörde dann wirklich die Beaufsichtigungshoheit? Ich glaube nicht.
Bei den Wünschen wäre es schlau gewesen, die digitalen Anbieter zu verpflichten, ihren jeweiligen Echtzeitstandort und Status für jeden einsehbar halten zu müssen. Nur so könnte man leicht Rückkehrpflicht überwachen.
Die Detailbestimmungen werden wohl noch eingebaut werden müssen. Oder es wird hinterher Sache der gerichte, mögliche Interpretationslücken zu schließen. Ist ja ein typisches Mermla der Gewaltenteilung.