Deutsche Touristen attackieren Taxifahrer auf Mallorca brutal – diese Nachricht hat wohl zu Recht schockiert, besonders Taxifahrer und ‑fahrerinnen. Interessant, was da genau passiert, wenn der nette Taxifahrer mit einem Mal zum Buhmann wird. Warum trauen die Menschen ihren Taxifahrern nicht?
Eine deutsche Touristen-Gruppe verprügelt auf Mallorca einen Taxifahrer. Was war passiert? Der Taxifahrer schob in der Nacht von Montag auf Dienstag eine Nachtschicht an der Playa de Palma. Eine Gruppe von sieben Personen habe zwei Taxis gebucht, berichtete er der Mallorca-Zeitung. Nachdem er seine Fahrgäste an ihrem Hotel rausgelassen hatte, habe plötzlich das Handy eines der Fahrgäste gefehlt. Man stellte zunächst das Taxi auf den Kopf und suchte nach dem Handy. Dann hätten ihm die Deutschen befohlen, die Polizei zu rufen und ihm unterstellt, das Gerät geklaut zu haben.
Zumindest bis hierhin kennen viele Taxifahrer und auch ihre Disponenten und Unternehmer diese Geschichte oft aus eigenem Erleben, auch wenn der in dieser Geschichte folgende Gewaltexzess natürlich jeden Rahmen sprengt. Die Gewalt ist völlig inakzeptabel und glücklicherweise auch nicht der Alltag der Taxler weltweit. Aber auch die oft reflexartige Unterstellung, dass alle Taxifahrer Schlawiner sind, denen man besser nicht trauen sollte, weil sie jede Chance nutzen, ihre Fahrgäste zu betrügen, tut der Seele vieler ehrlicher Taxler immer wieder aufs Neue weh.
Das Telefon oder das Portemonnaie ist verschwunden und natürlich kann es nur der Taxifahrer sein, der es gestohlen hat. Entweder fangen die aufgebrachten Kunden schon vor Ort an zu diskutieren, gern aber erst, nachdem das Taxi wieder davongefahren ist, manchmal auch erst am nächsten Tag. Und während die Telefonisten oder Unternehmen noch versuchen, das Geschehen zu rekonstruieren – wo genau haben Sie denn gesessen, wann haben sie das Smartphone/die Börse denn das letzte Mal genutzt –, kippt die Stimmung und einige Kunden oder auch deren Angehörige unterstellen Ihren Taxifahrern oder ‑fahrerinnen (hier ist das Geschlecht mit einem Mal verwunderlicherweise auch nicht mehr sonderlich relevant), diese hätten sich das verlorene Objekt illegal angeeignet.
Es ist wohl die genetisch einprogrammierte Angst vor dem Fremden, die sich hier bemerkbar macht. „Ich habe nichts gegen Fremde, aber diesen Fremden kenne ich nicht“, so lässt sich – leicht verändert – schon Methusalix aus den Asterix-Comics zitieren, und wohl niemand ist frei von dieser Angst. Im Taxi aber muss ich mich neben oder hinter einen Fremden setzen und diesem auch noch anvertrauen, und damit bin ich in höchstem Maß alarmbereit, vor allem, wenn ich selten oder eben in der Fremde Taxi fahre. Weiblichen Fahrerinnen wird hier zwar klassisch etwas mehr Vertrauen entgegengebracht, was sich viele männliche Vertreter unserer Spezies oftmals auch nicht ganz zu Unrecht anlasten lassen müssen, aber spätestens wenn den Kindern das Handy fehlt, ist auch diese Toleranz oft vorbei, und vor allem wohlmeinende Angehörige werden unverhofft zu reißenden Bestien.
Diese Angst lässt sich nur durch regelmäßiges Taxifahren heilen, vor allem außerhalb der Metropolen, wo Mann oder Frau dann oft schon ihre Taxifahrer oder ‑fahrerinnen kennt. Dieses sicherlich auch allgemeingültige Allheilmittel gegen Fremdenangst wird aber leider nicht häufig genug ärztlich verschrieben, und daher wird die Welt auch zukünftig den Fremden (Taxlern), die sich doch wirklich alle Mühe geben, im Zweifel dann doch alles Boshafte unterstellen, was vermeintlich nur Fremden zuzutrauen ist. Und im Umkehrschluss wird genau dieser Fremdenhass nun leider auf Deutschland zurückfallen, denn Fremde waren hier ja auch die Fahrgäste auf Mallorca.
Die andere bekannte Situation, in der den Taxlern das Vertrauen oft gleich pauschal entzogen wird, ist die der Fahrstreckenwahl: „Sie fahren doch einen Umweg“ – und hier lässt sich letztlich Hoffnung finden. Auf diesen Vorwurf lässt sich am Steuer des „metered Taxis“, also einem mit Taxameter, nur schlecht reagieren, denn das Gegenteil lässt sich vor Ort nur schwer beweisen. Ganz bitter ist es dabei natürlich, wenn tatsächlich ein Umweg gefahren wurde, aber nicht um den Fahrgast zu beschubsen, sondern aus Unwissenheit, die oft auch das Navi nur bedingt heilen kann. Hier jedenfalls wird aus einer Minderheit, die Taxlern stets Böses unterstellt mit einem Mal ein Mehrheit – kein Reiseführer, der weltweit nicht vor betrügerischen Taxlern warnt, kaum ein Fahrgast, der unterschreiben würde, dass alle Taxler immer den nächsten Weg nutzen.
Hier immerhin könnten in Deutschland aber inzwischen die Festpreiskorridore helfen, die aufgrund der festen Fahrpreisvereinbarung im Vorab die Aufmerksamkeit der Fahrgäste weg von der gewählten Fahrstrecke hin zu Dienstleistung und – hoffentlich gepflegtem – Fahrzeugzustand lenken. Durch den Fokus auf eine metergenaue Abrechnung durch die Taxameter hat man – weltweit – oft die eigentliche Perspektive der Kunden schlichtweg übersehen, die sich nicht auf eine konkrete, sondern zunächst auf eine imaginäre Angst bezieht. Vielleicht unterlagen da die entscheidenden Behörden derselben Phobie wie so viele andere Menschen.
Hier haben erst Uber & Co. vorgemacht, was das Taxigewerbe weltweit nun schnellst möglich kopieren sollte. Der Tipp, mit den Taxifahrern weltweit möglichst im Vorab Festpreise zu vereinbaren, um eben nicht beschubst zu werden, steht und stand ja immerhin schon seit Jahrzehnten in jedem Reiseführer. Und vielleicht wird Taxi über diesen Umweg dann auch weltweit etwas mehr Vertrauen entgegengebracht, denn die weit überwiegende Mehrheit der Taxler hat es weltweit sicherlich verdient.
Taxi Times wünscht dem Mallorquiner Kollegen in jedem Fall gute Genesung und auch, dass er sich dann trotz alledem auch in Zukunft wieder hinter das Steuer seines Taxis traut. Fakt ist aber wohl, dass er auch in Zukunft nie das volle Vertrauen seiner Kunden wird genießen dürfen, egal wie er sich anstrengt, denn Taxifahrer und ‑fahrerinnen wird wohl nie das Vertrauen entgegengebracht werden, welches beispielsweise Polizisten zumindest in den Demokratien dieser Welt oft gratis entgegengebracht wird. Und das ist schade, denn schwarze und auch rabenschwarze Schafe gibt es sicherlich hier und da. rw
Beitragsbild: Auf den T-Shirts steht in nicht ganz fehlerfreiem Englisch „Vertrauen Sie mir, ich bin nicht Taxifahrer”. Collage: Remmer Witte