In der künftigen Ampelregierung geht das Verkehrsministerium an die FDP, Verkehrsminister wird Volker Wissing. Ist das nun gut oder schlecht für das Taxigewerbe?
In einer Ampelkoalition, in der man den „Fortschritt wagen will“ (so lautet der Titel des 177 Seiten dicken Koalitionspapiers) und in der die Verkehrs- und Mobilitätswende das beherrschende politische Thema werden wird, wird das FDP-geführte Verkehrsministerium eine Schlüsselposition einnehmen. Die spannende Frage aus Taxisicht wird sein, wie sehr der neue Minister Dr. Volker Wissing auf Parteilinie bleiben wird und somit ebenfalls dem Irrglauben aufsitzt, Digitalisierung sei mit Deregulierung gleichzusetzen.
Diese Geisteshaltung hatten zahlreiche FDP-Parteipolitiker in den Verhandlungen zur Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vertreten. Hätte man sich damit durchgesetzt, wäre die PBefG-Novelle zu einer Lex Uber geworden und hätte das Taxigewerbe und somit die mobile Daseinsvorsorge der Gesellschaft zerstört. Haupt-Profiteur wäre davon der US-Fahrtenvermittler Uber gewesen, der mit juristisch nachgewiesenen Rechtsbrüchen den Markt der individuellen Personenbeförderung auf Basis freier Marktwirtschaft übernehmen will. Zur Erinnerung: Uber agiert in Deutschland unter anderem in Kooperation mit der „SafeDriver Enno GmbH“. Das Unternehmen sorgt als Generalpartner dafür, dass die gerichtlichen Auflagen an eine rechtskonforme App-Vermittlung zumindest auf dem Papier eingehalten werden.
SafeDriver Ennoo ist ein Unternehmen der SafeDriver Group, und diese wiederum ist seit dem 1. Juni 2017 Mitglied der Ceterum-Holding, die als Gesellschafter mit 74,9 Prozent am Unternehmen beteiligt ist. Jene Ceterum-Holding zählte im Jahr 2017 zu den Großspendern der FDP – und somit im Jahr der damaligen Wahl einer Bundesregierung, die dann ja bekanntermaßen die Novelle des PBefG umgesetzt hat – allerdings ohne nennenswerten Einfluss der FDP, die nach der Wahl auf eine Regierungsbeteiligung verzichtet hatte.
Nun aber leitet die FDP das Bundesverkehrsministerium und hätte damit die Position, eine „alte Bringschuld“ doch noch zu begleichen, indem man beispielsweise die PBefG-Novelle im Sinne von Uber & Co. aufweicht. Ein konkreter Auftrag dazu ist nicht vorhanden, zumindest steht dazu nichts im Koalitionsvertrag. Es wäre aufgrund der offensichtlichen Verknüpfung zur Ceterum-Spende politisch auch nicht sehr klug.
Volker Wissing wird sicherlich weitsichtig genug sein, das in seine Überlegungen einzubeziehen. Er wird als Vertreter einer freiheitlichen Partei auch wissen, dass eine Gesellschaft, deren mobile Daseinsvorsorge durch ein geschwächtes Taxigewerbe gefährdet ist, dies als freiheitsbeschränkend empfinden würde. Die Vertreter der Taxibranche sind hier sicherlich aufklärend tätig.
Insofern kann es durchaus vorteilhaft sein, dass der Taxi- und Mietwagenverband in diesem Jahr mit Patrick Meinhardt einen Geschäftsführer ernannt hat, der als aktives FDP-Mitglied und ehemaliger Bundestagsabgeordneter viele FDP-Politiker persönlich kennt, mit ihnen sogar „per Du“ ist, unter anderem auch mit Volker Wissing.
Das geht aus einem Brief des TMV an Wissing hervor, der Taxi Times vorliegt. Patrick Meinhardt spricht darin den künftigen Verkehrsminister mit „lieber Volker“ an und beglückwünscht ihn im Namen des TMV zu seiner Nominierung.
„Wir wünschen Dir in nicht einfachen Zeiten eine glückliche Hand, viel Kraft und Begeisterung für die herausfordernde Aufgabe, eine moderne, innovative Mobilitätspolitik für unser Land zu gestalten“, schreibt Meinhardt und verspricht: „Wir werden als Taxi- und Mietwagenverband engagierter, fairer und kritischer Partner sein, um konstruktiv und lösungsorientiert eine nachhaltige Verbesserung im Angebot des Öffentlichen Personenverkehrs zu erreichen.“ Dabei werde man als TMV in allen anstehenden Fragen gerne als Gesprächspartner zur Seite stehen, „auch wenn wir sicherlich das eine oder andere Mal hart in der Sache und fair im Umgang zumindest zu Beginn einer Diskussion einmal unterschiedlicher Meinung sein werden.“
Im Hinblick auf die in der PBefG-Novelle eingeführte Fachkunde äußert Meinhardt eine konkrete Bitte an „Volker“: „Bei der Kleinen Fachkunde und bei der Frage einer Prüfung hat das Verkehrsministerium bislang schlicht und ergreifend versagt. Allein fast sechs Monate hat es gebraucht, bis durch viel Druck überhaupt ein Runder Tisch mit den Verbänden stattgefunden hat. […] Nimm Dich dieses für das Taxi- und Mietwagenwesen wichtigen Themas an, damit wir hier sobald als möglich eine wirklich gute Lösung erzielen.“ jh
Beitragsfoto: der künftige Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Dr. Volker Wissing.
Rechtlich verbindliche Quellenangabe: Olaf Kosinsky, 2020-08-18 Minister Volker Wissing by OlafKosinsky MG 3165, CC BY-SA 3.0 DE