Im Jahr 2021 ging die letzte PBefG-Novelle an den Start. Thomas Grätz analysierte als anerkannter „Chefjurist“ der Branche beim Think-Tank des TMV in Bamberg Erfolg und Misserfolg der Novelle sowie die Chancen, wo gesetzliche Spielregeln zugunsten eines fairen Wettbewerbs zukünftig vielleicht noch etwas griffiger zwischen Taxi, Mietwagen und Plattformern differenzieren könnten.
In den letzten Monaten formulierten viele Gewerbevertreter immer wieder einmal die Hoffnung, dass die im Jahr 2026 anstehende Evaluation der Novelle Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) die Chance für Nachbesserungen bei dessen Ausgestaltung bieten könnte. Einer „Evaluation“, deutsch „Beurteilung“, unterliegen in der Regel tatsächlich alle neuen gesetzlichen Regelungen. Beim PBefG ist diese Evaluation fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des novellierten Gesetzes dort im Paragrafen 66 festgeschrieben und steht danach zum kommenden Sommer an.
Thomas Grätz als juristischer Berater des Taxi- und Mietwagenverbandes TMV hatte im Rahmen TMV-Think-Tank in Bamberg die Aufgabe übernommen, den Teilnehmern seine Einschätzung zur Entwicklung der PBefG-Novelle darzustellen. Er klärte die Teilnehmer zunächst auf, dass die anstehende Evaluation des PBefG entgegen der Erwartung vieler keineswegs das Ziel habe, eine Analyse um die Effektivität der damaligen Novelle anzuschieben. Diese Beurteilung beziehe sich stattdessen lediglich auf Sachmängel oder Fehler auf der Formulierungsebene des Gesetzestextes. Erfolg oder Misserfolg der neuen Regelungen im Alltag stünden dabei gar nicht infrage.
Allerdings sei die Evaluation sehr wohl geeignet, das PBefG wieder in die Köpfe der Politik zu holen und habe damit das Potential, über politischen Anfragen zu einzelnen Elementen noch einmal Bewegung ins Thema zu bringen. Daher sei es jetzt vor der Evaluation an der Zeit, sich branchenseitig Gedanken darum zu machen, welche machbaren Änderungen oder Korrekturen man sich noch im PBefG wünsche. Diese Wünsche könnten dann bestenfalls in der ersten Jahreshälfte 2026 ein interessiertes Publikum in die Politik finden, welche solche Vorschläge dann über parlamentarische Anfragen den ministeriellen Sachbearbeitern zusätzlich zur Evaluation zur Beantwortung vorlegen könnten. Ob sich da dann etwas erreichen lasse, stehe zwar in den Sternen, aber nach der Evaluation sei der Drops definitiv gelutscht und das PBefG werde für den Gesetzgeber nicht mehr von Interesse sein.
Grätz erläuterte dann, wo er aus Gewerbesicht Nachbesserungsbedarf für das PBefG erkenne, und forderte vor allem die Verbände auf, hier konkrete Handlungsgrundlagen für die Politik zu erarbeiten. Als besonders realitätsfern habe sich danach der Versuch erwiesen, Linienbedarfsverkehr und gebündelten Bedarfsverkehr voneinander zu differenzieren. Es gäbe nun zwar bundesweit einige Genehmigungen für den ersten Verkehr, der zweite sei bis heute aber überhaupt nie nachgefragt worden.
Hier schlug Grätz eine stärkere Reglementierung des Linienbedarfverkehrs vor, um so dem Konzept des gebündelten Bedarfsverkehrs mehr Leben einzuhauchen. Beispielsweise sollten im Linienverkehr maximal 30 Haltepunkte möglich sein und so der Installation von beliebig vielen so genannten virtuellen Haltestellen ein Riegel vorgeschoben werden. Auch müsse die im Gesetz hinterlegte Sammelquote konkreter beziffert werden, gern auch als langfristig flexible Größe. Ohne eine Bezifferung führen auch zukünftig Kleinbusse mit einzelnen Fahrgästen im vermeintlichen Linienverkehr durch die Lande. Die Regelungen zum gebündelten Bedarfsverkehr müssten seiner Einschätzung nach dagegen entschlackt werden, denn eigentlich sei das Sammeln von Fahrgästen ja auch für den Gelegenheitsverkehr mit Taxis eine sehr sinnvolle Option. Mit der derzeitigen Regelwut bliebe diese ja auch ökologisch/ökonomisch zukunftsträchtige Idee dieser Branche jedoch verwehrt.
Grätz machte sich dann auch dafür stark, die Ausnahmegenehmigungen von der Wegstreckenzählerpflicht (WSZ) zu verbieten und im Übrigen die Vermittler gesetzlich mit in die Rechte und Pflichten des PBefG mit einzubeziehen. Bei der WSZ-Pflicht sah er lediglich Ausnahmeoptionen für nachweislich reine Krankenbeförderer. Es gehe doch nicht an, dass sich plattformbasierte Vermittler regelmäßig aus der Verantwortung stehlen würden und die taxiähnlichen agierenden Mietwagen parallel immer noch unterm Radar der Finanzbehörden flögen. Grätz bemängelte ganz plastisch, dass es derzeit leider kaum eine Genehmigungsbehörde gäbe, die die Eier hätte, die Vermittler mit in die Verantwortung zu ziehen. Dies sei aber für ein ausgeglichenes Level playing field zwischen Taxi und Mietwagen nötig. Also müsste dies eben über die gesetzlichen Formulierungen erzwungen werden.
Auch für die Genehmigungspraxis regte der Jurist eine Entschlackung der bestehenden Regelungen an, Schubladengenehmigungen müssten beispielsweise unmöglich gemacht werden und wer über eine Taxikonzession verfüge, müsse diese auch betreiben. Entsprechend sollten sich die Genehmigungsbehörde vor der Aushändigung der Genehmigung beispielsweise auch zunächst einmal das unter anderem auch ordentlich versicherte Fahrzeug vorführen lassen. Schon bei der Antragstellung sei es wünschenswert – und nach geltendem EU-Recht auch praktikabel -, die Anforderungen zur finanziellen Leistungsfähigkeit drastisch anzuheben. Vorstellbar wäre da beispielsweise nach österreichischem Vorbild 5.000 Euro pro Fahrzeug oder mehr. Damit werde die Ernsthaftigkeit der Businessplanung zukünftiger Unternehmer forciert.
Für die Mindestbeförderungsentgelte schlug Grätz dann eine ganz kleine Änderung vor, von der er sich eine große Wirkung verspricht. Die Wortkombination „kann die Genehmigungsbehörde“ müsse einfach nur durch „muss die Genehmigungsbehörde“ ersetzt werden, zumindest für Städte ab 50.000 Einwohnern. Mit dieser Änderung werde das Taxigewerbe von der Verpflichtung befreit, den Genehmigungsbehörden detailliert ausformulierte Begründungen vorzugeben, mit den sie diese Behörden zum Jagen tragen könnten. Mit der Änderung werde der schwarze Peter einer wasserdichten Begründung an die Behörde selbst delegiert, die sich dieser Verpflichtung nicht mehr entziehen könnte.
Zum Abschluss goss Grätz allerdings noch einmal viel Wasser in den Wein der Begeisterung der Teilnehmer für die Chance zur erneuten Veränderung des PBefG. Eine Frage aus dem Publikum, ob er sich denn vorstellen könne, dass nun die beiden Bundesverbände TMV und BVTM sich im Sinne einer besseren Schlagkraft gegenüber der Politik sich zumindest bei diesem Thema auf eine Strategie einigen und gemeinsam vorgehen könnten, negierte er und quittierte diese Vorstellung als mehr oder weniger hoffnungslos. Schade!
Beitragsfoto: Thomas Grätz Foto Taxi Times









Sehr informativ. Danke.
Die Feststellung des letzten Absatz klingt fürchterlich. Denn so darf es einfach nicht bleiben!
Bei der gestrigen Generalversammlung der Taxi München eG, die endlich stattgefunden hat, haben Vorstand und Aufsichtsratvorsitz deutlich gemacht, im gemeinsamen Interesse über die Differenzen hinweg kommen zu wollen, um für die Genossenschaft und ihre Mitglieder, die Basis unseres Gewerbes, da zu sein.
Das sollte, nein muss auch für die Bundesebene möglich sein. Es sei denn, ihr da oben wollt UberBolt&Co selber den roten Teppich ausrollen!