Die Hamburger Verkehrsbehörde prüft Konzessionsanträge von Mietwagenanbietern und versagt Konzessionen, wenn das Geschäftsmodell nicht funktionsfähig ist – was bei Uber-Partnern die Regel ist. Uber spricht trotzig von einer „Blockadehaltung“.
Ein Kommentar von Axel Rühle
Die größten Feinde von Fahrdiensten, deren Geschäftsmodell auf Rechtsverstößen beruht, sind der Rechtsstaat, Transparenz, fundierte Argumente, effektiv arbeitende Behörden, unkorrupte Politiker und – ganz allgemein – bewiesene Wahrheiten, die die Tatsache entlarven, dass Uber und Bolt nicht ohne Gesetzesverstöße ihrer Partnerunternehmen existieren können.
Der Deutschland-Chef des US-Fahrdienstes Uber, Christoph Weigler, wirft dem Hamburger Verkehrssenator bzw. dessen Behörde „falsche Argumentation“ und eine „Blockadehaltung“ vor und behauptet, die Stadt „bevorzuge“ die Taxibranche gegenüber anderen Fahrdiensten – zulasten der Hamburgerinnen und Hamburger. „Die Leidtragenden sind in erster Linie die Einwohner Hamburgs, denen bezahlbare Mobilitätsoptionen jenseits des Taxis vorenthalten werden“, wie das „Hamburger Abendblatt“ Christoph Weigler in einem ausführlichen Artikel zitiert.
Die Masche ist uralt: Nicht etwa die Geldgier der Uber-Manager und ‑Sponsoren darf als Antrieb für das rechtswidrige Treiben erkennbar sein, sondern die bedauernswerten Bürger müssen herhalten, denen die Benutzung von Bus und Bahn nicht zuzumuten ist, die aber zugleich kein Geld für das sündhaft teure Taxi bezahlen sollen oder können. Diese Märchen werden gebetsmühlenartig seit Jahren wiederholt, so dass nicht nur Medien wie das „Abendblatt“ in einer Mischung aus Gutgläubigkeit und Kritiklosigkeit einen Satz zustande bringt wie: „Anders als in vielen anderen deutschen Städten fehlt in Hamburg bislang eine vergleichbare, aber kostengünstigere Alternative zur Fahrt im Taxi.“ Sogar die „Tagesthemen“ übernehmen das wehleidig geheuchelte Gejammer: „Seine Fahrgäste bekommt er über die Uber-Plattform vermittelt. Die Preise sind dort meistens günstiger als bei einem Taxi. Deshalb wird er oft von Taxifahrern beschimpft. Verstehen kann er das nicht.“ Hätte man dazu wenigstens erklärt (durch die Redakteure oder noch besser durch den BVTM), dass für Uber fahrende Mietwagenbetriebe gegen geltendes Recht verstoßen müssen, um Gewinn zu machen, könnte man es halbwegs seriösen Journalismus nennen. Stattdessen einen Uber-Sprecher sein Märchen wiederholen zu lassen, die niedrigen Preise kämen durch die hohe Auslastung der Mietwagen zustande, das grenzt schon an Volksverblödung, die da von unseren Zwangsgebühren bezahlt wird.
Uber will sich nicht damit abfinden, dass in Hamburg konsequent kontrolliert wird. Weigler argumentiert, dass eine individuelle Personenbeförderung etwa in Berlin und München bis zu 30 Prozent günstiger zu haben ist als im Taxi. „Wir sehen, dass die Stadt Hamburg ganz bewusst und aktiv verhindert, dass Mobilitätskonzepte wie unseres hier Fuß fassen können“, so geht Weigler in dem Online-Artikel Senator Dr. Anjes Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen) an. Das stimmt – und bedeutet, dass die Hamburger Verkehrsbehörde ihren Job gut macht. Das will Weigler nicht akzeptieren. Von der Stadt werde „alles, was nicht das klassische Taxi ist und zum klassischen Taxitarif fährt, nicht zugelassen. Anträge von Firmen, die einen Mietwagenservice mit Fahrer anbieten wollen, werden nicht genehmigt.“ Das stimmt nicht. Es ist eine bockige Wahrheitsüberdehnung. Selbstverständlich gibt es in Hamburg Mietwagenunternehmen.
In Berlin und München gibt es auch die bekannten Gründe dafür, dass Personenbeförderung in Mietwagen zum Teil billig zu haben ist: weil viele illegal arbeiten und in den zurückliegenden 17 Monaten ein erheblicher Teil aufgeflogen ist. In Berlin waren es über 1.600, die 2024 bei Kontrollen aus dem Verkehr gezogen wurden. In München und Umgebung wurden bei Betriebskontrollen in diesem Sommer 59 von 60 Mietwagenunternehmen wegen Verstößen gegen mehrere Gesetze beanstandet.
Mich erinnert Weiglers Argumentation an mein Verhalten als Kleinkind: Als unsere Mutter auf das Gequengel meines Bruders und mir nach Süßigkeiten einmal mit einem konsequenten „Schluss jetzt!“ reagierte, klingelten wir an der Tür unserer Nachbarin und sagten: „Unsere Mutter gibt uns nichts zu essen.“ Prompt fragte die Nachbarin bei unserer Mutter nach und konnte unsere kreative Wahrheitsauslegung somit schnell entlarven. In Hamburg sehen Politiker und Behörden konsequent hin und entlarven die Wahrheiten aus dem Hause Uber schnell als Märchen. Anderenorts tun Politiker und vor allem Medien sich damit zum Teil leider noch immer sehr schwer.
Was in Hamburg umgesetzt wird, ist schlicht und einfach Recht und Gesetz. Wer Personen befördern will, braucht dafür eine Genehmigung der Behörde. Diese lässt sich von Antragstellern den Businessplan vorlegen, und da Mietwagenunternehmen, die für Uber & Co. fahren wollen, keine funktionierenden Businesspläne haben (sie können nicht nachweisen, dass sie mit ihren Einnahmen die Kosten im laufenden Betrieb decken können, wenn sie sich an die Rechtslage halten), bekommen sie regelmäßig keine Konzession. So funktioniert ein Rechtsstaat. Nicht ohne Grund wird Hamburg bundesweit im Taxigewerbe beneidet.
Weigler sagt, Uber funktioniere überall gut, nur in Hamburg heiße es: „Wir wollen das nicht haben.“ Dabei werde mit falschen Argumenten verhindert, dass Mietwagenfirmen in Hamburg Fuß fassen könnten. Nach einer Konkretisierung, welche Argumente das sein sollen, sucht man in dem „Abendblatt“-Bericht vergeblich. Zudem gibt es in Hamburg – entgegen Weiglers Darstellung – wie in jeder anderen Stadt Mietwagenbetriebe mit Konzessionen, nur eben keine kriminellen Uber-Partner, sondern seriöse Limousinen-Services, die das bieten, was der Gesetzgeber mit Mietwagenverkehr ursprünglich meinte: eine gehobene Dienstleistung jenseits des Taxis zu entsprechend höheren Preisen.
Stattdessen wird seitens Uber immer wieder das vermeintliche Wohl der Kunden als Argument herangezogen: Die Taxipreise seien in Hamburg so hoch, dass sich immer mehr Menschen eine Fahrt finanziell nicht leisten könnten und wollten. Ist das in einer Stadt mit hohem Einkommensniveau und gut ausgebautem ÖPNV-System ein so gravierendes Problem, wenn es einen gewissen Luxus bedeutet, sich im Auto statt im Linienverkehr von A nach B bringen zu lassen?
„Was die Taxipreise angeht, ist Hamburg in ganz Europa in den Top 10 der teuersten Städte. Taxifahren ist in Hamburg teurer als in New York, als in Paris, als in Madrid“, so ein weiteres „Argument“ Weiglers. Die etwas kühne Behauptung wird für viele Rechenbeispiele stimmen, wenn auch nicht für alle. Soll das irgendeine Relevanz haben? Es ist einfach, Vergleichsstädte zu finden, in denen Taxifahren weniger kostet als in anderen Städten. Hätte Weigler Tirana, Lissabon oder Bukarest als Beispiele angeführt, würde die Diskrepanz unreflektierte Leute sicherlich noch mehr beeindrucken. Ebenso einfach ist es, Beispiele für Städte mit höheren Fahrpreisen zu finden (Stuttgart, Bremerhaven, München, Düsseldorf, Amsterdam, Zürich usw.). Ohne Betrachtung des Einkommensniveaus bzw. der Kaufkraft in der jeweiligen Stadt ist die Aussagekraft solcher Vergleiche gleich null.
Uber-Manager Weigler sucht nun das Gespräch mit Verkehrssenator Tjarks: „Mein Appell an die Stadt ist, in den Dialog zu treten, um zu schauen, welche Mobilitätskonzepte in Hamburg im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zusätzlich angeboten werden sollten.“ Die Stoßrichtung ist klar: Die Konsumenten, die ein Interesse an billigen Preisen haben und sich tendentiell wenig um die Rechtmäßigkeit des Geschäftsmodells des Anbieters kümmern, sollen gegen den Staat aufgehetzt werden. In München hat eine aufwändige Kampagne mit bezahlten Demonstranten, die zum Teil nicht wussten, worum es ging, sogar halbwegs Wirkung gezeigt. Ein wehrhafter Staat mit Politikern, die sich nicht auf fragwürdige Deals einlassen, wird so etwas aber ebenso wenig mit sich machen lassen wie eine konsequente Mutter, die weiß, dass noch mehr Süßigkeiten schädlich für die Kinder sind, die das nicht einsehen wollen.
Um von A nach B zu kommen, gibt es den Linienverkehr, der als Basis der mobilen Daseinsvorsorge staatlich subventioniert wird, und der für jeden Geldbeutel erschwinglich sein sollte. Wer es luxuriöser haben will, kann sich ein Taxi gönnen, wenn er es sich finanziell leisten kann. Dafür muss er nicht groß warten, nicht umsteigen und das Fahrzeug nicht mit unsympathischen Zeitgenossen teilen. Das ist eine höherwertige Dienstleistung und die hat ihren Preis. Eine Kundschaft, die solchen Luxus für einen Billigpreis haben will, so dass die Gemeinschaft wie im Fall Uber und Bolt draufzahlen muss, lebt über ihre Verhältnisse. Das wollen Weigler & Co. und ihre Kundschaft nicht einsehen. ar
Beitragsfoto: KI-generiert









Hinzuzufügen zum sehr gelungenen Artikel bleibt, dass insbesondere für eingeschränkt mobile Leute, Krankenkassen, Schulen u.a. auch im öffentlichen Auftrag deren Fahrten verlässlich ausgeführt werden.
Billig auf wessen Kosten ? Kosten der Steuerzahler?
Betrug . Sozialer missbrauch . Ausbeutung.
Beste Geschäftsmodell aller Zeiten .