Bei der Kölner Taxidemo Mitte Oktober Köln hat der EU-Politiker Dennis Radtke einen Einblick in die fragwürdige Lobbyarbeit der Plattformanbieter gegeben.
Rund 500 Taxifahrer aus Köln und anderen NRW-Städten haben am 12. Oktober gegen das Sozialdumping von Uber und einer schnellen Umsetzung von Mindestpreisen für Mietwagen demonstriert.
Wie sehr diese Forderung auch mit einer europäischen Regelung zur Regulierung von Plattformarbeit zusammenhängt, machte der CDU-Politiker Dennis Radtke deutlich. Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments hat bei der Kundgebung zur Kölner Taxidemo rund 11 Minuten zu den dort protestierenden Taxiunternehmern und Fahrern gesprochen.
Der Fartenvermittler Uber sei der Plattformvermittlung nur einer von vielen Aspekten. Innerhalb der Europäischen Union (EU) sei die Plattformvermittlung ein Multi-Milliarden-Euro-Business, für das 28 Millionen Menschen arbeiten würden. Mindestens fünf Millionen sind nach Einschätzung der EU falsch einklassifiziert. Was das bedeutet, umschreibt Radtke mit unmissverständlichen Worten: „Mindestens fünf Millionen sind als Scheinselbständige unterwegs.“ Für Radtke ist das eine Riesensauerei, die einfach aufhören muss.
Radtke verwies auf die Vorschläge zur Regulierung von Plattformarbeit, die sich derzeit in der Abstimmung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat und der EU-Kommission befinden (Taxi Times berichtete darüber regelmäßig).
Er gab dabei einen Einblick, wie sehr die politischen Bemühungen dazu von den Plattform-Lobbyisten torpediert würden. Normalerweise würden bei Regulierungen seitens der EU Lobbyisten auftreten, die mit 2-3 Geschichten zu erklären versuchen, warum die angedachte Neuregulierung ganz schrecklich sei und deshalb so auf keinen Fall kommen dürfe.
„Bei der Plattformregulierung sei das ganz anders“, berichtet Radtke: Wir haben hier ein Lobbying, das teuflisch und verdammt klug ist. Hier sind nicht zwei oder drei Geschichten in die Welt gesetzt worden, sondern ganz gezielt an die Abgeordnetenbüros und die entsprechenden Institutionen ganz unterschiedliche Geschichten geschickt worden. Das hat dazu geführt, dass auf den Parlamentsfluren die irrsten Geschichten kursierten.“
Als Beispiele solcher Fake-Infos nannte Radtke die Darstellung, dass alle Nutzer von Mail-Accounts künftig als Plattform interpretiert werden oder dass die Regelung alle Handels- und Versicherungsvertreter verbieten würde.
Als besonders widerlich bezeichnete der Politiker die Argumentation, die geplante EU-Regulierung würde das Geschäftsmodell der Plattformanbieter kaputt machen, dabei brauche man doch die Jobs aus der Plattformarbeit, um damit auch die Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen.
„Ich kann nur sagen“, stellte Radkte klar: „Geschäftsmodelle, die am Ende nur funktionieren, weil man die Beschäftigten, die man noch nicht einmal Beschäftigte nennt, […] um den Zugang zum Mindestlohn und zur Sozialversicherung bescheißt, braucht niemand – weder für Flüchtlinge noch für andere Migranten noch für Biodeutsche“.
Er forderte bei den wirklich schwierigen Verhandlungen in Brüssel politische Rückendeckung und keine Regierungschefs, die bei der EU-Kommission einfordern, man möge doch „so Wahnsinnige wie mich zurückpfeifen“.
Radtke erinnerte daran, dass sich die Bundesregierung bei der Positionierung zu der Plattformrichtlinie im Europäischen Rat enthalten hatte, weil sie sich nicht einig ist und weil die FDP blockiert. Von Kanzler Scholz forderte er daher, dass er mit seinen Koalitionspartnern Klartext redet. Das erfordere der Respekt gegenüber der Taxibranche.
Für Radtke ist klar: „Die dauerhafte Pandemie für die Taxibranche ist nicht Corona, sondern Uber und das Ausbeutermodell, das dahinter steht.“
Hinweis der Redaktion: Die komplette Rede von Dennis Radtke kann man auf dem YouTube-Kanal von Taxi Times nachhören.
Beitragsfoto: Dennis-Radtke-MdEP