Nachdem der bayerische Konzern sich vor vier Jahren vom Chauffeurgeschäft abwandte, erhalten die Mietwagen bei dem Familienunternehmen nun wieder größere Bedeutung.
Die Sixt SE blickt auf eine 111-jährige Geschichte zurück und ist dafür bekannt, immer wieder Kooperationen einzugehen oder zu beenden, neue Geschäftsfelder zu erschließen und dabei stetig weiter zu expandieren. Der neueste Coup des von den Brüdern Alexander und Konstantin Sixt geleiteten Unternehmens ist der Erwerb von Anteilen des Chauffeurdienstes Blacklane in Höhe von unter zehn Prozent.
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, hat der Autoverleiher aus Pullach im Isartal, einem Nachbarort von München, die Anteile im Rahmen einer neuen Finanzierungsrunde gezeichnet, die insgesamt 34 Millionen Euro eingespielt haben soll. Der größte Anteilseigner von Blacklane ist weiterhin Mercedes-Benz.
Die Blacklane GmbH ist ein 2011 in Berlin als Startup gegründetes Mietwagenunternehmen für gehobene Ansprüche, das sein Geschäft im Juni 2012 aufnahm und in den ersten Jahren geradezu explosionsartig wuchs. Bereits nach einem halben Jahr war der Anbieter in elf deutschen Städten aktiv. Mit Hilfe finanzstarker Investoren konnte das Unternehmen seine Geschäfte innerhalb eines Jahres auf Österreich, die Schweiz, die Niederlande, Italien, Frankreich und Großbritannien ausweiten. In der zweiten Jahreshälfte 2013 kamen innerhalb von 100 Tagen 100 Städte hinzu, so dass Blacklane zum Jahresende in 130 Städten in 45 Ländern aktiv war und knapp 60 Millionen Euro wert war. Auch heute wächst das Unternehmen noch.
Die Preise bei Blacklane liegen deutlich oberhalb der Taxitarife, weshalb der Anbieter keine direkte Konkurrenz für die Taxibranche ist. Das Unternehmen wirbt neben luxuriösen Fahrzeugen mit hoher Zuverlässigkeit und besonderem Service, etwa der Begleitung der Fahrgäste bis zum Flughafenschalter oder die Abholung an der Wohnungstür. Dafür stehen weltweit 20.000 Fahrer zur Verfügung, die meist auf Honorarbasis arbeiten.
Erst seit 2022 erwirtschaftet Blacklane nach eigenen Angaben Profit, wobei die Hälfte des Umsatzes in den USA erzielt wird, gefolgt von Europa und dem Nahen Osten (dort vor allem in Dubai). Im kommenden Jahr wollen die Blacklane-Gründer und ‑Geschäftsführer Jens Wohltorf und Frank Steuer erneut um rund 50 Prozent zulegen, auch mit Verbindungen über größere Entfernungen, die die Kunden anstelle von Kurzstreckenflügen nutzen sollen. „Wir haben schon 150 Städteverbindungen im Rahmen unseres City-to-City-Produktes, das wollen wir ausbauen“, zitiert das „Handelsblatt“ Wohltorf.
Durch die Kooperation mit Sixt will Blacklane sein Geschäft in den Vereinigten Staaten ausbauen. Der bayerische Autoverleiher hat an etlichen amerikanischen Flughäfen Geschäftsstellen und verfolgt dort seinerseits noch große Expansionspläne. Sixt und Blacklane wollen gemeinsam etablierten Anbietern wie Carey und Boston Coach Marktanteile abnehmen, schwerpunktmäßig zunächst in den Ballungsgebieten um New York und Los Angeles.
Sixt, klassischer Autoverleiher und Pionier in zahlreichen Geschäftsfeldern wie Leasing, Taxi oder Lkw-Verleih, hatte 2013 selbst versucht, den Geschäftszweig Mietwagen im Konzern zu etablieren. Mit der Gründung des Chauffeurdienstes myDriver machte der Konzern damals, Jahre vor dem Markteintritt von Uber, mytaxi alias Free Now oder Bolt, explizit dem Taxigewerbe Konkurrenz. Damals fiel das Taxigewerbe auch einer der gefürchteten Werbeprovokationen von Reklamelegende Jean-Remy von Matt und dem damaligen Firmenchef Erich Sixt zum Opfer, die das Taxi mit dem Spruch „… riecht nach Dönerkippeduftbaum“ lächerlich machten, um den eigenen Dienst anzupreisen, und dabei explizit zur Nichtbenutzung des Taxis aufforderten.
Später gab Sixt seinen Chauffeurservice auf und ging stattdessen 2019 eine Kooperation mit dem Taxigewerbe ein, die bis heute gut funktioniert. Im Zuge der Bekanntgabe der Zusammenarbeit erläuterte Sixt-Manager Johannes Boeinghoff, die Erfahrung habe gezeigt, dass es nicht wirtschaftlich möglich sei, individuelle Personenbeförderung zu Preisen unterhalb der Taxitarife anzubieten.
Auch Blacklane hat sich in der Vergangenheit mit unlauterem Wettbewerb beim Taxigewerbe unbeliebt gemacht. Das Unternehmen hatte beim Vergleich seiner Preise mit denen des Taxigewerbes laut Wikipedia versteckte Kosten bei Taxifahrten unterstellt, welche Posten wie 10 Prozent Preiserhöhung auf Grund von Verspätungen oder 10 Prozent Trinkgeld beinhalteten. Mit diesen Tricks stellte Blacklane seine Netto-Preise günstiger im Vergleich zu Taxifahrten dar. Dies wurde von Juristen als Verleumdung angesehen. Blacklane musste den Vergleich von seiner Webseite entfernen, um eine Strafe von 250.000 Euro oder ein halbjähriges Geschäftsverbot zu vermeiden. ar
Beitragsbild: Firmensitz von Blacklane; Foto: Axel Rühle