Der Münchner Huss-Verlag veranstaltete zwei Wochen die „Conference Days“ mit jeweils einstündigen Webinaren, darunter auch eine Handvoll taxirelevanter Themen. So referierte beispielsweise Benjamin Sokolovic, Geschäftsführer des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen, über die rechtlichen Vorgaben bei Urlaub und Kurzarbeit.
Ergänzend zum bisherigen Wissensstand verwies Sokolovic auf ein topaktuelles Urteil des LAG Düsseldorf aus dem März 2021, welches feststellt, dass zumindest bei KUG Null für den vollen Monat auch kein Urlaubsanspruch entsteht, weil in der Kurzarbeit die Hauptleistungspflichten des Arbeitgebers ruhen. Allerdings stehe eine Bestätigung dieses Urteils durch das BAG noch aus. Allgemeiner Tenor unter Arbeitsrechtlern sei im Übrigen, dass diese Entscheidung entsprechend auch auf anteilige Kurzarbeitszeiträume übertragbar sei, solange tatsächlich auch ganze Tage kurzarbeitsbedingt entfallen würden.
Wer also im Rahmen der Kurzarbeit an zwei statt an vertragsgemäß fünf Wochentagen arbeitet, verfügt so nur noch über einen um 3/5 reduzierten Urlaubsanspruch. Wer dagegen nur noch fünf statt der vereinbarten täglichen acht Stunden arbeitet, verfügt nach wie vor über den vollen Urlaubsanspruch, da diesbezüglich in Tagen gerechnet wird. Allerdings fehle bisher leider noch ein entsprechendes Urteil, um als Arbeitgeber auch bei kurzarbeitsbedingt anteiligen Urlaubskürzungen wirklich auf der sicheren Seite zu stehen.
Zum Urlaubsziel wies Sokolovic dann darauf hin, dass ein Arbeitgeber zwar immer noch nicht fragen dürfe, wer wohin in den Urlaub fahre, er aber durchaus zur Frage berechtigt sei, ob ein Arbeitnehmer denn in einem Risikogebiet Urlaub machen wolle. Allerdings dürfe ein Arbeitgeber die Reise in ein Risikogebiet nicht generell verbieten. Eine daraus folgende Quarantäne sei aber, wenn sie bei der Urlaubsplanung nicht mit als Urlaub beantragt worden sei oder Homeoffice möglich sei, eine schuldhaft herbeigeführte Arbeitsunfähigkeit, deren arbeitsrechtliche Bewertung dem Arbeitgeber überlassen bleibe.
Gern vergessene Klassiker im Urlaubsrecht seien im Übrigen, dass beispielsweise auch Minijobber Urlaubsansprüche haben und dass nicht genommener Jahresurlaub inzwischen nur noch dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer auch nachweislich darauf hingewiesen wurde. Bei der relativ neuen Hinweispflicht auf dem möglichen Urlaubsverfall nicht beantragter Urlaubstage ist wichtig, hier eine unmissverständliche Formulierung zu wählen, welche die Anforderung eines Urlaubsantrages eindeutig mit der Rechtsfolge verknüpft, die beim Fehlen eines solchen Antrages beispielsweise zum Jahreswechsel entsteht. Vorschlag Sokolovic: „Sie haben soundso viel Urlaub. Beachten Sie, dass Sie ihn rechtzeitig geltend machen müssen, damit wir Ihnen Ihren Urlaub auch bis zum 31.12. dieses Kalenderjahres gewähren können. Anderenfalls verfällt Ihr verbleibender Urlaubsanspruch bis zum Jahresende“, wobei der Arbeitgeber nach Gutdünken auch einen anderen Zeitpunkt wie beispielsweise den März wählen könnte.
Mit der Faustformel „vier Tage Jahresurlaub pro Wochenarbeitstag“ lasse sich übrigens der Mindesturlaub immer gut ermitteln. Wer also einen Tag pro Woche arbeitet, dem stehen vier Tage Jahresurlaub zu, wer fünf Tage arbeitet, kommt so auf zwanzig Tage.
Bitteres Erwachen für Arbeitgeber gäbe es im Übrigen immer wieder bei Urlaubsansprüchen langzeiterkrankter Mitarbeiter*innen. Wer seinen Urlaub gesundheitsbedingt nicht nehmen kann, behält den Anspruch nämlich maximal fünfzehn Monate über das Urlaubsjahr hinaus. Der 20er Resturlaub bleibt dann beispielsweise maximal bis Ende März 2022 gültig.
Interessant waren bei Sokolovics Vortrag diverse allgemeine Hinweise wie beispielsweise der Tipp, dass Arbeitnehmer arbeitsrechtlich durchaus auch mal eine 60-Std-Woche arbeiten dürfen, solange denn zeitnah ein Ausgleich erfolge. Die bekannte Obergrenze von 48 Stunden pro Woche gelte nur für regelmäßige Vereinbarungen, beispielsweise im Arbeitsvertrag und Unternehmer*innen seien diesbezüglich überhaupt nicht reglementiert.
Beim Thema Bereitschaft durfte gerade vor den Taxler*innen in der Zuhörerschaft natürlich keinesfalls der Hinweis fehlen, dass jede Vereinbarung, bei der Arbeitnehmer Aufträge auf Abruf übernehmen, nach wie vor immer dann die gesamte Bereitschaftszeit zur Arbeitszeit macht, wenn eine zeitnahe Aktivität eingefordert wird. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu noch einmal bestätigt: Erst wenn Arbeitsnehmer*innen eine angemessene Reaktionsfrist auf eine Arbeitsanforderung hätten, könne Bereitschaftszeit auch anders entlohnt werden.
Vor Gericht ging es um einen Feuerwehrmann, der eben nicht erst 45 Minuten warten kann, bevor er zum Löschen ausrückt. Und in der Taxibranche geht es um die Kolleg*innen, die am Taxistand warten, aber auch um diejenigen, die das Auto mit nachhause nehmen und dort auf Aufträge warten. Eine Arbeitszeit-reduzierende Rufbereitschaft ist so nicht gegeben.
Mit dem Schlusssatz „bleiben Sie negativ und denken Sie positiv“ verabschiedete sich Sokolovic nach einer informativen Stunde und dieser Formulierung lässt sich dann nichts mehr hinzufügen. rw
Anmerkung der Redaktion: Herr Sokolovic informierte im gleichen Rahmen auch über die Corona-Testpflicht in Taxibetrieben.