Während Uber weiter erfolglos nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen CEO und Gründer Travis Kalanick sucht, reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Ubers geschätzter Wert ist laut Techcrunch um mindestens 18 Milliarden gesunken und auch die Mühlen der Justiz mahlen weiter. Dennoch ist der Riese nicht kopflos und seine Geschäfte werden weiter laufen.
Travis Kalanick ist zwar als CEO zurückgetreten, behält aber sein Stimmrecht im Vorstand. Weder ist der Einfluss Kalanicks vollständig verschwunden, noch ist Uber ohne Führung. Eine Revolution erscheint eher unwahrscheinlich.
Als besonders aussichtsreiche Kandidatin wird die 33-jährige Chefin von Uber in Nordamerika, Rachel Holt diskutiert, nachdem Arianne Huffington, im Vorstand von Uber, oder Sheryl Sandberg (zuvor bei Google und jetzt Vertriebschefin von Facebook) Medienberichten zu Folge andere Karrierepläne haben. Es ist aber auch gut möglich, dass ein Outsider das Ruder in die Hand nehmen soll. Im Gespräch waren z.B. David Cush, Manager von Virgin oder Allan Mullaly (Ford).
Die Positionen des operativen Geschäftsführers (COO), des Finanzdirektors, Marketingchefs und des Entwicklungschef sind nach internen Streitereien oder Skandalen zwar – einerseits, offiziell – unbesetzt. Auch nach einem neuen Leiter der Rechtsabteilung wird gesucht – dieser wurde während des Rechtsstreits mit Waymo gefeuert. Andererseits sind die Stellen teilweise mit Stellvertretern besetzt. Außerdem ist ein 14-köpfiges Team, allesamt zuvor bereits im Management von Uber, durch den Beschluss des Vorstandes bereits vorletzte Woche eingesetzt worden.
Die Auswahl von Namen lässt jedenfalls nicht vermuten, dass sich an Ubers operativen Geschäften etwas Grundsätzliches ändern wird – schlimmer noch könnte ein fähigeres Management eine größere Gefahr für das Taxigewerbe darstellen, als das bisherige.
In Amerika, Europa, Australien und anderswo stehen Gerichtsverfahren zur Legalität Ubers noch aus und es gibt immer wieder Probleme mit der Überprüfung von Fahrern. Aber im selben Tempo, in dem Gerichtsverfahren eröffnet werden, wird Uber an anderen Orten meist durch eine Änderung der Gesetze legalisiert. Und wo Uber verboten ist, hält man sich schlicht nicht dran.
Es mehren sich die Kommentare in den Medien, die das Geschäftsmodell Ubers grundsätzlich in Frage stellen. In der Gunst der Fahrer wie der Kunden ist Uber zwar stark gesunken. Die Verweildauer der neu angemeldeten Fahrer sank rapide. Dennoch ist nicht zu erwarten, dass sowohl eine kritische Menge von Fahrer und Kunden gleichzeitig und in naher Zukunft abspringen. Für die meisten Kunden ist laut Umfragen der Fahrpreis entscheidend, für die Fahrer geht es um ihren Lebensunterhalt.
Die Ermittlungen wegen des „Greyballings“ gegen Uber laufen unvermindert weiter, nur wären die Konsequenzen für das milliardenschwere Unternehmen „peanuts.“ Im Prozess, den Waymo gegen Uber führt, ist jetzt (wenig überraschend) Kalanick selbst ins Kreuzfeuer der Anschuldigungen geraten. Hier drohen Schadensersatzforderungen und der Totalausfall der Sparte „Selbstfahrende Fahrzeuge“. Das ist wahrscheinlich die bislang größte Bedrohung für das aufgeblähte Start-Up.
Was ist schließlich mit den 81 Investoren? Experten der Technologie-Branche schätzten den Marktwert des Unternehmen jetzt, nach dem Krisenjahr, mit „nur noch“ 50 Mrd. Dollar (etwa so viel, wie der BMW-Konzern) um 18 Mrd. Dollar geringer ein als noch ein Jahr zuvor. Ein extremer Wertverlust, aber dennoch das Vierfache der 12-Mrd.-Einlage der großen Anteilseigner. Die Taxi-Times berichtete bereits über ähnliche Warnungen von Analysten. Es kann realistisch erwartet werden, dass sich der Wert des Fahrtenvermittlers bei 20 Mrd. einpendelt, der mit dem Börsengang wieder eingespielt werden könnte. Investoren haben also weder einen Grund und wahrscheinlich auch nicht die Möglichkeit, jetzt abzuspringen – das gilt nicht unbedingt für kleine Anteilseigner.
Für das Taxigewerbe kann deswegen leider keine Entwarnung gegeben werden, denn Ubers Geschäftstätigkeit wird all das nicht bremsen. Vielmehr macht Ubers Beispiel die Runde. Weltweit werden Konzerne und Investmentbanken auch in Zukunft auf der Suche nach neuen Geldanlagen sein, die -warum auch immer- eine schnelle Rendite versprechen. Und die Automobilindustrie hat ihre Hand längst nach dem Markt individueller Personenbeförderung ausgestreckt. prh
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