In Wiesbaden erfordert die Erneuerung einer Autobahnbrücke Umfahrungen auf Straße und Schiene. Die Stadt bezuschusst jetzt Taxifahrten als Schienenersatzverkehr.
Für die meisten Bahnfahrgäste auf dem Weg zum Wiesbadener Hauptbahnhof heißt es derzeit eine Station vor dem Ziel: Umsteigen in Ersatzbusse! Seit sechs Monaten wird die Salzbachtalbrücke im Ortsbezirk Biebrich ab- und neu aufgebaut. Auf der Brücke verläuft die A 66, eine wichtige Verbindung zwischen der hessischen Landeshauptstadt und der Metropole Frankfurt am Main. Die gut 300 Meter lange Brücke überspannt den Salzbach, eine Bundesstraße – und die Haupt-Bahnlinie zum Wiesbadener Hauptbahnhof (einem Kopfbahnhof).
Da die marode Spannbetonbrücke von 1963 gesprengt wurde, mussten auch die Verkehrswege unter der Brücke unterbrochen werden. Dadurch hat der Hauptbahnhof seit dem 18. Juni nur noch zwei Nebenanschlüsse und wirkt laut Medien wie ausgestorben. Autofahrer und ÖPNV-Fahrgäste müssen Umwege in Kauf nehmen.
Die Umfahrung der Stelle und der Umstieg auf den Schienenersatzverkehr kosten Zeit und werden in der kalten Jahreszeit zunehmend beschwerlicher. Daher hat die Stadtverwaltung jetzt beschlossen, die Situation mit Hilfe des Taxigewerbes zu entspannen: Seit Montag werden unter der Bezeichnung „Salzbachtalbrücken-Taxi“ Fahrten mit Taxis zwischen einem der Bahnhöfe Wiesbaden-Ost oder Wiesbaden-Biebrich und dem Hauptbahnhof (bzw. einiger nahegelegener Bushaltestellen) bezuschusst – „ab 13. Dezember bis zum Tag der Wiedereröffnung der Schienenverbindungen“, wie die „Allgemeine Zeitung“ meldet.
Das Online-Portal zitiert Verkehrsdezernent Andreas Kowol: „Bis die Bahnen endlich wieder alle zum Hauptbahnhof fahren, möchten wir den Bahn-Fahrgästen gerade in der oft stressigen Vorweihnachtszeit etwas Zeit und Komfort zurückgeben und dabei gleichzeitig wichtige Erfahrungen für die Weiterentwicklung des ÖPNVs gewinnen.“ Konkret bedeutet das für Besitzer eines ÖPNV-Fahrscheins, dass sie für die Inanspruchnahme eines Taxis anstelle eines Busses auf den genannten Verbindungen, die gut drei bzw. gut vier Kilometer lang sind, drei Euro extra vom/zum Hauptbahnhof bzw. vier Euro extra von/zu einer der Bushaltestellen bezahlen müssen. Den Rest trägt die Stadtverwaltung, je nach Strecke und Uhrzeit zwischen 6 und 11 Euro.
Der Tag der Wiedereröffnung liegt allerdings nicht fern: Nachdem die Trümmer inzwischen weggeräumt und die Verkehrswege im Tal weitgehend wieder aufgebaut sind, ist die Straße unter der derzeit nicht existenten Brücke bereits seit letztem Montag wieder befahrbar, und heute in einer Woche, am 22. Dezember, sollen vier der fünf Gleise wieder in Betrieb genommen werden.
Entsprechend kommentiert ein Leser den „Wahnsinn“, das Chaos dauere bereits sechs Monate, „und in der letzten Woche der Sperrung gibt es jetzt das Taxi. Ist das nicht etwas spät?“
Das Verkehrsdezernat betrachtet die Bezuschussung allerdings als Pilotprojekt, von dem es sich „wichtige Erkenntnisse über die Nachfrage von zusätzlichen, ergänzenden Verkehrsangeboten zur Personenbeförderung in Wiesbaden“ verspricht, wie das Online-Portal den Stadtrat zitiert. Einschränkend wird ergänzt: „Da von der Stadt nicht gewährleistet werden kann, dass alle Wiesbadener Taxiunternehmen an diesem Projekt teilnehmen, wird Fahrgästen empfohlen, sich zunächst telefonisch bei einer Taxizentrale oder einem Taxiunternehmen zu erkundigen, ob zum gewählten Zeitpunkt eine Fahrt im Rahmen des Pilotprojektes ‚Salzbachtalbrücken-Taxi’ möglich ist.“ Stadtrat Kowol hofft, dass die Fahrgäste das Angebot rege nutzen. ar
Beitragsfoto: Salzbachtalbrücke wenige Wochen vor der Sprengung. Foto: Autobahn GmbH / Maurice Kaluscha