Warum warten auf Fahrer(innen) mit Taxischein, wenn man mit einer eigenen Taxischule den Hebel schon viel früher ansetzen kann? Ein Nürnberger Taxiunternehmer gab am Wochenende Tipps zur Durchführung finanziell rentabler Kurse.
Seit mehr als zwei Jahren treffen sich alle drei Monate Taxiunternehmer aus allen Teilen Deutschlands, um gegenseitig Erfahrungen auszutauschen. Meist fungiert dabei ein Taxiunternehmer aus der Gruppe als Gastgeber, der von seinem Mehrwagenbetrieb berichtet. So auch dieses Wochenende, als der Nürnberger Taxiunternehmer Christian Linz (Die Taxiprofis) über seine Taxischule informierte, die er neben seinen 14 Nürnberger Taxikonzessionen unterhält und über die regelmäßig Fahrer für das eigene Unternehmen übrigbleiben.
Er habe aktuell eine Fahrzeugauslastung von 90 Prozent, berichtete Linz als Beleg dafür, dass die eigene Taxischule durchaus lukrativ sein kann. Auch in finanzieller Hinsicht, denn die Produktion des Lehrmaterials sei kostenmäßig überschaubar und der Schulungsraum befinde sich auf dem eigenen Gelände unmittelbar am Betriebssitz. Als Werbemaßnahme empfiehlt Linz unter anderem die Außenflächen der eigenen Taxis. Kleinanzeigen über E-Bay hätten bei ihm in Nürnberg zu keinen erfolgversprechenden Bewerbungen geführt.
Etwa ein Fünftel aller Bewerber kommen vom Jobcenter, die dafür auch die Schulungskosten übernehmen. Sofern eine sozialversicherungspflichtige Weiterbeschäftigung im eigenen Taxibetrieb in Aussicht gestellt wird, kann dabei auch ein Eingliederungszuschuss (EGZ) rausspringen. „Für einen Fahrer, der zuvor langzeitarbeitslos war oder anderweitig als schwer vermittelbar galt und dann 40 Wochenstunden zum Mindestlohn arbeitet , erhält man als Arbeitgeber in der Regel auf sechs Monate verteilt knapp 3.500 Euro“, rechnet Linz vor. Entsprechende Musterschreiben für die Beantragung sowie die richtige Argumentation stellte der Nürnberger Unternehmer seinen Kollegen aus der gemeinsamen Erfa-Gruppe per Stick zur Verfügung. Linz wusste sogar von einem „ESF-Bundesprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit“ zu berichten, für das zwar ein deutlich größerer bürokratischer Aufwand aufzubringen sei, der sich in einem Fall allerdings gelohnt habe, weil er für eine neue Mitarbeiterin für die Beschäftigungsdauer von zwei Jahren einen Zuschuss von insgesamt 15.719,34 Euro erhalten wird.
Bei der Vermittlung des Lehrmaterials greift Linz auf die Software „Taxi-Prüfung“ zurück, die speziell mit den Plänen und Fragen zur Nürnberger Taxiprüfung programmiert wurde und in der sich die Schüler selbst abfragen können. Je nach Erfolg dieser Probeprüfungen erkennt Linz, ob ein Schüler schon bereit für die Prüfung ist.
Neben dem prüfungsrelevanten Teil vermittelt Linz in seinem Kurs auch allgemeine Fragen zum Taxi- und Tarifrecht oder gibt mittels Power-Point animierter Darstellungen Tipps über die Aufstellregelung am Nürnberger Hauptbahnhof bzw. Flughafen.
Der Prüfungsstoff wurde zum 1. Januar 2018 von der Stadt Nürnberg gemeinsam mit der Nürnberger Taxizentrale, die Taxiprofis Christian Linz, dem Taxiteam Mathias Glowatsch und dem TÜV Süd Nürnberg (der die Prüfungen abnimmt) gründlich überarbeitet. Darüber hinaus wurde die Regelung getroffen, dass das PC Lernprogramm, in dem der Lehrstoff zusammengefasst ist, ausschließlich von lizenzierten Nürnberger Taxischulen verwendet werden darf. Eine davon ist die Nürnberger Taxizentrale eG.
Für die berichtete Herr Roland Kerl, Mitglied des Aufsichtsrats und Schulungsteams, als Gastreferent über die Herangehensweise seiner Genossenschaft. Anders als Herr Linz biete man den Kurs als Blockeinheit an. Jeder Interessent müsse sich zudem in einem persönlichen Bewerbungsgespräch mit einem Vorstandsmitglied der Genossenschaft qualifizieren, sagte Herr Kerl. „Wer beispielsweise als Grund für die Bewerbung als Taxifahrer angibt, er wolle nette Mädels kennenlernen, dem wird nahegelegt, dass er dann in diesem Job falsch sei.“
Als weiterer Gast-Referent präsentierte Philipp Forsbach sein Programm „taxilearn.de“. Es ist ähnlich aufgebaut wie die in Nürnberg verwendete Software „Taxi-Prüfung“, was laut Forsbach daran liegt, dass die Betreiberin die Version mit ihm zusammen entwickelt und dann entsprechend Know How mitgenommen habe.
Unter Verwendung von open-street-maps sei es möglich, die für die Münchner Prüfung entwickelten Pläne und Abfragetools auch für alle anderen Städte zu programmieren. Seitens interessierter Taxischulen oder Unternehmer seien dann lediglich Excel-Kenntnisse notwendig, um eine solche Software dann für die eigene Stadt erstellen zu lassen. Die einmaligen Entwicklungskosten wären vom Aufwand abhängig und als monatliche Lizenzgebühr käme ein individuell auszuhandelnder Betrag in Betracht, der beispielsweise die Weitergabe als Einzellizenzen an die jeweiligen Schüler (optional mit einer zeitlich befristeten Nutzbarkeit) auf Rechnung der Taxischulen berücksichtigt. „Andere Preismodelle und Exklusivität sind ebenfalls vorstellbar“, sagt Forsbach
Am Ende der Vorträge und vor dem von der Firma Fleet-Ad gesponserten Abendessen begann noch eine Diskussion, ob das Taxigewerbe weiterhin an der Pflicht zur Ortskunde festhalten solle. Darüber berichten wir in einem zusätzlichen Beitrag. jh
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Ein Freund von mir ist Taxiunternehmer. Er hat regelmäßig auch zu wenig Taxifahrer und fährt selbst mehr Taxi, als er eigentlich möchte. Ich werde ihm mal diesen Artikel weiterleiten – vielleicht hat er noch nicht daran gedacht, eine eigene Taxischule zu eröffnen.