Der in Berlin als Probebetrieb eingesetzte Ride-Sharing Dienst „Allygator“ wird seine Fahrgäste künftig nicht mehr direkt abholen, sondern sie an virtuellen Haltestellen ein- und aussteigen lassen.
Das habe der Betreiber seinen Kunden per Mail mitgeteilt, schreibt das Portal „NGIN-Mobility“, und interpretiert dies als „Paradigmenwechsel“. Schließlich steckt hinter dem Projekt Allygator das Unternehmen „Door to door“, also „Tür zu Tür“.
Bei Allygator handelt es sich um einen Ridesharing-Dienst, bei dem sich mehrere Fahrgäste mit unterschiedlichen Start- und Zielpunkten ein Fahrzeug teilen. Während der Probephase bietet man die Fahrten dank ADAC-Unterstützung kostenlos an und ist nur am Wochenende abends und nur in einem bestimmten Gebiet Berlins unterwegs. Bisher hatte man seine Fahrgäste immer bis vor die Haustüre bzw. Kneipeneingang gefahren. Weil sich laut NGIN-Mobility aber die Hausnummernsuche als zu langwierig erwiesen habe, hat der Dienst nun virtuelle Haltestellen eingeführt. Das Fahrzeug hält an Kreuzungen und lässt dort Fahrgäste ein- und aussteigen.
„Virtuelle Haltestellen ermöglichen uns, ein wenig schneller von A nach B zu kommen, weil es für unsere Fahrer einfacher ist eine Kreuzung zu finden als eine Hausnummer“, heißt es in der Mitteilung.
Allygator erklärt, dass die virtuellen Haltestellen ein Test seien. Man wolle für andere Märkte ausprobieren, wozu Passagiere bereit sind. Der wahre Grund dürften allerdings rechtliche Aspekte sein. Das Unternehmen, das in anderen Städten bereits sehr eng mit den dortigen Verkehrsbetrieben zusammenarbeitet und gerne auch mit dem Taxigewerbe zusammenarbeiten möchte, sieht sich als Ergänzung des öffentlichen Personennahverkehrs und strebt Linienverkehr-Lizenzen an. Die gibt es aber gemäß Personenbeförderungsgesetz nur mit Haltestellen – seien es nun reale oder virtuelle.
Anmerkung der Redaktion: Dass man Hausnummern nur schwer findet, dürfte eine faule Ausrede sein. Allygators Konzeptänderung hat ausschließlich rechtliche und finanzielle Gründe und ist symptomatisch für das, wofür diese Anbieter stehen: Wenn es sich nicht rechnet, wird ganz schnell ein wichtiger Kundenservice reduziert. Dann muss der Kunde eben zur nächsten Kreuzung laufen. Oder auch mit dem Rollstuhl oder dem Rollator hinrollen. Wenn der Kunde Glück hat, hält ihm bei schlechtem Wetter ein zufällig vorbeilaufender Passant den Regenschirm.
All diese Dienste sind Schön-Wetter-Rosinenpicker. Sie mögen eine sparsame Mobilitätsergänzung für eine Teil-Zielgruppe sein, aber sie nehmen dem Taxigewerbe einen lukrativen Teil des Geschäftes weg. Taxis fahren aber nicht nur freitagnachts junge, technikaffine Menschen. Taxis fahren alle Menschen dieser Gesellschaft zu allen Zeiten und an allen Orten – mit Fahrern, die immer in der Lage sind, Hausnummern zu finden.
Hinweis in eigener Sache: Diese Meldung können Sie auch in unserer Taxi Times-App nachlesen. Jetzt kostenlos runterladen.