Seit gestern gibt es auch in Krefeld eine „neue“ Verkehrsart. Der öffentliche Nahverkehr soll in den Nachtstunden durch ‚SWCAR‘, ein appbasiertes Pooling-Angebot, ergänzt werden. Die Preise liegen zwischen ÖPNV und Taxi. Bezahlt wird ausschließlich mit Kreditkarte oder Apple Pay. Am Steuer sitzen Fahrer eines Krefelder Taxiunternehmens.
Ins Leben gerufen wurde dieser Fahrdienst von den Krefelder Stadtwerken, die dort auch den ÖPNV betreiben. Nachts zwischen 20 und 4 Uhr stehen fünf Plug-In-Hybridfahrzeuge (LEVC „London Taxis“) für Pooling-Fahrten innerhalb des Krefelder Stadtgebietes zur Verfügung. Die Software für die Zusammenlegung der Strecken kommt von ‚ioki‘ (Deutsche Bahn).
SWCAR operiert mit virtuellen Haltestellen, 20.000 an der Zahl. Das entspricht ca. 140 virtuellen Haltepunkten pro Quadratkilometer oder einer virtuellen Haltestelle pro 11 Einwohnern.
Die Tarife sind gestaffelt. Eine Fahrt bis zu fünf Kilometern kostet beispielsweise 5,90 Euro, wenn die Fahrt von mehreren Fahrgästen zusammen gebucht, wird zahlen Mitreisende pro Person zwei Euro. Für zusteigende Fahrgäste bei zusammengelegten Fahrten gilt dann wieder dasselbe. Dazu kommen Rabatte, etwa für Abo-Kunden der Stadtwerke.
Bestellt werden kann nur über eine App, bezahlt werden kann nur mit Kreditkarte oder Apple Pay.
Gefahren werden die Wagen von Fahrern eines Krefelder Taxiunternehmens. Diesen Weg hätte man gewählt um zu zeigen, dass man den Taxifahrern keine Konkurrenz machen wolle. Laut rp-online hätte es keine Ausschreibung gegeben, man hätte bei der Taxizentrale angefragt, die hätte kein Interesse gezeigt, dann habe man sich für die Zusammenarbeit mit dem Taxibetrieb Knorrek entschieden. Warum es keine Konkurrenz zum Taxi sein soll, nur weil Taxifahrer die Fahrzeuge bewegen wird nicht näher erläutert.
Zur Präsentation des Angebots reiste auch der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) an, der im Übrigen auch Mitglied der Findungskommission des Bundesverkehrsministeriums ist, die derzeit über das vom Taxigewerbe hart kritisierte Eckpunktepapier berät. Wüst brachte laut ‚westdeutscher Zeitung‘ seine Freude darüber zum Ausdruck, dass es nun einen weiteren städtischen Beitrag zu den landesweiten Bemühungen gäbe, „kluge Mobilität mit digitaler Technik auf die Straße zu bringen“, auch wenn das Vorhaben ganz sicher ein Defizit-Geschäft werde.
Der Vorstand der Stadtwerke, Carsten Liedtke, betonte, dass es nicht darum ginge, Geld zu verdienen, sondern die Chance zu nutzen als erste die Idee aufzugreifen. Es ginge darum, in den Nachtzeiten, wenn die Taktung des ÖPNV niedriger sei, den Menschen eine komfortable Anbindung zu ermöglichen. Wohlgemerkt SWCAR verkehrt ausschließlich innerhalb der Stadtgrenzen Krefelds. Hier wird auch die Abgrenzung zum Taxigewerbe gesehen: Taxis dürften ja Passagiere auch aus der Stadt heraus befördern.
Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) sprach von innovativer, umweltschonender Technik. Moderne, neue Lösungen in der Praxis auszuprobieren sei genau der richtige Weg. Das Thema Umwelt- und Klimaschutz werde immer bedeutender, gleichzeitig würden die Mobilitätsbedürfnisse immer individueller. Daraus kann geschlossen werden, auch wenn es in den Presseberichten nicht weiter erwähnt wird, dass es sich auch bei SWCAR um einen Erprobungsverkehr nach §2(7) PBefG handelt. Und auch, dass das Narrativ der klimafreundlichen neuen Verkehrsarten weiter hochgehalten wird. Viele Studien, die das Gegenteil bezeugen, bleiben ungehört.
Die Westdeutsche Zeitung findet dazu folgende Worte: „Wer schon immer mal in einem Großraum-Taxi wie in London durch seine Stadt chauffiert werden wollte, hat ab Dienstagabend die Möglichkeit dazu. Bis zu fünf Kilometer für 5,90 Euro“. Eine vergleichsweise ehrliche Aussage. Dass es sich hier um Werbung mit Billigpreisen handelt und sowohl um Konkurrenz zum Taxigewerbe als auch zum ÖPNV, lässt sich genauso wenig schön reden, wie die Tatsache, dass mehr Autos auf die Straße gekommen sind, die unweigerlich mehr Verkehr erzeugen und mehr Energie verbrauchen. Auch wenn es in Krefeld nur fünf Fahrzeuge sind und am Ende der Kette immerhin ein taxibetrieb als ausführender Dienstleister zum Zug kommt. ys
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