In einer gemeinsamen Stellungnahme haben führende Verkehrsexperten der SPD ihre Position zur geplanten Änderung des Personenbeförderungsgesetzes festgelegt. Eine Aufhebung des Verbots der Einzelplatzvermietung sei unnötig, die Abschaffung der Rückkehrpflicht wird von den Sozialdemokraten rundweg abgelehnt.
Die unserer Redaktion vorliegende Stellungnahme umfasst sechs Seiten und wird von namhaften SPD-Politikerinnen und Politikern verantwortet. Neben Sören Bartol, dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, sind dies die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Verkehr und digitale Infrastruktur der SPD-Bundestagsfraktion und ihr Partei- und Ausschuss-Kollege Detlef Müller, Berichterstatter für die Reform des Personenbeförderungsgesetzes der SPD-Bundestagsfraktion. Auf Länderebene haben an der Stellungnahme Andreas Rieckhof und Jürgen Barke mitgewirkt. Rieckhof ist Staatsrat in Hamburg bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Barke ist Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr und damit unmittelbar der saarländischen Verkehrsministerin Anke Rehlinger unterstellt, die wiederum zusammen mit Frau Lühmann die SPD innerhalb der achtköpfigen Findungskommission vertritt, die am 10. Mai auf Einladung von Verkehrsminister Scheuer zusammentreten wird.
Somit ist also zu erwarten, dass genau dort die SPD ihre Position gegenüber dem Gastgeber der Findungskommission klarmachen wird. Diese Position enthält zahlreiche Argumente, die seit Monaten und Jahren von der Taxibranche immer wieder eingebracht wurden. Das wichtigste aus Sicht des Taxigewerbes vorweg. Die SPD lehnt die Aufhebung der Rückkehrpflicht für Mietwagen ab. „Durch die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen entfiele das wesentliche Abgrenzungskriterium zwischen Mietwagen und Taxis“, heißt es in der Stellungnahme. „Den Mietwagen würden mit einem Schlag die wesentlichen, bislang den Taxis vorbehaltenen Vorteile gewährt, ohne dass dies mit einer Ausweitung der Pflichten einhergehen würde. Dem Taxigewerbe würde ein struktureller Wettbewerbsnachteil entstehen, den es nicht überleben könnte.“
Als in der Praxis nicht durchsetzbar bezeichnet die SPD den Vorschlag des Verkehrsministers, den begünstigten Mietwagenunternehmen durch die zuständigen Genehmigungsbehörden ein sogenanntes „Aufstellverbot“ aufzuerlegen. „Es wird -mangels Kontrollmöglichkeiten – in der Praxis nicht verhindern, dass diese trotzdem in die Regionen einfahren“, führen die SPD-Verkehrsexperten aus. Dazu komme, dass die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen nicht zu weniger Leerfahrten führe, „da die Mietwagenfahrer nach Beendigung einer Fahrt auf der Suche nach neuen Fahrgästen durch die Städte fahren würden, was im Ergebnis zu Mehrfahrten durch „Kreisen“ im Stadtgebiet und zu einem unfairen Wettbewerb zu Lasten der Taxis führen würde, die als einzige Verkehrsart neben dem Linienverkehr berechtigt ist, ohne Vorbestellung Fahrgäste aufzunehmen.“
Die Aufhebung des Verbots der Einzelplatzvermietung für Mietwagen und der ausschließlichen Bestimmung des Fahrtweges durch die Fahrgäste sieht die SPD als entbehrlich an: „Es besteht aus heutiger Sicht keine Notwendigkeit, den Umweg über eine Öffnung des Mietwagenverkehrs zu gehen, wenn privatwirtschaftlich organisierte digitale Pooling- oder „on demand“-Angebote von Mittelständlern und neuartigen plattformbasierten Anbietern im Rahmen der Vorschriften für den ÖPNV geregelt oder als neue Verkehrsform definiert werden“, formuliert die SPD ziemlich sperrig, wird anschießend aber sehr viel konkreter: „Die vorgeschlagene Möglichkeit für die Verkehrsbehörden der Kommunen, die Vermietung von Einzelplätzen in Mietwagen zu versagen, wenn die „Funktionsfähigkeit des Linienverkehrs oder eines Teilnetzes“ gefährdet sei, erscheint darüber hinaus in der Praxis nicht umsetzbar. Die kommunalen Entscheidungsträger dürften dies nur schwer nachweisen können. Es ist damit zu rechnen, dass große Plattformanbieter regelmäßig und ausdauernd gegen Versagungen vor Gericht vorgehen würden, was zu neuen rechtlichen Unsicherheiten führt.“
Sehr ausführlich bezieht die SPD Stellung zum Punkt „Einordnung von ÖPNV Ride Pooling-Diensten als Linienverkehr“. Man halte es für sinnvoll, „on demand“ – Verkehre der kommunalen Verkehrsunternehmen als ein zusätzliches Angebot in den ÖPNV-Linienverkehr über virtuelle Haltestellen zu integrieren. „Wichtig ist, dass die neuen digitalen Angebote den bestehenden ÖPNV sinnvoll ergänzen, es nicht zu einer gegenseitigen Kannibalisierung mit vorhandenen Angeboten kommt und die gleichen Rechte und Pflichten wie für den klassischen ÖPNV gelten.“
Die SPD hält es für geboten, „die Rolle von solchen Ride-Pooling Angeboten von mittelständischen Unternehmen und neuen plattformbasierten Anbietern, die unabhängig von den kommunalen ÖPNV-Unternehmen agieren, zu regeln. Dies könnte nach dem Vorbild der bisherigen Regulierung von privatwirtschaftlichen Verkehren im klassischen ÖPNV erfolgen.“ Allerdings könne man es sich auch vorstellen, die „privatwirtschaftlichen netzgebundenen Pooling-Dienste als eigene Verkehrsform innerhalb des Personenbeförderungsrechts zuzulassen, sollten sich diese Verkehrsformen nur schwer in den klassischen Formen der Linien- und Gelegenheitsverkehre einordnen lassen.“
Die Genehmigungsfähigkeit solcher Ride-Pooling-Dienste sollte davon abhängig gemacht werden, „dass tatsächlich Fahrten in erheblichem Umfang geteilt werden und das Angebot nicht auf die Innenstadtzonen der großen Städte beschränkt bleibt, und dass umweltfreundliche Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Sofern diese „Ride-Pooling-Anbieter“ Teil eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, sollten sie einer Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht unterliegen. In jedem Fall müssen attraktive und gute Arbeitsbedingungen, gute Entlohnung und hohe Standards bei allen Formen der Beförderungsleistungen sichergestellt werden.“
Bezüglich der rechtlichen Eingruppierung von (digitalen) Fahrtenvermittlern befürwortet die SPD, „die Genehmigungspflicht auf die digitale Vermittlung von Fahrten zur Personenbeförderung auszudehnen.“ Dies würde bedeuten, dass auch Auftragsvermittler (inklusive der bisherigen Taxizentralen) dem PBefG unterliegen. Man würde damit Hinweise des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofs aufgreifen, argumentiert die SPD, warnt allerdings davor, „die Genehmigungspflicht ohne weitere Konditionierung auf die digitale Vermittlung auszudehnen. Insbesondere gilt dies, wenn dadurch die Genehmigung vor Ort ersetzt würde. Dies könnte dazu führen, dass digitale Vermittler, welche den Zugang zum Angebot durch Vertragsabschluss mit den Fahrgästen, dessen örtliche und zeitliche Ausgestaltung, die Beförderungsbedingungen, den Fahrzeugeinsatz und insbesondere auch die Preise bestimmen, Zugang zum deutschen Verkehrsmarkt bekämen, ohne eigene Anforderungen erfüllen zu müssen.“
Die SPD-Politiker nennen an dieser Stelle erst- und einmalig den Nutznießer einer solchen Regelung beim Namen: „Das Geschäftsmodell UBER wäre damit pauschal legalisiert. Andere digitale Anbieter wie Google, Amazon oder ähnliche Unternehmen könnten, ohne für die vermittelten Fahrten und ihre Rechtsmäßigkeit einstehen zu müssen, ebenfalls die Vermittlung des Transports von Personen übernehmen. Es braucht also hinsichtlich der Genehmigungspflicht der digitalen Vermittlung noch eine darüber hinausgehende begleitende Regulierung.“
Auch wenn dies alles sehr positiv aus Sicht des Taxigewerbes klingt: Eine generelle Beibehaltung des bisherigen PBefG sieht die SPD nicht. Dies machen die Verkehrsexperten bereits in ihrer Vorbemerkung zu ihrer Stellungnahme deutlich: „CDU/CSU und SPD haben im Bund im Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Personenbeförderungsrecht modernisiert und die Rahmenbedingungen für den öffentlichen Verkehr und neuartige Bedienformen im Bereich geteilter Nutzungen (Ride Pooling) und digitaler „on demand“-Verkehre an die sich ändernden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen und neue technischen Entwicklungen angepasst werden sollen.“
Dabei sieht man auch im Taxiverkehr einigen Änderungsbedarf und schlägt beispielsweise vor, „in einem sozialverträglichen Rahmen die Entgelte für Sharing-Angebote im Taxenverkehr zu flexibilisieren. Dabei sollte eine Unter- und Obergrenze gelten, die sich an dem geltenden ÖPNV-Tarif für Busse und Bahnen (Untergrenze) und dem durch die Kommune genehmigten Taxitarif einer Strecke (Obergrenze) orientiert.“
Da zudem die Ortskundeprüfung „angesichts der Durchdringung mit Navigationsinstrumenten“ an Bedeutung verliert, hält es die SPD für sinnvoll, „dass die Ortskundeprüfung für Taxifahrer (§ 48 Abs. 4 Nr. 7 FeV) durch einen „kleinen Fachkundenachweis“ für alle Fahrerinnen und Fahrer im Taxi-, Mietwagen- und Pooling Dienst ersetzt wird (z.B. Verkehrsverhalten, Taxi- und Mietwagenrecht, Steuerrecht, Zi-vilrecht, Überfallsicherheit). Angesichts des Mangels an Fahrpersonal stellt die Tatsache, dass die Ortskundeprüfung allein für Taxiunternehmer vorgeschrieben ist, eine Wettbewerbsverzerrung dar.“
Die SPD bezeichnet ihre Vorlage übrigens als „eine erste Kommentierung, die jedoch noch nicht abschließend ist.“ jh
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar.
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SPD macht das richtige toll.mfg
Die Abschaffung der OKP wird auch ein Fehler seien ob navi hin oder her .
Die Abschaffung der Ortskundeprüfung halte ich für einen bösen Fehler.
Sie leistet einer De – Qualifizierung Vorschub.
Um auf Dauer gute Qualität im Personbeförderungsgewerbezu leisten, muss endlich zusätzlich zur bisherigen OKP auch Fachkunde in Hinsicht Kundenumgang gelehrt und geprüfte werden.
Dann haben wir gute Chancen, uns als Taxi als die echten Profis im Umgang mit Menschen von unserer derzeit kriminell agierenden Konkurrenz abzugrenzen.
Wer weiß, wie er einem Rolli-Fahrer richtig helfen kann, wer der älteren Dame, die nicht mehr so gelenkig ist wie mit dreißig, den Riemen ihrer Tasche vom Hals nehmen lässt (damit sie sicher angeschnallt werden kann ohne von der eigenen Tasche gefährdet zu werden), wer aussteigt um den Kunden in Augenhöhe zu begrüßen und sich dann auch noch ruhig und entspannt im Verkehr benimmt, – der hat dann schon mal ein paar Dinge richtiger gemacht.
Es reicht sicher nicht, die rein rechtlichen Aspekte in eine Fachkundenachweis aufzunehmen.
Personen zu befördern ist bei weitem sensibler als Packerl abzuwerfen.
Das wird leider derzeit auch im Taxi oft nicht beachtet.
Die Erzählungen von Fahrgästen sprechen Bände.
Unser Beruf wird unterbewertet. Er ist bei weitem fordernder als nur ein Navi bedienen zu können.
Und wenn Navi mal nicht geht, wer lotst dann?
Fachkunde muß ausgeweitet werden!
Im Handwerksbereich hat man das erkannt und es wird über Wiedereinführung der Meisterpflicht diskutiert.
Wir sollten voran gehen bei der Verbesserung der Qualifikation!