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Uber vereitelte mit „Ripley“ regelmäßig Hausdurchsuchungen

von Philipp Rohde
18. Januar 2018
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Ubers Zentrale in San Francisco schaltete per Fernzugriff in mindestens zwei Dutzend Fällen bei Polizei-Razzien im Ausland Bürocomputer, Laptops und Smartphones von Angestellten ab, um örtliche Ermittler am Auslesen von Daten zu hindern. Die dafür entwickelte Routine nannte Uber „Ripley“, heißt es in einem Report von Bloomberg.

Gewisse Ähnlichkeit mit dem Uber-Logo natürlich rein zufällig. Grafik: Marseille77

Das für Ripley zuständige Team in Ubers Hauptquartier konnte per Fernzugriff sowohl Daten auf Smartphones, Laptops, Bürocomputern als auch diese Geräte komplett abschalten. Die Angestellten bekamen der Zeugenaussagen im Waymo-Fall zu Folge Laptops und Smartphones von Uber, so waren sie auch Ubers Eigentum. Die bekannte Routine hieß ursprünglich „Protokoll für unerwartete Besucher“ und wurde bald im Firmenjargon „Ripley“ genannt, nach dem Helden im Film „Alien“, der einen Befehl zur atomaren Vernichtung von Aliens gibt.

„Die meisten Firmen rechnen nicht damit, von der Polizei regelmäßig durchsucht zu werden – nicht so Uber. Die Reputation des Fahrdienstleisters, gegen Arbeitsschutzbestimmungen und Taxigesetze zu verstoßen, hat ihn zu einem priorisierten Ziel für die Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden der Welt gemacht. Und hier leistet das „Ripley“ genannte System gute Dienste,“ schreibt Bloomberg. Zwischen Frühjahr 2015 bis Ende 2016 habe Uber Ripley routinemäßig benutzt, um Polizei-Razzien im Ausland abzuwehren, sagten Zeugen gegenüber Bloomberg. Hinweise darauf gibt es in den Gerichtsakten zahlreicher Fälle, aber über Ursprung, Details und Ausmaß wurde bislang nichts bekannt.

Vereitelte Durchsuchungen in Montreal, Brüssel, Hongkong und Paris

Im Mai 2015 stürmten 10 Ermittler der kanadischen Finanzbehörde Ubers Büro in Montreal. Wegen des Verdachts von steuerrechtlichen Vergehen hatten sie zur Beweissicherung einen Durchsuchungsbefehl bekommen. Die leitenden Angestellten vor Ort wussten, was sie zu tun hatten, berichteten Augenzeugen. Wie in hunderten ausländischer Büros Ubers waren auch sie angewiesen, in einem solchen Fall einen Pager in San Francisco anzurufen. Als das Signal dort eintraf, loggten Angestellte schnell die Computer und Laptops in Montreal aus, und machten es damit den Beamten quasi unmöglich, die Datensätze der Firma auszulesen. Die Ermittler mussten erfolglos abziehen.

Ein Jahr nach der gescheiterten Durchsuchung in Montreal, im Frühjahr 2016, hielt der zuständige Richter es für erwiesen, dass Uber versuchte, die Justiz zu behindern. Uber erwiderte, dass man keine Daten gelöscht habe. Einem zweiten Durchsuchungsbefehl, der spezifischer ausgestellt war, kam Uber nach und versicherte, in Zukunft die Steuern des Bundesstaats Quebec für jede einzelne Fahrt abzuführen. Der beabsichtigte Effekt der überraschenden Durchsuchung, an Beweise zu kommen, bevor sie vernichtet werden können, war damit bereits verpufft.

Uber wendete Ripley auch noch 2016 bei Durchsuchungen der Geschäftsräume in Amsterdam, Brüssel, Hongkong und Paris an, beruft sich Bloomberg auf Zeugen. Sie sagten, dass das Programm in Koordination mit Ubers Sicherheits- und Rechstabteilung entwickelt wurde. Die Leiter der Abteilungen, Joe Sullivan und Salle Yoo, haben Uber inzwischen verlassen. Sullivan war unter anderem verwickelt in den Datenklau von 2016, in der mutmaßlichen Industriespionage und war einer der Leiter des betriebseigenen Geheimdienstes. Salle Yoo kündigte ihren „Rücktritt“ als Leiterin der Rechtsabteilung im September an, und zwar nur wenige Stunden nachdem der neue CEO, Dara Khosrowshahi, seine Pläne zu Ubers „Rettung“ vorgelegt hatte.

Salle Yoo ordnete Ripley an

Ripley wurde anscheinend 2015 als Reaktion auf die Durchsuchung der Uber-Büros in Brüssel gestartet. Die belgischen Behörden beschuldigten Uber, ohne die notwendigen Genehmigungen zu operieren und fanden die Daten des Bezahlungssystems, sowie Daten von Fahrern und Angestellten. Ein Gerichtsbeschluss zwang Uber ein Jahr später, das ungenehmigte Angebot einzustellen. Eine Woche nach der Durchsuchung in Brüssel veranlasste Yoo, dass auf allen Geräten der Angestellten Verschlüsselungsprogramme installiert wurden und die Computer sich nach 60 Sekunden Inaktivität ausloggten. Sie schlug außerdem den Test einer Anti-Durchsuchungs-App vor.

Die Angestellten von Ubers IT-Abteilung wurden daraufhin beauftragt, ein System zu entwickeln, was interne Aufzeichnungen vor Eindringlingen in den hunderten Büros der Firma weltweit verhindern könnte. So entwickelten sie das Vorgehen des Pagings von Angestellten im Hauptquartier, die in Sekundenschnelle Computer am anderen Ende der Welt lahmlegen konnten. Eine andere Routine, „uLocker“ sollte der Polizei ein typisches LogIn-Fenster als in Wirklichkeit funktionsloses „Dummy“ anzeigen, dass notorisch die Anmeldung am Computer verweigert. Allerdings sei dieses Programm laut Bloombergs Quellen nie über den Prototyp hinaus gekommen. Das umstrittene „Sicherheitsteam“ Ubers übernahm Ripley 2016.

Uber könnte auch auch andere gute Gründe haben, die sensitiven Kundendaten auf ihren Computern vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Unter anderem wird als Rechtfertigung angeführt, dass in den USA Ermittler auch ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss Zugang zu Computern verlangen. Allerdings habe Uber diesen Mechanismus gezielt dazu benutzt, Ermittlungen zu verschleppen und Durchsuchungen zu vereiteln, die nach den jeweiligen nationalen Bestimmungen rechtmäßig durchgeführt worden wären. Und angesichts der Tatsache, dass Ripley genau wie Greyball offenbar genau zum Zweck der Behinderung der Justiz entwickelt wurde, wirken solche Entschuldigungen hilflos.

Neubewertung älterer Fälle möglich

Das US-Justizministerium ermittelt in mindestens fünf weiteren Fällen, in denen Software-Routinen mutmaßlich für ähnliche Zwecke eingesetzte wurden, zum Beispiel ‚Greyball‘. Die neuen Erkenntnisse über Ripley lassen die Ermittler jetzt darüber nachdenken, was ihnen durch die Verdunklung Ubers mit passwortgeschützten Computern und verschlüsselten Daten vorenthalten wurde. Auch Scotland Yard hatte 2017 ernsthafte Vorwürfe gegen Uber erhoben. Dort hat der Fahrdienstvermittler sexuelle Übergriffe auf Fahrgäste nicht der Polizei gemeldet und der Polizei Auskünfte bei Ermittlungen verweigert. prh

Grafik: Marseille77

Hinweis in eigener Sache: Diese Meldung können Sie auch in unserer Taxi Times-App nachlesen. Jetzt kostenlos runterladen.

Tags: AmsterdamBrüsselKanadaMontrealParisPolizeiSteuerhinterziehungUber
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Philipp Rohde

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