Letzten Donnerstag sprach BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann mit Dennis Radtke von der Europäischen Volkspartei über die Ausgestaltung der Richtlinie zur Plattformarbeit. Kann diese gegen Uber & Co. wirksam werden, ohne die Taxibranche zu schwächen?
Rund einen Monat vor der wichtigen Abstimmung im „Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ des Europäischen Parlaments hat der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) erneut mit mehreren EU-Parlamentariern über die Richtlinie zur Plattformarbeit gesprochen. Am 27. Oktober diskutierte Geschäftsführer Michael Oppermann per Videokonferenz mit Dennis Radtke (Foto) von der EVP, Schattenberichterstatter für die Richtlinie und damit einer der wichtigsten Parlamentarier für dieses Thema, wie die Richtlinie zu einem scharfen Schwert gegen Uber & Co. werden kann, ohne das traditionelle Taxigewerbe zu schwächen.
Radtke selbst hatte erst zwei Tage zuvor am „Public Hearing“ mit dem irischen Uber-Files-Whistleblower Mark MacGann teilgenommen. Seine Eindrücke fasst er wie folgt zusammen: „Die Enthüllungen des Whistleblowers unterstreichen einmal mehr, mit welchen Methoden Uber versucht, Gesetze zu ihren Gunsten auszulegen. Das erleben wir auch gerade bei der Arbeit an der Richtlinie zur Regulierung von Plattformarbeit. Dies darf uns allerdings nicht beeindrucken. Unser Blick muss jetzt darauf gerichtet werden, wie Uber Rechte der Fahrer mitunter mit Füßen tritt. Wir brauchen endlich eine Richtlinie, die Beschäftigte wirksam schützt und auch für Fairness im Wettbewerb sorgt. Jeder Taxi-Unternehmer muss sich an Regeln halten, während für Uber offenbar nur die Straßenverkehrsordnung gilt.“
Auch nach der Anhörung im Europäischen Parlament mit stehenden Ovationen für MacGann, der über die mehr als fragwürdigen Lobby-Methoden des Uber-Konzerns ausgepackt hatte, nimmt Uber weiter Einfluss auf die Parlamentarier und versucht, die Richtlinie zur Plattformarbeit zu beeinflussen. Oppermann: „Es ist deutlich zu spüren: Vor nichts hat Uber so viel Angst wie davor, seine Fahrer anstellen zu müssen“.
Der Bundesverband übt derzeit – gemeinsam mit seinen europäischen Partnern in der International Road Transport Union (IRU) sowie bei Taxis4SmartMobility (T4SM) – vermehrt Druck auf Anbieter wie Uber aus, um für eine klare Abgrenzung zwischen Uber & Co. auf der einen Seite und Taxizentralen auf der anderen Seite zu sorgen. „Mit unserer Sichtweise, dass Taxizentralen keine Plattformen im Sinne dieser Richtlinie sein sollten, laufen wir überall offene Türen ein. Jetzt muss es aber auch Schwarz auf Weiß im Text verankert werden, damit wir Rechtssicherheit haben. Eine strenge Regulierung von Plattformarbeit ist zu begrüßen. Sie muss aber die Richtigen treffen“, kommentiert Oppermann.
Uber treibt seinen Lobbyismus derweil ungerührt weiter. Den Grundstein für die aktuelle, weltweite Werbekampagne hat Mark MacGann seinerzeit selbst gelegt, nachdem er vor acht Jahren Chef-Lobbyist bei Uber geworden war. Das „Manager-Magazin“ meldete damals, dass der Konzern nach dem „Verlust“ von EU-Kommissarin Neelie Kroes, einer leidenschaftlichen Unterstützerin, den früheren Obama-Berater David Plouffe ins Boot geholt hatte, um seine Anliegen politisch weiter voranzubringen. Für seine Pressearbeit in Europa hatte Uber die Kommunikationsagentur Burson-Marsteller (seit 2018: Burson Cohn & Wolfe) engagiert, laut Manager-Magazin „eine der führenden der Welt“, die auch für wirtschaftliche Schwergewichte wie Monsanto, SAP, Deutsche Lufthansa und Facebook tätig ist und „nicht immer unumstrittene Dienste im Bereich Government Relations“ leistet.
Das „Whistleblowing“ von Mark MacGann Anfang Juli 2022 war nicht das erste Mal, dass ein PR-Coup der Agentur nach hinten losging: Nachdem der Internet-Riese Facebook zuvor die New Yorker Agentur diskret engagiert hatte, um negative Presse über den Konkurrenten Google zu machen, ein Mitarbeiter sich aber weigerte, dreist zu lügen und der Deal aufflog, schlachtete die amerikanische Presse den Fall aus, und beide Unternehmen gaben die Affäre zu. Die Affäre um die Uber-Files scheint derweil einen anderen Verlauf zu nehmen. Die Uber-Files finden außerhalb von Fachkreisen deutlich weniger Beachtung als ein Shitstorm gegen Facebook. Im Kampf gegen Uber & Co. stehen die deutschen Gewerbevertreter, allen voran Michael Oppermann, in einem wichtigen, aber zähen Prozess, der noch viel Arbeit erfordern wird. ar
Beitragsfoto: Dennis Radtke (CDU) sitzt für die EVP im Europäischen Parlament. Foto: Martin Lahousse