Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen einer Omnibus-Fachmesse trafen gestern in Berlin unter anderem BZP-Geschäftsführer Thomas Grätz und der Uber-Lobbyist Roland Werner aufeinander. Dabei konnte Grätz einigen Uber-Thesen widersprechen.
„Von A nach B – wie viele Optionen bringen einen nach Haus?“ Mit dieser Frage haben sich am gestrigen Mittwoch Vertreter verschiedener Mobilitätsdienstleister auseinandergesetzt. Für rund 30 Minuten waren im Rahmen der Omnibus-Fachmesse „Bus2Bus“ in Berlin Yannick Hofrichter von Floatility, Markus Pellmann-Janssen von der Bahn-Tochter Ioki und Roland Werner von Uber zusammengekommen. Das Taxi und Mietwagengewerbe war durch den BZP-Geschäftsführer Thomas Grätz vertreten.
Vor rund 50 Zuhörern, die größtenteils aus der Busbranche kamen und daher bisher wenig Berührungspunkte mit der Taxibranche hatten, nutzte Grätz die anfängliche Vorstellungsrunde, um den BZP als Taxi- und Mietwagenverband genauer vorzustellen. Als Dachverband der Landesverbände und Taxizentralen vertrete man die Interessen von rund 50.000 Taxi- und Mietwagenbetrieben, die rund 90.000 Fahrzeuge im Einsatz haben. Im Schnitt hat jeder Unternehmer 1,6 Fahrzeuge, was die kleinteilige Struktur einer Branche unterstreiche, die aber trotzdem viele Arbeitsplätze schaffe. Es gehe daher für den BZP darum, die Rechte und Interessen von 250.000 Menschen zu wahren.
Roland Werner, ehemaliger Politiker der FDP und aktueller „Head of Public Policy and Governmental Relations DACH & CEE bei Uber (also deren Chef-Lobbyist), stellte Uber als Unternehmen vor, das „nach einem nicht ganz so guten Start“ vor vier Jahren das Konzept komplett umgestellt habe und nun ausschließlich mit lizensierten Partnern zusammenarbeite, die sowohl aus dem Taxi- als auch aus dem Mietwagengewerbe komme. „Wir glauben, dass wir mit unseren app-basierten Technologien diese noch effizienter befüllen können, indem wir ihre Auslastung erhöhen“, sagte Werner. Dass ein Großteil dieser Partner täglich gegen geltende Vorschriften verstößt, um die für die Auslastung nötigen Uber-Aufträge überhaupt erhalten zu können, kam dabei nicht zur Sprache.
Stattdessen half schon die Einstiegsfrage, mit den ewig gestrigen Klischees aufzuräumen. Wie gehe denn der Taxiverband – eingequetscht zwischen all den digitalen Anbietern – damit um, als letzte analoge Bastion wahrgenommen zu werden und wie bereitet man die Taxibranche auf die Digitalisierung vor“, wollte Moderator Don Dahlmann, Redakteur bei NGIN Mobility, wissen. Grätz antwortete mit der Klarstellung, dass Taxizentralen schon in den frühen 90-er Jahren ihre Datenkommunikation auf digitale Kommunikation umgestellt hätten. „Das Taxigewerbe ist einer der ersten Anwender der digitalen Technik. Wir waren viel früher auf den Markt als die Herren, die sich nun der Digitalität frönen. Der Unterschied ist lediglich, dass man nicht die finanziellen Mittel habe, um das mit immensen Werbemitteln bekannt zu machen. Das einzig wirklich analoge unserer Branche ist, dass immer noch ein Mensch hinter dem Steuer sitzt. Das wird sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern.“
Werner dagegen meinte, man müsse den angesprochenen Wettbewerb differenzieren. Uber vermittle in Berlin auch an über 1.000 Taxis. Somit bestehe der Wettbewerbe also zwischen den Vermittlungsplattformen. Es sei das Ziel von Uber, dass eine breite Masse die Möglichkeit hat, das individuelle Angebot zu nutzen. „Durch das günstigere Angebot kommen mehr Fahrgäste und man hat dadurch mehr Einnahmen, als man heute im Markt hat“, sagte Werner und verweis auf eine BZP-Studie, wonach ein Drittel der Bevölkerung nie ein Taxi nutze sowie ein weiteres Drittel nur einmal pro Jahr.
Natürlich nutzte Werner auch die Gelegenheit, um ein Plädoyer für eine Änderung des PBefG zu halten. In den meisten Ländern Europas sei der Markt schon liberalisiert worden und man wünsche sich, dass dies auch in Deutschland passiere. Als Begründung führte er an, dass die Regelungen des PBefG im Kern aus den 30-er Jahren stammen – „mit letzten einschneidenden Änderungen in den 80-er Jahren. Die Regulierung muss auch immer ein Stück den Stand der Technik widerspiegeln“.
Grätz bezeichnete dies als falsche Fakten: Grundlagen des PBefG stammen aus den 60-er Jahren und wurden in der Folge 30-40 mal reformiert. „Nur weil es jetzt Digitalität gibt, soll das, was bisher wunderbar funktioniert hat, nun nicht mehr funktionieren“, fragt Grätz und gibt die Antwort gleich selbst: „Es funktioniert sehr viel, sehr gut unter der Ägide des geltenden Rechts. Dieses Recht sorgt dafür, dass die Daseinsvorsorge und die Ansprüche auf Mobilität der Bevölkerung gewährleistet sind. Die Grundsätze der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht müssen auch weiterhin zwingend erhalten bleiben.“
Zwischen Grätz und Werner saß Markus Pellmann-Janssen, Head of Sales der Bahntochter „ioki“. Nicht nur optisch, sondern auch thematisch, wie er im Laufe der Diskussion betonte. Sein Unternehmen möchte all diejenigen unterstützen, die bereit sind, Verkehr von der Bahn auf die Straße zu bringen. Man biete dafür IT-Lösungen und Verkehrsanalysen an und stelle Technologie zur Verfügung. Man wolle keine eigenen Verkehre in den Markt bringen, sondern die Verkehre wirtschaftlich unterstützen, die schon im Markt sind. Dieses Konzept ähnelt dem, was die Unternehmen door2door oder auch Metropolis mit Carl E verfolgen.
Pellmann-Janssen sprach in seiner Analyse von einem „dritten Markt“, der mit dem Eintritt von Uber & Co geschaffen wurde. Bisher bestand Mobilität zum einen aus den Privatfahrzeugen (wozu er auch das Taxi zähle) und dem ÖPNV. Der dritte Markt picke sich nun aus beiden Bereichen etwas heraus. Indem der Kunde diesen Markt annehme, führe dies zu noch mehr Verkehr. Pellmann-Janssen führt in diesem Zusammenhang die Schaller-Studie an, in der jene Verkehrszunahme wissenschaftlich belegt ist, die in den USA mittlerweile als Uber-Stau bezeichnet wird und New York auch schon zu Gegenmaßnahmen gezwungen hat.
Jener Umstieg fließe in die Taschen der Privatwirtschaft von Uber & Co und fehle dem ÖPNV: „Wer zahlt die Lücken?“, fragt Pellmann-Janssen. „Wer das bezahlt, soll auch bestimmen, was er möchte.“ Pellmann-Janssen spielt den Ball damit an die Kommunen, die deshalb auch entscheiden sollen, was sie genehmigen. „Sie sollen regeln dürfen, zu welchen Zeiten sie einen dritten Markt zulassen und zu welchen Zeiten nicht.“ jh
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