Keine Nachtschichtpflicht, sondern Dialog über Taxis als Teil des ÖPNV – das ist das Ergebnis einer entschiedenen Intervention zweier Taxiverbände sowie der örtlichen IHK im brandenburgischen Landkreis Oberhavel.
Das Landratsamt Oberhavel hatte die ansässigen Taxiunternehmer aufgeschreckt: Mit einer neuen Taxiordnung sollten Unternehmen mit mehr als drei Fahrzeugen verpflichtet werden, ein ausreichendes Mobilitätsangebot sicherzustellen – also auch nachts, wenn es kaum möglich sein dürfte, die Kosten der Schicht einzufahren. Der Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V. (TVB) intervenierte vehement, auch mit Unterstützung der örtlichen IHK und des Bundesverbands Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM). Ende November kam es zum Treffen in Oranienburg.
Der dünn besiedelte Landkreis Oberhavel mit seiner großen Nord-Süd-Ausdehnung und seinen riesigen Landschafts- und Naturschutzgebieten grenzt im Süden an die Hauptstadt und im Norden an Mecklenburg Vorpommern. Von den etwas über 200.000 Einwohnern des Kreises lebt etwa jeder vierte in der Kreisstadt Oranienburg. Wie in vielen Landkreisen ist es für die Taxiunternehmen gerade in der Woche kaum möglich, für die geringe Nachfrage am späten Abend und in der Nacht ein Angebot aufrechtzuerhalten.
Diese Lage rief die Mobilitätsdezernentin des Landkreises Katja Hermann auf den Plan. Für sie ist klar: Es muss sich etwas verbessern in Oranienburg und Umland. Der Hebel, den sie zunächst wählte, war die Taxiordnung. Unternehmen mit mehr als drei Fahrzeugen sollten verpflichtet werden, ein „ausreichendes“ Angebot sicherzustellen. Doch nach der Intervention des Gewerbes und mit Unterstützung der Lokalpolitik wurde die Vorlage vorerst zurückgezogen – ein wichtiger Etappensieg, aber keine Lösung für das grundlegende Problem.
Nun fanden zwei Gesprächsrunden statt. Die erste auf Einladung der Industrie- und Handelskammer: Mit Taxiunternehmern aus dem Landkreis, dem Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V. und Bundesverbands-Geschäftsführer Michael Oppermann. Die Unternehmer machten klar: Sie würden gerne Spät- oder Nachtschichten besetzen, doch wäre dies einfach unwirtschaftlich. Die IHK Oberhavel wurde durch Christian Streege vertreten, die IHK Potsdam durch Pascal Hoyer.
Das zweite Gespräch folgte kurz darauf auf Einladung der Kreisverwaltung mit IHK, Landes- und Bundesverband. Für den Landesverband war Fred Meier jeweils vor Ort, selbst Unternehmer mit über 40 Fahrzeugen im südwestlich angrenzenden Landkreis Havelland. Für den Bundesverband nahm Geschäftsführer Michael Oppermann beide Termine vor den Toren Berlins wahr.
Ergebnis: Es kam ein Dialog über Taxis als Teil des ÖPNV zustande, statt dass eine „Nachtschichtpflicht“ verfolgt würde. Hierzu will die Dezernentin Anfang des kommenden Jahres eine Runde mit Unternehmen und Verbänden einberufen. Sie machte deutlich: Ihr geht es gar nicht darum, Taxiunternehmen mit neuen Pflichten zu belegen, aber sie will ein verbessertes Mobilitätsangebot.
Die Gewerbevertreter hatten eindringlich darauf bestanden, dass sich der Betrieb der Taxis rechnen muss. Fred Meier: „Wir haben deutlich gemacht, dass man den Unternehmerinnen und Unternehmern in der jetzigen Situation keine zusätzlichen Pflichten aufbürden kann. Zusätzliche Verpflichtungen ohne Ausgleich aus den ÖPNV-Töpfen sind der völlig falsche Weg. Unsere Unternehmen stehen bereit, aber sie können für ihre Arbeit nicht noch drauflegen.“
Die Gewerbevertreter skizzierten mögliche Lösungen. Oppermann: „Wir haben das Modell ÖPNV-Taxi auf den Tisch gelegt, bei dem das Taxi bedarfsgerecht den Linienverkehr ergänzt, hierfür aber auch wirklich einbezogen wird in den ÖPNV. Aber auch kleine Lösungen haben wir angerissen: 50/50-Taxi, Frauen-Nacht-Taxi. Alle Lösungen, die eine auskömmliche Spät- und Nachtschicht ermöglichen können, gehören jetzt auf den Tisch.“ Oppermann hatte auch einen Flyer für Behörden mitgebracht, der die Vorzüge des ÖPNV-Taxis übersichtlich darstellt.
Abschließend gab Meier der Kreisverwaltung mit auf den Weg: „Wenn Sie zum nächsten Termin einladen – schreiben Sie nicht als Betreff ‚Gespräch über Taxiordnung‘, sondern wählen sie dafür die Stichworte ‚Einbindung‘ und ‚ÖPNV‘.“ ar
Beitragsbild: Michael Oppermann (Bundesverband), Christian Streege (IHK Oberhavel), Fred Meier (Taxiverband Berlin, Brandenburg), Pascal Hoyer (IHK Potsdam) (v.l.n.r.); Foto: BVTM