Im Januar hat der Fahrtenvermittler Uber per Pressemeldung den Eindruck erweckt, dass Berliner Bürger wieder verstärkt auf den eigenen Pkw umsteigen würden, wenn die Stadt Mindestentgelte einführt. Doch wieviel Wahrheit steckt in der hier zitierten Studie und den daraus abgeleiteten Interpretationen?
Aktualisierung am 3.3.25 (siehe unten)
Bitte nicht falsch verstehen. Umfragen bzw. Meinungsforschung und Statistiken sind ein toller Weg, um Zusammenhänge zu verstehen, oder auch um valide zu testen, welchen Effekt verschiedene neue Produkte auf den Konsumenten haben, dennoch beinhaltet der Spruch „Traue nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast.“ häufig einen wahren Kern.
Oberstes Gebot einer jeden Umfrage sollte die für den Konsumenten nachvollziehbare Methodik und grundsätzlich gegebene Transparenz sein. Das ist wichtig, denn geht man beispielsweise davon aus, dass Antworten unterschiedlich ausfallen, je nachdem, wen man befragt, so werden BVB-Clubmitglieder voraussichtlich erwartbar andere Antworten zum FC Bayern München geben, als die FCB-Fans selbst.
Das ist natürlich keine Überraschung. Deshalb ist es wichtig, das sichergestellt werden kann, dass die Schnittmenge (wer wird gefragt) überhaupt Antworten zu einer bestimmten Thematik geben kann. Die Funktionsweise eines Quantencomputers ist beispielsweise kein Thema, zu dem man vertieft die Menschen auf der Straße befragen könnte.
Auch bei der Personenbeförderung wird die Meinungsforschung häufig dazu genutzt, um ein vermeintliches Stimmungsbild der Bevölkerung einzufangen. Das nutzt beispielsweise Uber, um dann, wie zuletzt am 14. Januar geschehen, zu folgenden Schlussfolgerungen zu kommen:
- 30 Prozent der Befragten würden bei Einführung von Mindestpreisen wieder auf ihr eigenes Auto wechseln
- Befragte schätzen Mobilitätsapps für bessere Anbindung an ÖPNV
Natürlich gibt es Medien, die solche Aussagen übernehmen, ohne sie zu hinterfragen. Grundsätzlich sind solche Schlüsse, bezogen auf die Umfrageergebnisse, sicherlich nicht komplett als falsch anzusehen. Werden diese Aussagen aber aus dem Zusammenhang heraus genommen, kann ein komplett falscher Eindruck entstehen. Und das ist auch der Grund, warum eine Umfrage immer hinterfragt werden darf und auch muss.
Bezogen auf die Aussage „30 Prozent der Befragten würden bei Einführung von Mindestpreisen wieder auf ihr eigenes Auto wechseln“ gibt es einige offene Fragen, die nicht geklärt werden konnten, da Uber die Studie unserer Redaktion nicht vollumfänglich zugänglich gemacht hat.
In der von Uber veröffentlichen Pressemitteilung wurde diese Aussage sogar noch konkretisiert. „Knapp 30 Prozent der Befragten in Berlin würden demnach wieder ihren privaten PKW nutzen,“ heißt es da. Wenn man diese Aussage so liest, dann könnte man davon ausgehen, dass die Stichprobe natürlich ausschließlich aus Berlinern mit eigenem Fahrzeug besteht, denn sonst könnten sie ja nicht ein eigenes Fahrzeug nutzen.
Zur Stichprobe ist uns vom Dienstleister Civey folgendes mitgeteilt worden: „Civey hat für Uber vom 17.12. bis 30.12.2024 online 2.000 Personen in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main und Düsseldorf ab 18 Jahren befragt.“ Wenn man davon ausgeht, dass man so eine valide Datenbasis erzeugt hat, dann wäre die Ortsangabe in der oben genannten Aussage auch genauso auf Köln, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf übertragbar. Aber stopp, niemand hatte etwas von einer zufälligen Stichprobe gesagt. Könnte es denn sein, dass man vielleicht nur Uber-Nutzer befragt hat?
Zudem kann man es auch so sehen, dass Uber durch Weglassen von Informationen den Eindruck entstehen lässt, dass die Umfrage sich konkret mit der Berliner Situation auseinandergesetzt hat. Das ist allerdings, wie wir wissen, nicht der Fall.
Weiter ist selbstverständlich auch noch ein Blick auf die eigentliche Fragestellung interessant. In der Pressemitteilung wird glücklicherweise der entsprechende Teil der Umfrage veröffentlicht. Wer allerdings meint, dass die Frage wie folgt lauten müsste:
„Wie würden Sie ihr Nutzungsverhalten ändern, wenn ein Mindestpreis für die App-vermittelten Mietwagen von Uber eingeführt wird?”
Dann könnte man sich die Antwortmöglichkeiten folgendermaßen vorstellen.
a) garnicht
b) mit dem eigenen Auto fahren
c) mit dem ÖPNV (Bus, Bahn, U-Bahn) fahren
d) Taxi fahren, da es genauso teuer wie Uber ist
Ganz so war es aber nicht. Bei der Umfrage wurde folgende Frage gestellt. Inwieweit stimmen Sie der Aussage zu: „Wenn Mobilitäts-Service-Apps teurer werden, würde ich häufiger selbst mit dem Auto fahren?“ Die Zustimmung konnte in 6 Abstufungen von ‘Stimme eindeutig zu’, bis ‘Betrifft mich nicht’ gegeben werden.
Selbstverständlich haben wir Uber die Frage gestellt, ob denn die Teilnehmer der Umfrage im Vorfeld überhaupt darüber aufgeklärt wurden, welche Apps überhaupt mit Mobilitäts-Service-Apps gemeint sind? Wenn man es so offen lässt, dann würden doch auch die Apps der Verkehrsverbunde, oder von Car-Sharing-Anbietern, oder auch Taxi Apps darunter fallen, oder nicht?
Auch drängt sich die Frage auf, ob die Probanden überhaupt genau ahnen können, dass sich die Frage auf die Forderung nach Mindestpreisen für App-vermittelte Mietwagen bezieht? In der Frage selbst wird jedenfalls nicht darauf hingewiesen. Sicherlich hätte das auch nur zu wenig verwertbaren Antworten geführt, denn man darf annehmen, dass das Thema Mindestpreise für Mietwagen bislang noch nicht in der breiten Masse angekommen ist.

Als nicht absolut genau und trennscharf darf übrigens auch die Gewichtung der Antworten betrachtet werden. Die Antworten ‘Stimme eindeutig zu’ und ‘Stimme eher zu’ werden kumuliert und ergeben erst dann die oben genannten 30 Prozent der Befragten. Betrachtet man auf die gleiche Art und Weise, wieviel Prozent der Befragten die Aussage abgelehnt haben, dann kommt man auf knapp über 60 Prozent, was rund zwei Drittel der Befragten entspricht. Die Antworten der Umfrage hätten also auch zu folgender Erkenntnis führen können, „60 Prozent der Befragten nutzen Mobilitäts-Service-Apps auch wenn sie teurer werden.“ Ups, das hört sich aber ganz anders an.
Diese Beispiele sollten ausreichend aufzeigen, dass Transparenz bei einer Umfrage unabdingbar ist, damit die Ergebnisse auch als valide verstanden werden können. Ein schönes Beispiel für fundierte und verlässliche Umfragen und Untersuchungen liefert die Stadt Hamburg, die seit Jahren den Zustand des Hamburger Taxigewerbes untersucht. Ziel ist es, immer im Bilde darüber zu sein, ob ein Taxi ausreichend Umsatz einfahren und rentabel sein kann. Zuletzt hatte diese Untersuchung dazu geführt, dass keine neuen Konzessionen mehr ausgestellt werden. Das alles geschieht zum Schutz des Taxigewerbes. Aber auch bei der Erprobung der Festpreise im Hamburger Pflichtfahrgebiet soll die Entscheidung über deren Fortführung auf einer soliden Datenbasis basieren. sg
Aktualisierung am 3.3.25: Mittlerweile schlägt auch der Bundesverband Taxi- und Mietwagen Alarm: Bei der durch Pressemeldungen von Uber verbreitenen Aussage, dass Mindestpreise für Mietwagen die Leute zurück in den privaten PKW treiben würden, handele es sich um eine Falschaussage. Mehr dazu hier
Beitragsfoto: Symbolbild Umfrage: Quelle: pixabay
Wie schon immer lügen und manipulieren. Das kann Uber schon immer perfekt. Wer dies inzwischen nicht weiß, lebt auf einen anderen Planeten.