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Schlimmer geht immer – das Böse ist immer und überall!

von Remmer Witte
9. Dezember 2025
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Schlimmer geht immer – das Böse ist immer und überall!
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Wer bisher dachte, nur das Taxigewerbe habe ein Problem mit den Plattformen, dachte offenbar zu kurz. Wir alle haben ein riesiges Problem mit den Plattformen! Dieses Fazit lässt sich aus einem aktuellen Bericht des RBB ziehen. Deren Journalisten hatten im Milieu der Lieferdienste recherchiert. Und ja, auch das Arbeitsministerium ist schon aufmerksam auf die Missstände geworden und plant Maßnahmen. Ob das reichen kann?

Sitzen Sie gut? Der Bericht des RBB mit dem Titel „Ausgeliefert, das Geschäft mit den Kurierfahrern“ sowie der folgende Talk über das Thema, ebenfalls vom RBB ausgestrahlt, zeigte schonungslos die Verfahrensweisen der Plattformen und ihrer Subunternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber. Gleichzeitig wird aufgedeckt, welche Menschen sich aus welchen Gründen trotzdem bei diesen Raubrittern verdingen müssen und wie perfide das komplette System der Abhängigkeiten wirklich ist.

Erst kürzlich hatte ein fünfzehnminutiger Betrag zum Thema Uber & Co von Report Mainz nicht nur im Taxigewerbe Aufsehen erregt. Das Politmagazin der ARD hatte das Übel bis zur Wurzel verfolgt und nachvollziehbar dargestellt. Die Report-Recherche offenbarte das Versagen der Politik und der Behörden.

Im aktuellen RBB-Bericht ging es vor allem um Kurierfahrten, doch wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die gleichen Praktiken auch im Umfeld der plattformbasierten Mietwagen zum Einsatz kommen. Wer sich schon immer gefragt hat, wo die Fahrer für diese Mietwagen herkommen – der Bericht lieferte eine sehr wahrscheinliche Antwort, die auch mit den Nationalitäten vieler Plattformbeschäftigter in Einklang zu bringen ist.

Es werden offensichtlich systematisch gut gebildete Menschen mit der Aussicht auf ein Studium oder eine Ausbildung aus dem außereuropäischen Ausland nach Deutschland gelockt, dort von kostenpflichtigen Bildungsangeboten finanziell abhängig gemacht und dann zum Schuldenausgleich in prekäre Arbeitsverhältnisse gelockt. Das Schlimmste dabei: Die Anwerber im Heimatland, die vermeintlich zulässigen Bildungsträger, die Plattformen und sogar skrupellose Vermieter, die kleinste Einheiten zu Mondpreisen vermieten, machen alle ihr Geschäft zunächst auf eigene Rechnung. Inzwischen fungiert das System auch noch als profitable Geldwaschmaschine. Für all das bedarf es also noch nicht einmal des großen Bösen hinter alledem, der das System lenkt – Lenker scheint einzig und allein der Raubtierkapitalismus zu sein, der das System nationaler Gesetzgebung inzwischen gesprengt hat.

Es ist kaum möglich, all die Zusammenhänge in kurzen Worten offenzulegen, welche die Plattformen, teilweise mit, teilweise aber auch ohne eigene Intention hier geschaffen haben. Dazu muss man sich selbst die gesamten neunzig Minuten vor den Bildschirm setzen und zuhören. Einige Impressionen seien hier allerdings stellvertretend dargestellt: „der Studienwunsch brachte uns nach Deutschland, die Schulden dann zu Uber-Eats“ oder „mein Chef ist eine Whatsapp-Nummer“. Allein dies zeigt schon, dass die Bösen nicht am Fahrradlenker oder hinterm Steuer sitzen. Es sind vor allem Subunternehmen der weißwestigen Plattformen, die kaum fassbar sind und so Druck auf den Kessel bringen.

Sehr gut herausgearbeitet wurde in den Beiträgen aber auch, dass die Motivation zur Ausbeutung und deren gesellschaftlichen Folgen für die Digitalkonzerne daraus entsteht, dass sie es können – den Rest erledigt der Wettbewerb. Hier ist der Staat gefordert, um solch prekäre Beschäftigungsstrukturen inklusive Schwarzgeldzahlungen durch Subunternehmer zu unterbinden – beispielsweise durch eine mögliche Nachunternehmerhaftung, welche die Plattformer mitverantwortlich für ihre Subunternehmen macht. Allerdings scheint dies für “Vater Staat“ leider nicht einfach zu sein.

Bundessozialministerin Bärbel Bas hatte sich höchstpersönlich für den Beitrag interviewen lassen und verwies einerseits auf die Aufnahme der Plattformen in die Blacklist des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes im November und auch auf weitere Pläne – unter anderem auf EU-Ebene. Diese sollen wohl schon Ende 2026 verwirklicht werden. Dem Taxi- und Mietwagenverband (TMV) dauert dies zu lange. Er drängt Frau Bas in einem Schreiben auf eine schnellere gesetzliche Regeländerung.

Für Frau Bas ist die Lösung für dieses komplexe Problem nicht einfach, womit sie so viele Hoffnungen zerstörte, die der Berliner Abgeordnete Tino Schopf im Gewerbe kürzlich geweckt hatte, als er auf neue Pläne des Sozialministeriums zur Bekämpfung plattformbasierter Mietwagen verwiesen hatte.

Dem Taxigewerbe verbleiben somit für die Zukunft zunächst nur die beiden neuen PBefG-Tools des Tarifkorridors und der Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen in Kombination mit den mühseligen, aber oft unentbehrlichen Einzelnachweisen von Gesetzesverstößen durch die Mietwagen. Ein gangbarer Weg zu einer wirklich effektiven Auseinandersetzung mit den Plattformen auf einem fairen Levelplayingfield steht dagegen auch weiterhin aus, auch wenn sich nach Viele nach wie vor den Kopf darüber zerbrechen, wie hier Abhilfe möglich sein könnte.

Beide Sendungen sind unter diesen Links zu finden: Recherche Kurierfahrer und Talk Kurierfahrer und legen in ganzer Ausführlichkeit (immerhin 2x 45 Minuten) offen, was nicht nur auf den Straßen Berlins derzeit vor sich geht und wie schlecht die Gesellschaft letztlich dagegen aufgestellt ist, sich dagegen zu wehren. Wichtigster Faktor ist Aufklärung und Solidarität. Es kann und darf nicht sein, dass Uber-Eats, Lieferando und Co, aber auch Uber und Bolt gesellschaftlich auch noch als hipp und cool wahrgenommen werden. Hier muss jeder für sich versuchen, ein Umdenken zu initiieren … wenn es denn so gefühlt wird. rw

Beitragsfoto: Grafik Kurier, Remmer Witte

Tags: LieferdienstePlattformenPresseRBBTV
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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