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Sauerland: On-Demand-Verkehr zu teuer – Alternative Taxi?

von Remmer Witte
27. Juni 2024
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Sauerland: On-Demand-Verkehr zu teuer – Alternative Taxi?
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Fachleute hatten es früh prognostiziert: Der aufgesetzte On-Demand-Verkehr zwischen Meinerzhagen und Valbert ist zu teuer und wird eingestellt. Steht ein ÖPNV-Taxi hier als Alternative bereit?

Im Sauerland ist es nun genau wie erwartet geschehen: Der Shuttleverkehr BEA, der die Kernstadt Valbert mit ihrem Ortsteil Meinerzhagen verbindet, konnte zwar gute Beförderungszahlen vorlegen, war dem Märkischen Kreis aber nach nur zwei Jahren zu teuer und muss seine Dienste einstellen. Nun stellt sich die Frage, ob ein ÖPNV-Taxi hier als Alternative bereitsteht und einspringen kann.

Bis vor Kurzem verkehrte im Norden des Sauerlandes das On-Demand-Angebot BEA (Bestellen-Einsteigen-Aussteigen), welches mit zwei Großraumfahrzeugen vor allem Valbert und Meinerzhagen miteinander verbindet. Das Projekt wurde von der Bevölkerung durchaus gut angenommen und konnte mit hohen Nutzerzahlen glänzen. Doch der Märkische Kreis besiegelte jetzt das Aus des vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Modellprojektes: Das Projekt war dem Kreistag schlichtweg zu teuer. BEA wurde im Rahmen von „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ gefördert. Trotzdem wurde Ende 2023 im Kreisausschuss für Wirtschaftsförderung auf die immensen Kosten hingewiesen, die auf den Kreis im Falle einer Fortsetzung der Förderung zukommen würden. Die Rede war von 500 000 Euro.

Das Aus des On-Demand-Angebots BEA sorgt nun jedoch vor Ort für Unmut, denn in Valbert und Meinerzhagen, wo die Bevölkerung das Projekt schnell intensiv genutzt hatte, will man auf das Angebot nicht mehr verzichten. Wie es von verantwortlicher Stelle im Märkischen Kreis heißt, sei die Resonanz gut gewesen. „Wir wollen die Mobilität im ländlichen Raum aufrecht erhalten“, berichtete daher der dortige CDU-Politiker Ralf Schwarzkopf, „es gibt aber andere Modelle, die günstiger sind und die wir nun kurzfristig prüfen wollen.“ Dazu gehört für ihn etwa das Modell des ÖPNV-Taxis, von dem nicht zuletzt auch heimische Unternehmen profitieren würden. Fahrgäste dieser Taxis würden den normalen ÖPNV-Tarif zahlen, der gegebenenfalls von öffentlicher Hand subventioniert wird, damit die Taxi-Unternehmen auskömmlich arbeiten können. „Dieses Modell wäre vermutlich weitaus günstiger als die weitere Förderung von BEA“.

Das ÖPNV-Taxi versteht sich nach Schwarzkopfs Einschätzung als Alternative auf Basis des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), indem es den Linienverkehr in der Fläche „ersetzt, ergänzt und verdichtet“. Die Fahrten würden, wie auch zuvor bei BEA, on Demand, also nur auf Vorbestellung durchgeführt. Die Fahrgäste hätten dabei dann den normalen Tarif des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu zahlen, gegebenenfalls jedoch mit Zuschlägen. Ein ÖPNV-Taxi werde so vollständig in einen Verbundtarif integriert. Der ÖPNV-Aufgabenträger, also Stadt oder Kreis, zahle dann mit gewissen Abschlägen die Differenz zum genehmigten Taxitarif an die Taxiunternehmen. Der Aufgabenträger rabattiere letztlich den Taxitarif nach genehmigter Taxitarifordnung.

Ralf Schwarzkopf sieht das ÖPNV-Taxi als gute Alternative zu BEA, denn „normale Taxiunternehmen erhalten den Auftrag, die Kunden zum ÖPNV-Tarif zu befördern. Die darüber hinaus für das Unternehmen anfallenden Kosten werden durch die öffentliche Hand – Kreis oder Kommune – ausgeglichen“ erklärt er. Lokale Taxiunternehmen können seiner Einschätzung nach so als Alternative dienen, wenn die Bezuschussung stimmt.

Doch ist die Allgemeinheit bereit, dafür zu zahlen, und stünden heimische Taxi-Unternehmer für solch ein Angebot überhaupt zur Verfügung? „Im Nachhinein muss man sagen, dass man solch eine künstliche Doppelstruktur gar nicht erst hätte aufbauen dürfen“ stellt Jochen Sting, lokaler Taxiunternehmer aus Meinerzhagen zunächst fest, „ÖPNV-Taxis wären von Anfang an die bessere Lösung gewesen“.

Sein Mitbewerber Frank Friebe ist da etwas weniger optimistisch. Er hatte seine Taxifahrten in Meinerzhagen vor einigen Jahren ganz eingestellt und bietet seitdem nur noch Krankenfahrten und Flughafentransfers an. Die heimischen Betriebe seien für das On-Demand-Projekt gar nicht erst angefragt worden, kritisierte Friebe schon zu Beginn des Projektes. Stattdessen sei ganz nach Vorschrift europaweit ausgeschrieben worden. Den Zuschlag habe zunächst Clever Shuttle aus Berlin erhalten, danach habe die WB Westfalen Bus GmbH mit Sitz in Münster übernommen, was vor dem Hintergrund der Insolvenz der GHT-Mobility GmbH, Muttergesellschaft der Clever Shuttle West GmbH, geschehen sei.

Friebe sah von Anfang an vor allem die Fahrgäste selber als Ursache des Problems und erklärt, warum er den Taxiverkehr eingestellt habe: „Wer tagsüber BEA fährt, könne nicht erwarten, dass Taxis abends verfügbar sind.“ Und so hatte er schon zu Projektbeginn prognostiziert: „Es wird ein Riesenproblem geben, und das gerade für die älteren Bürger Meinerzhagens. Für zwei Jahre wird BEA bezuschusst, aber was ist danach?“

Jungunternehmer Jochen Sting – er hatte sein kleines lokales Unternehmen in Meinerzhagen erst kürzlich übernommen – ist aber für die Zukunft zuversichtlich. Er glaubt durchaus, dass ein solches Angebot als ÖPNV-Taxi funktionieren kann, wenn die Bezuschussung stimmt. Ebenso wie der Kreistagsabgeordnete Ralf Schwarzkopf ist Jochen Sting überzeugt, dass die Kosten des BEA-Angebots dabei längst nicht erreicht würden. Um diese genauer kalkulieren zu können, würde er zunächst aber gern auf die BEA-Zahlen zurückgreifen können.

Auch Sting zeigte dabei zum BEA-Projektbeginn zunächst wenig Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung: „Wenn ich mich bewusst dafür entscheide, im Dorf zu wohnen, muss mir klar sein, dass ich schauen muss, wie ich von dort fortkomme. Das darf dann nicht die Allgemeinheit zahlen müssen.“ Würden sich mehrere Personen etwa zusammentun, um gemeinsam per Taxi in die Stadt zu fahren, wäre schon vielen geholfen: den Fahrgästen auf der einen Seite wie den Taxi-Unternehmen, die sich ansonsten kaum über Wasser halten können, auf der anderen.

Zum ÖPNV-Taxi sagt Sting nun: „Ich würde auf jeden Fall bereitstehen und mich mit der Stadt an einen Tisch setzen, wenn es um eine Lösung geht.“ So hofft er auf weitere Möglichkeiten, seinen Betrieb breiter aufzustellen. Tragende Säule für sein Unternehmen sind schließlich derzeit vor allem Krankenfahrten – wenngleich er auch hier mit immensen Kosten zu kämpfen hat, wie Jochen Sting betont. rw

Beitragsfoto: Märkische Verkehrsgesellschaft GmbH

Tags: On-Demand-VerkehrÖPNV-Taxi
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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