TMV-Geschäftsführer Patrick Meinhardt hat in sieben Thesen die Herausforderungen für das Taxigewerbe in der neuen Legislaturperiode skizziert.
Der Bundesgeschäftsführer des überregionalen Taxi- und Mietwagenverbandes Deutschland e. V. (TMV) hat sich in der Mitgliederzeitschrift des Verbands des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen (VSPV) zu Perspektiven der Verkehrspolitik mit Augenmerk auf den Taxi- und Mietwagenmarkt geäußert. Nach Meinhardts Ansicht muss die „allzu häufige praxisferne Alltagsarbeit“ des bis Dezember 2021 amtierenden Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) unter der jetzigen neuen Führung „grundlegend reformiert“ werden. Mit seiner Erfahrung in mehreren internationalen Gewerbegremien, als Fraktionschef eines Stadtparlamentes und als FDP-Abgeordneter im 16. und 17. Deutschen Bundestag will Meinhardt eng und pragmatisch mit der Führung des jetzigen Bundesverkehrsministeriums, das aus vier FDP-Politikern besteht, zusammenarbeiten.
In seiner ersten These prophezeit Meinhardt eine zwar „nicht einfachere, dafür aber pragmatischere“ Zusammenarbeit. Die Wahlprogramme der drei Regierungsparteien und der Koalitionsvertrag würden zeigen, „dass zwar viel über eine moderne, nachhaltige Mobilitätspolitik die Rede ist, die Ziele aber, ohne dass die Worte Taxi oder Mietwagen auch nur einmal erwähnt werden, doch relativ nebulös bleiben“. Darin sieht er eine große Chance, die es gelte, im aktiven Kontakt zu allen drei Koalitionsparteien und zu den Landesregierungen engagiert zu nutzen. Dabei spiele auch die bundespolitische Vernetzung in das Verkehrs-, Wirtschafts-, Landwirtschafts-, Gesundheits- und Arbeitsministerium eine Rolle bei einer professionell organisierten Interessenvertretung.
In These 2 nennt Meinhardt die Notwendigkeit, „als Partner für eine innovative und technologieoffene Mobilitätspolitik der Zukunft“ zu stehen. Er habe Bundesverkehrsminister Volker Wissing bereits die Expertise des Verbandes angeboten und darauf hingewiesen, dass es „eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik ohne die Fortentwicklung von Taxen und Mietwagen“ nicht geben werde. Dabei seien „e-Mobilität und ein sinnvolles Ladesäulenangebot eine Seite der Medaille, die Wasserstofftechnologie eine andere“.
Der Anfang von These 3 lautet: „Wer eine wirkliche Verkehrswende organisieren will – was das auch immer heißen mag – und am Ende das Angebot des Öffentlichen Nahverkehrs insbesondere im ländlichen Bereich deutlich ausbauen will, kann dies nicht ohne Taxen und Mietwagen erreichen.“ Es sei eine Frage der „Verkehrsgerechtigkeit“, wie Menschen im ländlichen Bereich am gesellschaftlichen Leben in fairer Art und Weise teilhaben können. Laut einer Studie seien 55 Millionen Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Bereich „deutlich unterversorgt und brauchen neue, flexible Angebote – vom Anruf-Sammel-Taxi über Kinder- und Senioren- bis hin zu Kulturtaxen.“ Darin sieht er eine große Gestaltungsmöglichkeit. Er zitiert als Beleg eine Passage aus dem Koalitionsvertrag: „Wir wollen eine nachhaltige, barrierefreie, innovative und für alle alltagstaugliche und bezahlbare Mobilität ermöglichen. Mobilität ist Teil der Daseinsvorsorge und Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land.“ In ländlichen Regionen ist öffentlicher Verkehr aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte teurer pro Person als in der Stadt.
In These 4 werden die unlauteren Wettbewerber thematisiert, generell ein sensibles Thema für einen Verband, der auch deshalb gegründet wurde, weil einige Landesverbände das Mietwagengewerbe beim BVTM zu wenig vertreten sahen. Hier bezieht Meinhardt deutlich Stellung: Hart und kompromisslos müsse der Kampf gegen Uber & Co. sein. Dabei habe man den Koalitionsvertrag auf seiner Seite: „Wir verbessern die Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb. Diese müssen auch den Erfordernissen des Mittelstands Rechnung tragen …“ Wer für eine faire Mittelstandspolitik eintrete, müsse dies „gerade auch auf dem Feld der Verkehrspolitik umsetzen“ da es hier im Kern „um die Auseinandersetzung der Prinzipien des Ehrbaren Kaufmanns gegen das Verhalten der Vertreter des Raubtierkapitalismus“ gehe.
Die fünfte These beschreibt die Notwendigkeit von „mehr Verbündeten für eine intelligente, vernetzte Mobilitätspolitik auf dem Berliner Parkett“, was zwei klare Zielrichtungen erfordere: Das Taxi- und Mietwagengewerbe müsse überall dort sein, wo Politik für Mittelstand und Selbständige gemacht wird. „Wir haben allein in den letzten wenigen Monaten uns als TMV in vier große Mittelstandsnetzwerke aktiv eingebracht, in denen unsere Branche bislang überhaupt nicht vertreten war.“ Welche Netzwerke das sind, nennt Meinhardt in seinem Beitrag allerdings nicht.
Als zweite Zielrichtung mahnt Meinhardt eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit aller Verbände und Organisationen an, die mit Mobilität zu tun haben. Indem alle „sehr für sich arbeiten“, machen sie es „der Politik in Berlin und Brüssel viel zu einfach“, so beschreibt der ehemalige Bundestagsabgeordnete seine Erfahrung.
These 6 greift die eingangs erwähnte ineffiziente Arbeit des Ministeriums auf. Als Beispiel nennt Meinhardt „das Chaos bei der Kleinen Fachkunde, obwohl das Personenbeförderungsgesetz seit 1.8.2021 in Kraft getreten ist“. Dies und viele weitere Missstände „machen deutlich, welch großer Handlungsbedarf vorhanden ist“.
In der siebten und letzten These thematisiert Meinhardt die große Bedeutung der individuellen Personenbeförderung auf dem Land. Ohne Taxi- und Mietwagenunternehmen wäre vieles in den heimatlichen Regionen nicht machbar. Die Betriebe seien „in Vereinen, Verbänden, Kirchen, Organisationen und Schulen mit Herzblut und Tatkraft dabei, sind bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Roten Kreuz und dem THW aktiv, organisieren Feste, sind sozial hochengagiert und helfen, wo es auch immer geht“. Genau das wolle der TMV auch künftig darstellen: „Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren Familien, Mitarbeitern und Fahrern sollen Gesicht zeigen und ihre Aktivitäten für uns alle präsentieren.“ ar
Beitragsfoto: Patrick Meinhardt, Bundesgeschäftsführer des TMV. Foto: TMV