Die siebte Folge des Online-Formats TMVdirekt hatte Bundestags-Neuling Valentin Abel aus der FDP-Fraktion zu Gast. Da Abel sich schon länger vor allem verkehrspolitischen Themen widmet, entspann sich eine interessante Diskussion vor allem um die mögliche Verwendung der Regionalisierungsmittel in der Fläche.
Der 31jährige Valentin Abel war bis vor kurzem noch Vorsitzender der Jungliberalen in Baden-Württemberg, bevor er seit Ende letzten Jahres ein Bundestagsmandat übernommen hat. Hier ist er nun unter anderem auch als Vizevorsitzender des neu gegründeten Parlamentskreises Bus aktiv. In der Vorstellungsrunde stellte Abel die Prämisse in den Raum, dass es nicht nur durch Angebotsoptimierung und günstige Preise gelingen könne, den Individualverkehr mit PKW zugunsten umweltfreundlicherer Mobilitätsangebote zu reduzieren. Gerade jetzt mit dem 9-Euro-Ticket werde noch einmal klar, dass die Menschen solche Angebote erst dann attraktiv fänden, wenn sie – wie eben beispielsweise mit dem 9-Euro-Ticket – eben überall einsteigen und mitfahren könnten, ohne sich lange mit Tarifstrukturen auseinandersetzen zu müssen.
Niemand habe wirklich Lust, mit Bahn oder Bus zu fahren, daher sei die Bequemlichkeit der Nutzung der wichtigste Aspekt, um die Menschen trotzdem zum Umstieg zu bewegen. Im Gegenzug wies er aber auch darauf hin, dass es notwendig sei, die Menschen zum Umstieg zu motivieren und damit werde der Kuchen für den ÖPNV zwangläufig auch größer und somit falle wohl für alle Anbieter etwas ab. Insofern sähe er die gemeinsame Aufgabe eher darin, dass der Kuchen vergrößert werden müsse und weniger darin, wie er zu verteilen sei. Politisch unterstütze er natürlich vor allem die Wahlfreiheit in der Mobilität und somit also auch den Wettbewerb.
Moderator Patrick Meinhardt verwies dann auf eine aktuelle dpa-Meldung, nach der Volker Wissing als Bundesverkehrsminister auf dieser Basis in Kürze eine ÖPNV-Offensive starten wolle. Abel präzisierte diese Idee, indem er darauf verwies, dass es dabei natürlich nicht darum gehen könne, die ÖPNV-Nutzung zwischen Moabit und Kreuzberg zu stärken, das Mehr an Fahrgästen müsse vielmehr in der Fläche gewonnen werden. Und dies könne vor allem wohl durch eine Modernisierung des Materials und durch Abstimmung der Fahrpläne gelingen.
Bei der Antwort auf die so fast zwangsläufige Fragen aus dem Forum, ob hier auch die Vergabe von Regionalisierungsmitteln an Taxen und Mietwagen gemeint sei, blieb Abel dann jedoch eher wage und verwies darauf, dass eine staatliche Förderung immer nur auf Basis eines Levelplayingfield (gerechte und gleiche Wettbewerbsbedingungen) denkbar sei. Da jedoch die Förderung des ÖPNV gerade bei ländlicheren Kommunen inzwischen einer der größten Haushaltsposten sei, werde die Taxi- und Mietwagenbranche mit guten, erfolgsversprechenden Ideen sicherlich schnell Gehör bei ihren Kommunalpolitikern finden.
Hierzu ergänzte dann Dr. Michael Stehr von der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen eV, dass auch ihm zugetragen wurde, dass die Landesregierung NRW gerade händeringend innovative Taxi- und Mietwagenunternehmer mit guten Ideen zu diesen Themen suche.
Ob allerdings die Vergabe von Vorhaltezuschüssen aus dem Topf der Regionalisierungsmittel aus seiner Sicht ein Mittel der Wahl sein könne, um ländliche Taxi- und Mietwagenunternehmen auch in Schwachlastzeiten dazu zu bewegen, ihr Angebot aufrecht zu erhalten, ließ Abel letztendlich unbeantwortet. Er halte hier nichts von „halbgaren Twitterfeeds“, wie es bei der CDU üblich sei. Solange es keine durchdachten konkreten Vorschläge oder Angebote gäbe, halte er sich lieber bedeckt.
Zu der Zukunft der verschiedenen Antriebstechnologien verwies Abel auf die besondere europäische Situation, in der selbst vermeintliche Parteifreunde schnell unterschiedliche Ansätze vertreten könnten, je nachdem aus welchem Lande sie stammten. Für Franzosen sei Energie beispielsweise kein Problem, da man dort auf Atomstrom setze, während man in Deutschland sehr genau darauf schaue, wer aus welchem Energietopf wieviel erhalte. Er persönlich befürworte eine vollständige Lebenszyklusbetrachtung der Fahrzeuge und da sei die Elektromobilität nicht immer ganz vorn. Nichts desto trotz sehe auch er nur wenig Chancen für Wasserstoff oder synthetische Antriebe.
Moderator Patrick Meinhardt gab seinem Gast Valentin Abel in seiner Funktion als Vizevorsitzenden des neu gegründeten Parlamentskreises Bus dann noch als Hausaufgabe die Frage mit, ob ein solches Forum sich nicht mittelfristig zu einem Parlamentskreis ÖPNV erweitern wolle und das Thema ganzheitlich behandeln wolle oder aber ob die Trennung der Interessen auch zukünftig in Stein gemeißelt bleiben solle.
Im abschließenden Werbeblock wies TMV-Geschäftsführer Patrick Meinhardt dann auf die Fortsetzung des TMVdirekt-Formats mit folgenden Gästen hin:
– 29. Juni 2022, 15:00 – 16:00 Uhr Henning Rehbaum, Vorsitzender des neuen Parlamentskreises Bus
– 06. Juli.2022, 10:00 – 11:00 Uhr Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen
Ganz aktuell berichtete Meinhardt dann noch von einem Gesprächstermin des TMV mit Verkehrsminister Volker Wissing im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) in der nächsten Woche (15. Juni 2022) und bat interessierte Taxler*innen darum, ihm für dieses Gespräch gern noch Fragen oder Anregungen zukommen zu lassen. rw
Rückblick: Das Onlineformat „TMV Direkt“ umfasste bis zum 23.5.2022 in einer ersten Staffel sechs Veranstaltungen:
– Oliver Luksic: Neues online-Format „TMV direkt“ gestartet
– Stefan Gelbhaar: Füttern Sie mich mit Informationen
– Christoph Ploß: E-Taxis – Hamburger CDU-Chef fordert Technologie-Offenheit
– Michael Donth: Fachkunde war ein Zankapfel
– Martin Kröber: SPD macht sich für das Taxigewerbe stark
– Jürgen Lenders: Taxi ist immer dann stark, wenn es individuell ist
Beitragsfoto: Screenshot der Videokonferenz