Dass Krankenkassen durch Einzelverträge mit Taxibetrieben Geld sparen, ist ein Trugschluss. Im Gegenteil: Es erschwert Kassen und Taxibetrieben wirtschaftliches Arbeiten und schafft neben Bürokratie auch den Nährboden für Betrügereien.
Das „Traunsteiner Tagblatt“ berichtete kürzlich unter der Überschrift „Taxifahrer verurteilt: 139 000 Euro Schaden angerichtet“ von einem Fall des Abrechnungsbetrugs. Ein Taxifahrer hatte bei mehreren Krankenkassen angebliche Fahrten mit Patienten in Dialysezentren abgerechnet, die gar nicht stattgefunden hatten. „66 Fälle mit einem Gesamtschaden von fast 139.000 Euro brachten dem Mann aus dem Landkreis Rosenheim vom Schöffengericht Traunstein eine zweijährige Freiheitsstrafe mit Bewährung ein“, so die oberbayerische Regionalzeitung. In der Anklageschrift habe gestanden: „Durch die Taten verschaffte sich der Angeklagte jeweils eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer.“ Betrugsopfer waren Barmer-Krankenkasse, BKK Provita, KKH, mhplus und Mobil Krankenkasse.
Es stellt sich spontan die Frage, ob ein solcher Betrug auch möglich wäre, wenn die Verträge zwischen Krankenkassen und Taxigewerbe strukturiert und ordentlich geregelt wären, statt dass die Kassen versuchen, mit jedem Taxibetrieb einen einzelnen Vertrag abzuschließen, der möglichst noch schlechtere Bedingungen für den Dienstleister enthält – und den Kassen jede Menge Bürokratie einbrockt, die den berüchtigten „Wasserkopf“ beschäftigt, der den gesetzlichen Krankenversicherungen unterstellt wird.
Der verurteilte Kollege hat mit seinem Betrug nicht nur das Ansehen des Taxigewerbes enorm geschädigt. Er hat auch denjenigen Verhandlern bei den Krankenkassen Futter gegeben, die sich permanent gegen eine faire Behandlung von Taxiunternehmen einsetzen und die Preise für Krankenfahrten immer weiter in den Keller drücken wollen.
Dabei liegt bei Sitzend-Krankenfahrten und solchen, bei denen der Patient im Rollstuhl sitzend befördert wird, noch enormes Einsparpotential für die Kassen, da für solche Fahrten noch immer viel zu häufig ohne Erfordernis Krankenfahrdienste mit medizinischem Fachpersonal beauftragt werden, bei denen die Fahrt viel mehr kostet.
Gisela Spitzlei, Abrechnungsexpertin mit eigener Firma und Vorsitzende des Fachausschusses Krankenfahrten des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), war früher selbst Taxiunternehmerin und kennt die verschiedenen Seiten der Materie wie kaum jemand sonst. Sie beklagt, dass bei den Kassen grundsätzlich die „Meinung“ vorherrsche, dass für die „Nebenleistung“ Krankenfahrt die Vergütung unterhalb des Taxitarifs liegen müsse – eine Haltung, der sie entschieden widerspricht.
Die Gründe dafür und warum sie die Einzelverträge zwischen Kassen und Taxibetrieben in allen Hinsichten als kontraproduktiv ansieht, erläutert sie in ihrer Kolumne in der aktuellen Print-Ausgabe der Taxi Times, wo sie spannende Einblicke in das Thema gewährt und Tricks der Kassen entlarvt. So erläutert sie unter anderem, Einzelverträge seien für die Krankenkassen „auch deshalb so interessant, weil, einmal abgeschlossen, die Unternehmer im Alltag zu oft die Mindestlaufzeiten und damit die korrekten Kündigungszeiten vergessen. Hinzu kommt die Angst, dass man nach einer Kündigung ohne Vertrag da steht.“ Dazu bemerkt sie aber: „Da die Zahl der notwenigen Beförderungen immer weiter steigt, ist auch die Kasse an einer Weiterführung des Vertrages interessiert.“
Mit der Begründung, die Vergütung von Krankenfahrten sei noch immer in vielen Verträgen zu gering, gibt Spitzlei den Lesern einen Tipp: „Je mehr Arbeit wir den Kassen mit Kündigungen von Einzelverträgen machen, umso eher sehen sie ein, dass Verträge mit Verbänden auch für sie weniger Bürokratie bedeuten. Für die Unternehmen sind sie allemal besser, denn im Alltagsgeschäft fehlen oft die Zeit und der Überblick über die komplexe Vertragsmaterie.“
Vielleicht wäre ein Betrug wie im Landkreis Traunstein viel schwieriger möglich, wenn der geforderte Bürokratieabbau bereits weit vorangeschritten wäre. ar
Fotos: Axel Rühle
Betriebswirtschaftliche Kostenoptimierer haben schon oft und mit hohen Kosten langfristig falsche Entscheidungen erzeugt.
In München hat sich vor über einer Dekade ein Mietwagenbetrieb einen großen Teil der Dialysefahrten gesichert. Jede Patientenfahrt einzeln abgerechnet, in Wahrheit aber Sammel-und Kettenfahrten organisiert.
Was aber in der Praxis nicht funktioniert hat mangels ausreichender Logistik. Diese extreme Unzuverlässigkeit hat zu extremen Ärger geführt sowohl bei Patienten wie Dialysestationen, erschien dem Unternehmen aber dank betrügerischer Abrechnung lukrativ zu sein.
Bis letztendlich die Dialysefahrten dann über die Taxi München eG organisiert wurden.
Dabei ist es gelungen, ein Abrechnungssystem einzusetzen, das den Kassen anteilige Fahrtkosten der einzelnen Patienten aus den gut organisierten Sammel-und Kettenfahrten in Rechnung gestellt hat. Für die teilnehmenden Taxibetriebe waren und ist das ein lukratives Geschäft auf Basis einer Mischkalkulation mit dem verbindlichen Taxitarif.
Es macht einfach Sinn, gemeinsame Strukturen zu unterstützen statt Einzelkämpfer gegeneinander auszuspielen.