Eine Taxiunternehmerin kämpft gegen den Untergang und für eine Anpassung des Taxitarifs im Landkreis Altötting – die dritte in 20 Jahren. Was sie bei diesem Kampf erlebt, ist viel Stoff für einen schlechten Film.
Ende gut, alles gut: Kathrin Hennrich hat einen anstrengenden und ernüchternden Kampf gewonnen. Der Taxitarif in ihrem Landkreis ist Anfang des Monats endlich angepasst worden. Dafür musste sie einiges tun, was eigentlich nicht Aufgabe von Kleinunternehmern ist. Sie führt einen Taxibetrieb mit drei Wagen in einem oberbayerischen Städtchen, das näher an Salzburg liegt als an München. Im Landkreis Altötting mit seinen 114.500 Einwohnern, der im bayerischen Landesvergleich durchschnittlich dicht besiedelt ist, lebt das Taxigewerbe mehr von Krankenfahrten als von Gelegenheitsfahrgästen oder gar Nachtschwärmern. Obwohl die Krankenkassen dem Gewerbe so wie nahezu überall einen Dumpingwettbewerb aufzuzwingen versuchen und bei weitem nicht bereit sind, Fahrten zum üblichen Taxitarif zu bezahlen, kann es auf Dauer auch zu erheblichen finanziellen Problemen führen, wenn das Landratsamt notwendige Tarifanpassungen verschläft.
Dieser Vorwurf beschreibt nur allzu genau die Vorgehensweise im Landkreis Altötting. Dort ist der Taxitarif im zurückliegenden Vierteljahrhundert ganze dreimal erhöht worden. Nachdem die Fahrpreise im Zuge der Euro-Einführung 2002 lediglich umgerechnet, aber nicht erhöht wurden, datieren die letzten Tarifanpassungen von Juli 2013, Juli 2022 und nun, nach langem, zähen Kampf, vom 1. September 2024. Um diese aktuelle Erhöhung zu erreichen, musste Kathrin Hennrich sich erheblich verausgaben und gegen Widerstände ankämpfen, deren Sinn nicht erkennbar war, wie sie gegenüber Taxi Times berichtet.
In dem 9.000-Einwohner-Städtchen Neuötting, das sie „unser Dorf“ nennt, sind die Wege kurz und es kennt so ziemlich jeder jeden. Vor allem kennt man die zuständigen Mitarbeiter des Landratsamtes, insbesondere, wenn sie schon länger im Amt sind, als der eigene Taxibetrieb existiert – was im Fall von Kathrin Hennrich zehn Jahre sind. So wies sie die zuständige Mitarbeiterin der Genehmigungsbehörde vor anderthalb Jahren darauf hin, dass eine Anpassung des Taxitarifs ein Jahr nach der letzten Anpassung aufgrund der sich rasant verändernden Kosten bereits erneut überfällig sei. Die Antwort, die sie erhielt, gibt sie verkürzt wieder: Dann tut ihr Unternehmer euch mal zusammen und stellt einen Antrag! Das wäre in den Augen der Unternehmerin „ein Ding der Unmöglichkeit“, da dies ein kooperatives Vorgehen mehrerer Seiten voraussetze, was dort aber zwischen den Konkurrenten leider nicht gegeben sei.
Eine untätige Behörde handelt rechtswidrig, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommt. Der Taxiverkehr ist allerdings auch nur eine unter einer Vielzahl von Zuständigkeiten der Landratsämter. Kathrin Hennrich las sich ein Stückweit in die Materie ein und forderte das Landratsamt zum Handeln auf, da sie ein wirtschaftliches Agieren ihres Betriebes als zunehmend schwerer ansah. Um die Sache zu beschleunigen, schickte sie ihren Wettbewerbern, die ihrer Einschätzung nach das gleiche Interesse haben sollten, ein Blatt, auf dem diese ihre Situation darlegen und das Landratsamt ebenfalls zum Handeln auffordern sollten. Um es ihnen leicht zu machen, gestaltete sie den Bogen so, dass an vielen Stellen nur Kreuzchen nötig waren, bevor der Bogen an die Behörde zu schicken war.
Erschwert wurde die Situation durch das sehr zögerliche Handeln sowohl der zuständigen Sachbearbeiterin als auch des Vorgesetzten. Beiden habe Hennrich versucht klarzumachen, welche behördenseitigen Verordnungen jeweils zu welchen Konsequenzen im Gewerbe führen.
So kam das Verfahren dann doch ins Rollen, und sie berichtet von einem recht konstruktiven Gespräch im November 2023, bei dem sie unter anderem erfuhr, dass nur Zwei der von ihr befragten sieben Mitbewerber ihre ausgefüllten Fragebögen eingereicht hatten, doch „wegen Datenschutz“ erfuhr sie weder die Antworten noch die Identität der Absender. Sie wurde gefragt, ob sie nicht einen Entwurf für eine Verordnung zur Tarifänderung schreiben könne, da sie offensichtlich besser in das Thema eingearbeitet sei. Das sah sie zwar nicht als ihre Aufgabe an, doch aus Sorge, es könnte sich ewig verzögern, entwarf sie den Text für eine solche Verordnung und wies das Landratsamt darauf hin, dass sie keine Juristin ist und die Behörde für die rechtliche Überprüfung zuständig sei. Die Behörde habe den Entwurf dann im Januar 2024 zur Überprüfung an den Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen und an die zuständige IHK geschickt.
Wenig später erhielt Hennrich die Nachricht, die von ihr angedachte Tarifanpassung sei von beiden Institutionen abgelehnt worden und sei auch rechtlich nicht umsetzbar. Warum genau, habe sie „wegen Datenschutz“ nicht erfahren. Damit schien die Angelegenheit für die Behörde erledigt. Die IHK habe ihr geraten, doch einfach vom Taxi auf Mietwagen umzusteigen, um die leidige Tarifpflicht zu umgehen. Sie widersprach entschieden: Sie habe sich seinerzeit bewusst für Taxis und gegen Mietwagen entschieden, um Sicherheit durch einen Tarif zu haben und nicht in das grenzenlose Preisdumping der Krankenkassen zu geraten.
Nach einigem weiteren Hin und Her, mehreren Nachfragen, einem Pressebericht, dem Einschalten eines Anwalts, einer abgewiesenen Dienstaufsichtsbeschwerde und einer Fachaufsichtsbeschwerde legte das Landratsamt im Juni schließlich einen neuen Entwurf für eine Tarifverordnung vor, womit es auch auf Anträge anderer Unternehmer reagiert habe – wobei es wiederum ein Datenschutz-Geheimnis blieb, welche das waren. Kathrin Hennrich hat zu den sieben Mitbewerbern im Landkreis kaum Kontakt.
Seit 1.9. gilt nun endlich ein neuer Taxitarif im Landkreis Altötting. Vielleicht sollte Kathrin Hennrich schon jetzt überlegen, wann sie dem Landratsamt die nächste Tarifanpassung vorschlägt. Doch zunächst muss sie sich weiter mit den Taxameterwerkstätten und der Eichbehörde herumschlagen, damit sie möglichst bald den seit drei Wochen geltenden Tarif in die Taxameter einprogrammiert und diese dann auch noch zeitnah geeicht bekommt. Doch diese Unwägbarkeiten sind eine eigene Geschichte. Wie sie ausgegangen ist, wird in der nächsten Print-Ausgabe der Taxi Times nachzulesen sein. Diese wird Ende Oktober erscheinen. ar
Hinweis der Redaktion: Unsere Redaktion hat lange abgewägt, ob bei dieser Geschichte der volle Name der Unternehmerin genannt werden soll, schließlich muss sie ja auch in Zukunft gut mit ihrer Genehmigungsbehörde zusammenarbeiten. Wer allerdings fair und sachgerecht behandelt werden soll, muss auch den Mut zur Transparenz haben. Kathrin Hennrich hatte diesen Mut – und nur die Mutigen werden auch wirklich etwas verbessern.
Beitragsbild: Symbolfoto Axel Rühle
Auch in Koblenz gestaltet sich eine Tariferhöhung als schwierig. Als Antragsteller erhalte ich nicht einmal eine Antwort auf den eingereichten Antrag. Eine betriebswirtschaftliche Kostenkalkulation ist beigefügt, welche eindeutig belegt, dass nicht nur gestiegene Personal- und Fuhrparkkosten die Notwendigkeit einer Erhöhung eindeutig belegen. Selbst eine Unterschriftenliste, die zeigt, dass die Mehrheit der Unternehmer in Koblenz den Antrag befürwortet ist beigefügt. Das gestörte Vertrauen in Verwaltungen, die notwendige Entscheidungen verzögern, beziehungsweise Anträge gar nicht beantworten muss nicht weiter kommentiert werden. Ich frage mich, ob diese Schwierigkeiten speziell an unserem Gewerbe liegen, da ähnliche Probleme auch in anderen Regionen auftreten. Möglicherweise trifft dieser Eindruck jedoch nicht auf die Mehrheit der Verwaltungen zu?
Der ursprünglich vorgelegte Antrag auf Tarifanpassung für das Taxi-Gewerbe im Landkreis Altötting konnte aufgrund formaler Mängel nicht befürwortet werden. Der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e. V. hat sich im Rahmen der Anhörung nach § 14 Abs. 2 und 4 PBefG dafür ausgesprochen, diesen untauglichen Antrag durch eine Antragstellung auf Erhöhung der Beförderungentgelte zu ersetzen, was in einem zweiten Schritt unter fachlicher Begleitung des LVBTM e.V. auch zielführend umgesetzt werden konnte.
Zumindest scheint in dieser Gemeinde möglicherweise die Kostenstruktur stabil zu sein. Bzw. andererseits die Auftragslage gut. Anders kann ich es mir kaum vorstellen, dass innerhalb von 20 Jahren drei Preiserhöhungen ausreichen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Wenn ich Fuhrparkkosten und Lohnentwicklung der letzten 20 Jahre betrachte ist das für mich nicht nachvollziehbar.