Der Last-Minute Rückzug der Münchner SPD zu den geplanten Mindestbeförderungsentgelten ist innerhalb der Taxibranche auf Fassungslosigkeit und Entsetzen gestoßen. Die Wut richtet sich vor allem gegen den Oberbürgermeister Dieter Reiter.
Eigentlich hätte heute der Münchner Kreisverwaltungsausschuss und morgen der Münchner Stadtrat der Einführung von Mindestbeförderungsentgelten zustimmen sollen. Doch wenige Stunden vorher hat die SPD mit einem Änderungsantrag die Entscheidung abermals vertagt. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer innerhalb der Taxibranche. Die Reaktionen hat Taxi Times am Dienstag, 29.7.2025 als Liveticker begleitet.
Taxi Times hatte über den Rückzug bereits am Vorabend berichtet. Da zu diesem Zeitpunkt noch kein anderes Medium darüber geschrieben hatte, hielten viele Leser diese Nachricht, die wie ein Lauffeuer in Soziale Medien und Whats-App-Gruppen geteilt worden war, für eine Fake-News. Manche vermuten sogar, dass Taxi Times gehackt worden wäre. All dies schien den Lesern glaubwürdiger zu sein als das, was tatsächlich in München passiert war.
Später, als es dann keine Zweifel mehr an der Wahrheit dieses Rückzugs gab, folgten erste Leserreaktionen auf der Kommentarseite der Taxi Times: „Macht weiter so bis das letzte Taxi seinen Geist aufgibt“, schrieb Salih Öztürk. „Preisobergrenze Festsetzung ist rechtswidrig. Ein Preis Untergrenze ist notwendig. Also daher halte ich das hier für ein Müll und Lüge das wird auf kein Fall durchgehen das ist rechtswidrig“, findet Igor Isaev. Und Peter Becker meint: „Es ist langsam schwer zu ertragen, wie mit uns umgegangen wird.“
7.50 Uhr: Als einer der ersten Offiziellen meldet sich Thomas Kroker zu Wort, Präsident des Dachverbands TVM und Vorsitzender des Landesverbnads Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer sowie der Taxi München eG: „Ich glaube nicht, dass dieser Änderungsantrag gestern spontan entstanden ist, sondern der wurde mindestens eine Woche lang vorbereitet. Das sehe ich anhand der Formulierungen.“
8.00 Uhr: Von Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi (BVTM) liegt ein erstes schriftliches Statement vor: „Das Taxigewerbe wurde hier und heute verraten und verkauft. Verraten von einem Bürgermeister, der eingeknickt ist vor dem Lobbydruck von Uber. Heute war Rückgrat gefragt und Dieter Reiter hat versagt. Wir sind Zeugen geworden von einem besonders schmutzigen politischen Manöver. Mit der Änderung in letzter Minute haben die Sozialdemokraten im Stadtrat den gesamten Antrag torpediert. Damit fallen Dieter Reiter und seine Fraktion nicht nur den Taxifahrerinnen und Taxifahrern in den Rücken, sondern auch der eigenen Verwaltung. Das ist schon ein spektakuläres, aber auch sehr trauriges Schauspiel: Eine Stadt kastriert sich selbst.
Ohne Mindestpreise für alle Fahrdienste hat das Taxigewerbe keine Chance. Wir werden erleben, wie Qualität und Zuverlässigkeit abnehmen und das Uber-Prinzip von Ausbeutung und Sozialdumping ungebremst um sich greift. Heute müssen wir feststellen: das ist politisch gewollt. Genau das haben Dieter Reiter und seine Fraktion heute beschlossen. Der Ober-Bürgermeister entpuppt sich als Uber-Bürgermeister. (In einer späteren Pressemeldung werden diese Aussagen von Gregor Beiner gemacht).
Oppermann ergänzt: „Übrigens gegen den erklärten Willen der Münchnerinnen und Münchner: Die Umfragen zeigen klar: die Bürger sind für Sozialstandards und Mindestpreise, aber Dieter Reiter hört lieber auf Uber als auf seine Bürger. Von seinem Wahlspruch „gesagt, getan, gerecht“ ist nicht viel übrig geblieben. Für die Wahl im März muss es wohl heißen „versagt, vertan, verkauft“.
Für das Taxigewerbe gilt: wir werden weiter kämpfen. Vor wenigen Wochen haben wir bundesweit Proteste mobilisiert – nur nicht im München, um hier den lösungsorientierten Dialog nicht zu stören. Die Zeit der Zurückhaltung ist nur vorbei. Wir kämpfen um unsere Existenz. Dieter Reiter, Sie werden von uns hören!
8.15 Uhr: Gregor Beiner, Vorstandsmitglied einer europäischen Taxiorganisation sowie im Bundesverband BVTM und Vorstand des Taxiverband München schreibt: „Diese Idee mit der Obergrenze ist absurd und rechtlich auch vollkommen ungeprüft. Das PBefg spricht von MBE als Element. Wir haben darüber nie gesprochen.“
8.30 Uhr: Weitere Leserkommentare: „an dieser Stelle werden Zeuge wie der Streu vom Weizen getrennt wird in verschiedenen Städten und deren OB, denn mit dieser Taktik wird Uber und co Zeit gewährt, damit ihre Anwälte sich was einfallen lassen können! Sei es drum, ich weiß wer meine Arbeitslosigkeit finanzieren wird“, schreibt Murat. Und Kathin Hennrich schreibt: „Die Grünen sind also wieder mal die einzigen, die‘s kapiert haben.“
9:10 Uhr: Das Taxigewerbe hat spontan eine Demo vor dem Münchner Rathaus angemeldet.
Beginn ist um 9:30 Uhr
9:15 Uhr: Erste Fahrzeuge sind in 3 Reihen im Tal aufgestellt.


Es wird eng im Tal und es gibt neue Protestplakate. Man schießt sich jetzt völlig auf den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter ein. Mitglieder der Grünen-Fraktion sind vor das Rathaus gekommen und reden mit Vertretern des Taxigewerbes. Ist diese Entscheidung ein Koalitionsbruch? Darauf möchte niemand der anwesenden Grünen antworten.
Taxis und Demonstranten in den Straßen und vor dem Rathaus:



9:30 Uhr.: Beide Taxi-Zentralen werden zum Zeitpunkt der Demo keine Fahrtaufträge annehmen.
9:51 Uhr: Diese Ausschusssitzung hätte Geschichte schreiben können, weil man dort die Einführung eines MBE hätte beschließen sollen. Nun wird sie Geschichte schreiben, weil die SPD einen beispiellosen Wortbruch initiiert hat, indem sie mit einem kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag nun doch wieder für einen Aufschub sorgt.
9:57 Uhr: Ertekin Kocer von der Taxi München eG spricht zu den Demonstranten. Er bekommt viel Beifall


10:24 Uhr: Es geht los: Die Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses hat begonnen. Auf der Zuhörertribüne sitzen zahlreiche Funktionäre des lokalen wie auch des überregionalen Taxigewerbes, unter anderem Michael Oppermann, GF des Bundesverbands BVTM, der extra aus Berlin angereist ist. Der Tagesordnungspunkt 2 „Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen“ wird aufgerufen. Lena Odell, Stadträtin der SPD, erläutert, warum man den Änderungsantrag eingebracht hat. Man wolle auch einen Maximalpreis, nicht nur einen Mindestpreis.
10.25 Uhr: Jetzt spricht Sibylle Stöhr, „Die Grünen“ Vorsitzende der Taxikommission. Sie bedankt sich bei den Taxlern für deren gute Dienstleistung und zeigt ihr Unverständnis, dass man nach jahrelangen Beratungen am Nachmittag um kurz vor 17 Uhr einen Rückzieher gemacht hat.
10.30 Uhr: Trotzdem versucht es Frau Stöhr weiterhin mit Argumenten: 60% der Mietwagen kommen aus dem Umland und umgehen die gesetzlich vorgeschriebene Rückkehrpflicht. Dem Staat entgehen Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe aufgrund der nachgewiesenen Betrügereien der Mietwagenunternehmer. Das kann sich doch eine Stadt nicht bieten lassen.
10.35 Uhr: Appell von Frau Stöhr an die SPD: Für die Taxibranche geht es um die Existenz. Bitte zieht euren Antrag zurück.
10.40 Uhr: Jetzt spricht Marie Burneleit, eine Politikerin von „Die Partei“, die mit den Linken eine Fraktion bildet. Sie verweist auf die klaren Angaben des Zolls zu den Verstößen der Mietwagenbranche. „Dem Änderungsantrag fehlt jeder politischer Wille, noch etwas politisch steuern zu wollen“. Die Linke / Die Partei wird dem Änderungsantrag daher nicht zustimmen.
10:44 Uhr: Frau Menges von der CSU: Die Verstöße sind inakzeptabel, aber sie versteht nicht, warum man deshalb ein MBE einführen soll. Ein Krimineller bleibt auch bei einem MBE kriminell. Verstöße sind durch die Behörde zu ahnden. Frau Menges ist überzeugt, dass MBE ohne Kontrolle keinen Zweck hat. (Später werden sowohl Frau Stöhr als auch die KVR-Chefin Frau Sammüller-Gradl diese These in Farge stellen. „Dann dürfte man auch keine Geschwindigkeitsbegrenzung einführen, weil man im Straßeverkehr ja auch nicht alle kontrollieren kann, die zu schnell fahren“. Und die KVR-Chefin meinte zum Thema, dass man personell gut genug ausgestattet sei, um die Einhaltung des MBE auch überprüfen zu können.)
10.55 Uhr: Tobias Ruff, ÖDP: Die SPD sollte sich von ihrem OB Reiter emanzipieren. Man wird gegen den Änderungsantrag stimmen und ist für ein MBE.
11.00 Uhr: Richard Progl, von der Bayernpartei und selber Mietwagenunternehmer in München, zeigt mit dem Finger auf die Taxibranche, die ja vor einiger Zeit ebenso im Graubereich gearbeitet hätte. Er setzt die 60 Prozent, die laut einer Studie vor vielen Jahren im Graubereich gearbeitet hätten, mit den 98 Prozent gleich, die nach einer umfangreichen Betriebsprüfung beanstandet hätten werden müssen. (Bei der späteren Abstimmung wird Herr Progl sowohl gegen den Antag auf MBE stimmen als auch gegen den Änderungsantrag. Was will er eigentlich?)
11.10 Uhr: Kurz vor der Abstimmung hört man jetzt auch im Rathaus die laut pfeifenden Taxifahrer.
11.12 Uhr: Frau Stöhr regt an, dass Herr Progl aufgrund der Tatsache, dass er selber Mietwagenunternehmer ist, an dieser Abstimmung nicht teilnimmt. Herr Progl verweist darauf, dass er laut Auskunft des Rechtsamtes zur Abstimmung berechtigt sei.
11.20 Uhr: Die Vorsitzende des KVR, Frau Dr. Sammüller-Gradl äußerst sich sehr erstaunt über das Umschwenken der SPD. Sie sieht keine Möglichkeit, in die Verhandlungen mit den Plattformen auf Augenhöhe einzutreten.
11.28 Uhr Änderungsantrag mit der Stimmenmehrheit von SPD und CSU angenommen. MBE in München ist um mindestens 12 Monate verschoben! Besonders bemerkenswert: Um den ursprünglichen Antrag zu kippen, hatte sich eine Allianz aus Regierungspartei (SPD) und Opposition (CSU) gebildet. Ma muss lange suchen, um ähnliche Beispiele zu finden, bei denen eine Regierungspartei den Koaltionspartner so düpiert und mal eben mit einer Oppositionspartei ins Bett steigt.
11.30 Uhr: Noch eine Halbe Stunde darf vor dem Rathaus demonstriert werden. Mittlerweile sind auch die Gererbevertreter aus dem rathaus zu den Kollegen gestoßen und berichten vom frustrierednen Ergebnis. Hier das Video dazu.
11:51 Uhr: Die Demo ist offiziell beendet. Alle Teilnehmer werden gebeten, geordnet nach Hause zu fahren.
Beitragsfoto: BVTM















Den Kommunen wurde mit der Änderung des PbefG im August 2021 das Instrument des MBE in die Hand gegeben.
Damals war also schon auf Bundesebene den Entscheidungsträgern klar, daß es dieses Instrument geben muss.
Nachdem seit Jahren und von Anfang an die illegalen Praktiken von Ausbeutung, Steuerhinterziehung, Sozialversicherungsbetrug (Mindestlohnverweigerung, Arbeitszeitgesetz, Umsatzsteuer, Lohnverkürzung, Aufstocker…) bekannt sind, versteh ich nicht, wie die SPD in Verbindung mit der CSU auf die Schnapsidee kommt, Absprachen/Verträge mit den Plattformen wie Uber machen zu wollen.
Das Instrument heißt MINDESTBEFÖRDERUNGSENTGELT.
Punkt.
Wohl zu tief ins Glas geschaut beim Stammtisch mit Uber&Co!
UBERMEISTER DIETER REITER
Chef der Stadt? Nein.
Lieblingsfahrer der UBER-Lobby.
Redet viel, tut wenig.
Für München? Fehlanzeige.
UBERMEISTER DIETER REITER
Ein Bürgermeister, der schweigt, wenn’s um Gerechtigkeit geht.
UBER sagt: Spring! – und er springt.
Steuergeld raus – Verantwortung weg.
Ich finde es klasse, wie gut taxi-times informiert. Zitate aus der Sitzung des Stadtrates werde ich für einen Brief an den OB verwenden. Wenn die Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf Über (wieder) eingeführt wird. hatte taxi-times einen großen Anteil daran. D a n k e! !!
Auch mein Respekt an Taxi Times für die schnelle und sehr gute Berichterstattung. Während die Politik in München ihre Zusagen vergessen hat und womöglich die Seiten gewechselt hat, steht ihr zuverlässig an der Seite der Taxi-Branche. Das ist wichtig!
Verhandlungen fügen wollen? Über freiwillige Selbstverpflichtungen? Mit einem Verbrecher? Preisobergrenzen einführen wollen? Was von der Bundesregierung gar nicht erlaubt ist?
Die Ausflüchte des Münchner OB sind so absurd fadenscheinig.
Das ist gerade mal eines hinterletzten Bananenstaates würdig. Aber für Bayern München?
Dieter Reiter hat unsere Stadt in eine Ein Mann Demoktatur geführt. Wider besserem Wissens, persönlich schuld zu sein, daß sich nun Steuer- und Sozialbetrug sowie Dumpinglöhne weiter ausbreiten werden.
Das KVR hatte im Vorfeld ausreichend informiert.
Somit ist diese absurde Kehrtwende nur noch durch eine Sache zu erklären:
Bestechlichkeit!
Wie hoch die Geldmenge, die Herr Reiter und womöglich manche seiner“Kollegen“ jetzt mehr in der Tasche haben, tatsächlich ist, dieses Geheimnis wird unser Herr Sozialdemokrat sicherlich bis in sein Grab mitnehmen.
Was aber nichts daran ändert, daß uns allen seine Schuld bewusst ist. Und wir dies ab jetzt auch lautstark kund tun werden!
Tja, SPD wählen und dann rumjammern.