Zu dritt wollten sie einen Taxifahrer ermorden und ausrauben. Jetzt wurden zwei bemerkenswerte Strafen ausgesprochen. Die jüngste Täterin bleibt unbestraft: Sie war zur Tatzeit mit 13 Jahren noch strafunmündig. Die beiden verurteilten Täterinnen waren 15 und 17.
Der Fall sorgte nicht nur wegen der Kaltblütigkeit der Tat, sondern vor allem wegen des Alters der Täterinnen für Aufsehen in den Medien weit über Niedersachsen hinaus. Die Tat erinnert in ihrer Brutalität an zwei Fälle aus Berlin, über die Taxi Times 2016 berichtete.
Dass das Trio einen Menschen töten wollte, stand außer Zweifel. Ende März ist das Urteil gefallen: Die 15-jährige Haupttäterin ist wegen versuchten Mordes und versuchten Raubes zu sieben Jahren Jugendhaft mit Option auf anschließende Sicherungsverwahrung verurteilt worden, ihre 17-Jährige Komplizin zu drei Jahren und sechs Monaten plus Drogenentzug. Auch von einer Einweisung in eine Erziehungsanstalt war bei ihr die Rede. Der Taxifahrer, der die Tat nur mit Glück überlebt hat, kämpft mit den Folgen: „Wenn jemand einsteigt da hinten, muss ich immer gucken, dass da niemand ein Messer, eine Pistole oder einen Hammer in der Hand hat und wieder so was passieren kann. Es kann jederzeit wieder passieren.“
Was passiert ist: Am 25. Oktober 2020, einem Sonntagnachmittag, beschließen die drei minderjährigen Mädchen, gemeinsam einen Menschen zu töten, um an Geld für Drogen zu kommen. Sie lassen sich von einem 52-Jährigen Taxifahrer von der Landeshauptstadt Hannover in die benachbarte Industrie-Vorstadt Garbsen fahren. Während der 15 Kilometer langen Fahrt sollen sie sich laut Anwalt des Opfers per Textnachrichten auf ihren Handys über die Tatausführung ausgetauscht haben, obwohl sie nebeneinander auf der Rückbank saßen. Ein Nachrichtenportal zitiert aus den Textnachrichten: „Wohin steche ich?“ – „Stich in den Hals, mach die Kamera kaputt im Taxi.“ – „Was passiert, wenn er nicht stirbt?“ – „Zieh ihn aus dem Auto raus, danach stechen wir weiter auf ihn ein.“
Als der Fahrer am Ziel seine Geldbörse hervorholt, um zu kassieren, zieht die Täterin, die hinter ihm sitzt, ihr Klappmesser und versucht es dem Familienvater in den Hals zu stechen. Der sieht das Metall aus dem Augenwinkel und weicht reflexartig aus, so dass die Klinge anstelle des Halses das Schulterblatt des Iraners trifft. Sofort tritt Blut aus. Sie sticht mehrmals kräftig zu. Ein Stich verfehlt knapp die Lunge. Dann springen die drei aus dem Taxi und reißen die Fahrertür auf, um dem Fahrer die Geldbörse zu rauben. In dem Moment gelingt dem blutenden Mann die Flucht, indem er mit letzter Kraft Vollgas gibt. Er ist schwerverletzt und steht unter Schock. Die Mädchen verlassen den Tatort ohne Beute.
Am Abend prahlen die Mädchen bei Freunden mit ihrer Tat. Zudem sind in Hannover fast alle Taxis mit Überfallschutzkamerasystemen ausgestattet. Noch am selben Tag gelingt der Polizei die Festnahme der ersten Täterin, die zweite wird vier Tage später verhaftet.
Beim Gerichtsprozess, der am 5. März begann, war, wie bei sehr jungen Angeklagten üblich, die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die 13-Jährige ist noch nicht strafmündig und steht daher nicht vor Gericht. Der traumatisierte Fahrer Amir B. ist Nebenkläger und wird in der Presse zitiert: „Ich war unschuldig und sollte sterben. Ich habe Gott sei dank Glück gehabt. Keine Ahnung, was das für Menschen sind.“ Eine Boulevard-Zeitung weiß, dass die Mädchen – Maryam (13), Nuran (15) und Dilara (17) – aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammen, die Schule schwänzten, sich am Hauptbahnhof herumtrieben und Kontakt zu einer polizeibekannten Jugend-Gang hatten. Sie sollen unter anderem Kokain und Heroin genommen haben. In solchen gesellschaftlichen Verhältnissen ist der Übergang zwischen Opfer und Täter wahrscheinlich eine Art dynamischer Pendelzustand wie zwischen euphorischer und aggressiver Stimmung oder zwischen Rausch und Entzugserscheinung – und ein Menschenleben wohl nicht viel wert. Der Tathergang war auch nicht schwer zu ermitteln, da man im Milieu der Täterinnen auf solche Taten stolz ist und Anerkennung erlangt.
Die 15-Jährige gibt vor Gericht zu, zugestochen zu haben. Das Trio habe mit dem Geld des Taxifahrers seinen Drogenkonsum finanzieren wollen. Auch Gedanken an einen möglichen Raub des Autos ist Thema in der Verhandlung. Das Gericht greift durch. Die beiden verurteilten Täterinnen werden nach dem harten Urteil nun etliche Jahre in Unfreiheit verbringen. ar
Anmerkung der Redaktion: Wir wünschen Herrn B., dass er die schreckliche Tat auch psychisch verarbeitet. Der Fall hat erneut gezeigt, wie wichtig die Überfallschutzkamera im Taxi ist. Auch, wenn sie in dem Fall die Täterinnen mit ihrer geringen Hemmschwelle nicht abschrecken konnte, so kann sie doch nach solchen Taten dazu beitragen, Verbrechen aufzuklären und die Allgemeinheit vor gemeingefährlichen Personen zu schützen. Mehrere Jahre Haft mit anschließender Unterbringung in einer Erziehungsanstalt bzw. mit Vorbehalt der anschließenden Sicherungsverwahrung verhängt ein Gericht sicher nicht alle Tage gegen minderjährige Mädchen. Bei der strafunmündigen 13-Jährigen kann man nur hoffen, dass das Verbrechen ein Wendepunkt in ihrem Leben war, der sie dazu bringt, mit Hilfe von außen und Abkehr von falschen Freunden eine völlig andere Richtung einzuschlagen.
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