Vier Jahre PBefG-Novelle – wo stehen wir heute? So lautete das Motto des diesjährigen Parlamentarischen Abends. BVTM-Präsident Kollar beschrieb der Politik die Brenzligkeit der Lage eindringlich: „Es brennt lichterloh!“ Das mangelnde Engament der Politik gegenüber den rechtsstaatsfeindlichen Plattformbetreibern führe zu schwindenden Wählerstimmen.
Beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) am 15. Oktober in Berlin zeichnete Verbandspräsident Herwig Kollar in einem Impulsvortrag erneut ein alarmierendes Bild der Situation der Branche und warf der Politik mangelndes Engagement vor. Er griff zu einem klugen Argument, um die Politiker aus ihrer Untätigkeit zu holen: schwindende Wählerstimmen.
Eingangs lobte Kollar die Beständigkeit des Dialogs zwischen Taxigewerbe und Politik, der von Branchenseite aus manchmal mit zusammengebissenen Zähnen geführt werde. Diesen „Filter“ wolle er nun einmal weglassen: „Es brennt. Lichterloh. Die Taxibetriebe kämpfen um ihre wirtschaftliche Existenz.“ Dies betreffe nicht nur die Existenz der Betriebe, sondern auch die der Familien, der Kinder der Unternehmer.
Die Unternehmensstruktur sei so, dass die 80 Prozent Kleinunternehmer mit einem oder zwei Fahrzeugen meist den ganzen Tag auf den Straßen unterwegs seien, ohne zu wissen, ob sie am Ende ihrer Schicht genug Umsatz erzielt haben würden, um ihre Rechnungen bezahlen zu können – und das übrig zu haben, was zum Leben notwendig ist.
Dies sei eine Situation, die „ganz wesentlich mit verursacht wurde durch den Eintritt von Vermittlungsplattformen vor über zehn Jahren“. Seit zehn Jahren bekämen die Kollegen auf der Straße mit, dass das Geschäftsmodell von Uber & Co. „immer wieder mit Rechtsbrüchen verbunden ist und mühsam vom Taxigewerbe mit gerichtlichen Auseinandersetzungen unterbunden wird.“ Trotzdem ändere sich nichts.
Kollar berichtete vom Urteil des Landgerichts Köln, dessen schriftliche Begründung wenige Stunden zuvor eingegangen war: „Die verantwortlichen Geschäftsführer von Uber, Uber selbst, der Generalunternehmer von Uber wie auch der Geschäftsführer des Generalunternehmens sind persönlich verantwortlich für die Rechtsverstöße, die von den vermittelten Subunternehmen begangen werden. So, wie schon zahlreiche Gerichte festgestellt haben, dass Uber sich nicht an Vorschriften des PBefG hält. Wir erinnern uns: Der Eintritt war blanker, vorsätzlicher Rechtsbruch, und es ist keine Reaktion erfolgt.“
Das habe die Politik nach jahrelangem Bemühen [der Taxiverbände] erkannt und angekündigt, für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Mit der PBefG-Novelle 2021 seien „einige interessante Instrumente hineingekommen“, doch müsse man vier Jahre später feststellen: „Sie kommen nicht zum Tragen. Sie werden in der Praxis nicht angewandt. Wir haben in genau zwei Städten Mindestbeförderungsentgelte [für Mietwagen].“
Ein ganz wesentliches Argument der Politik damals sei gewesen, man wolle einen fairen Wettbewerb, man wolle Dumpingpreise verhindern. „Passiert ist vier Jahre lang nichts“, beklagte Kollar.

Diesen deutlichen Vorwurf ließ er einen Moment lang wirken, bevor er fortfuhr. Der BVTM habe in den letzten Monaten immer wieder auf die Stellschrauben hingewiesen, die zur Existenzsicherung der Kollegen nochmals angepasst werden müssten. Die Rechtsbrüche der Plattformen würden in der Praxis nicht geahndet. Man müsse sich vorstellen, wie es auf die Kollegen wirkt, wenn ein Vertreter einer Plattform, in diesem Falle Free Now, einräumt, dass das Geschäftsmodell der Plattform-Mietwagen nicht legal funktioniere und man deshalb beabsichtige, sich davon zurückzuziehen. „Einen besseren Kronzeugen kann Politik und Verwaltung eigentlich gar nicht haben, obwohl Free Now sich noch nicht zurückgezogen hat. Und trotzdem passiert nichts.“ Spreche man mit einzelnen Stakeholdern – Bundestagsabgeordnete, Ministerien, Kommunen –, dann heiße es stets: „Dafür sind wir nicht zuständig.“ Es sei die Zuständigkeit von anderen.
An die anwesenden Bundestagsabgeordneten gewandt sagte Kollar: „Lassen Sie mich einmal ganz eindeutig sagen: Sie sind alle gemeinsam – mit uns – dafür zuständig, dass dieser unfaire Wettbewerb jetzt und sofort beendet wird!“ Jeder müsse seinen Teil dazu beitragen. Fühle er sich nicht direkt zuständig, könne er zumindest mit Engagement auf die Zuständigen einwirken. „Es gibt ein ganz prominentes und tolles Beispiel, wie das geschehen kann: Herr Tino Schopf, [Landtags-]Abgeordneter in Berlin, der es seit Jahren verfolgt, dieses Prinzip. Was er mit seinem Engagement für Berlin erreicht hat, ist beispiellos.“ Dafür dankte er dem anwesenden Schopf, der umgehend Beifall erhielt.
Kollar fuhr fort, es gehe um mehr als die wirtschaftliche Perspektive der vielen Taxibetriebe in Deutschland. Es gehe „um das Vertrauen dieser Leute in den Staat. […] Wir spüren: Diese Leute glauben nicht mehr an das System. Und das, glaube ich, ist noch viel gefährlicher als einfach nur der Kampf um die wirtschaftliche Existenz.“
Kollar wandte sich nochmals explizit an die anwesenden „Vertreter der Parteien, die sich selbst in der demokratischen Mitte sehen, und die sich viele Gedanken darüber machen: Wie können wir das Erstarken von extremen Parteien verhindern?“ Ihnen sagte er: „Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Politik- und Verwaltungsversagen in unserer Branche und dem Protestverhalten der Leute, um deren Wahlverhalten Sie sich Gedanken machen und Angst haben.“ Anwesend waren Bundestagsabgeordnete von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
Als Fazit wiederholte Kollar seinen Appell, gemeinsam die Verantwortung dafür zu tragen, dass „Plattformen, egal wo sie herkommen, wie sie organisiert sind und wie mächtig sie sind, sich verdammt nochmal an das Rechtssystem hier in Deutschland“ zu halten hätten und „keinen unfairen Wettbewerb mit Dumpingpreisen und Rechtsbrüchen begehen.“ Er sei gespannt auf die Diskussion mit den Bundestagsabgeordneten. ar
Hier der Impulsvortrag Kollars zum Nachhören:
Beitragsfoto: Axel Rühle









Wenn ich hier die Kommentare von Berliner:innen lese, sind die Verhältnisse dort nicht besser geworden, sondern noch schlimmer.