Die Bundeshauptstadt hat ihrem Ruf als „nicht funktionierender Teil Deutschlands“ mit dem Wahldesaster alle Ehre gemacht. Vor der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl Interviewt der „Innungs“-Chef Politiker verschiedener Parteien.
Im Rahmen eines originellen Video-Formats hat Leszek Nadolski, erster Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V., damit begonnen, in seinem Taxi Landespolitiker zu Interviewen, die dies als Teil des Wahlkampfes für die Wiederholung der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom 26.9.2021 nutzen, die am 12. Februar 2023 stattfinden wird.
Den Anfang machte Nadolski mit Felix Reifschneider, dem verkehrspolitischen Sprecher der Berliner FDP und Vorsitzenden des FDP-Ortsverbandes Pankow. Der 44-jährige Politikwissenschaftler war bereits auf bundes- und landespolitischer Ebene in verschiedenen Funktionen für die Freien Demokraten tätig.
Ein Thema ergibt sich sich während der Fahrt – quasi von selbst – dadurch, dass der Gewerbevertreter mit dem Politiker im Taxi im morgendlichen Stau nur langsam vorwärts kommt. Mit der Formulierung „wenn Sie auf der Landesebene mitregieren sollten …“ leitet Nadolski seine Fragen ein, beispielsweise welche Veränderungen der FDP-Mann im Mobilitätssektor für dringend hält.
Reifschneider sagt, schon das Tempo der Fahrt zeige, dass die Straßen nicht leistungsfähig genug seien. Folglich brauche man Straßen mit ausreichender Kapazität, etwa die A 100, einen Ausbau des schienengebundenen ÖPNV, auch in Form eines Ausbaus von U- und S-Bahn-Linien auch in die Außenbereiche und bis in das Umland, „weil natürlich viele Pendlerinnen und Pendler gerne auch mit dem Zug in die Stadt fahren wollen, und wir brauchen auch leistungsfähige, gut ausgebaute und geschützte Radwege.“
Dabei gäbe es „manchmal Zielkonflikte“: Was die Koalition aus SPD, Grünen und Linke in den letzten sechs Jahren geleistet hat, reiche einfach nicht, denn es sei viel zu wenig passiert. „Überall gibt es nur Stop and go, Baustelle oder sogar die Rolle rückwärts.“
Dass Behördenarbeit in Berlin nicht so funktioniert, wie sie soll, macht Nadolski in seiner Frage an der „Fürsorgepflicht der verantwortlichen Senatsverwaltung gegenüber unserem Gewerbe“ fest, die „komplett ausgesetzt worden“ sei. „Es wird eigentlich nichts getan. Es wird kontinuierlich alles abgebaut.“ Dadurch seien von den über 8.000 Berliner Taxen vor der Corona-Krise heute keine 5.000 mehr übrig, und täglich gingen zwei bis drei weitere verloren.
Nadolski fragt, was die FDP getan hätte, um das Taxisterben in Berlin aufzuhalten. Reifschneiders Antwort enthält kein „hätte“, sondern den konkreten Antrag, den der Politiker „als ersten Antrag in dieser Legislaturperiode für die Berliner Taxen eingebracht“ hat, „nämlich für ein uneingeschränktes Laderecht am BER und für einen einheitlichen Taxitarif.“ Für die unfairen Wettbewerbsbedingungen für das Taxigewerbe als Bestandteil der individuellen Mobilität trage auch der Senat die Verantwortung, und das könne „hier auf Landesebene geändert werden“. So sei es eine „Posse, dass der Senat jetzt über ein Jahr gebraucht hat, einen neuen Taxitarif auf den Weg zu bringen“.
Auf das Stichwort Regionalisierungsmittel angesprochen, stellt Reifschneider die rhetorische Frage in den Raum, wie man die Taxis „als Teil des ÖPNV mit in dieses System rein“ bekomme. Nicht mehr nur von Bahnhof zu Bahnhof sei Mobilität heute im Alltag gefragt, sondern von Tür zu Tür. Er sehe beim Ausbau des ÖPNV Chancen für das Taxigewerbe. Man werde zu bestimmten Zeiten in bestimmten Stadtteilen besser auf Rufbusse, Ruftaxis und Sammeltaxi-Angebote setzen müssen, statt leere Busse herumfahren zu lassen. Ein nachfrageorientiertes Angebot mit Mobilitätsgarantie beinhalte Taxifahrten im Auftrag öffentlicher Verkehrsanbieter. Das sei durch ÖPNV-Mittel finanzierbar, wobei auch Regionalisierungsmittel eine Rolle spielen.
Schließlich spricht Nadolski die „Uber-Files“ an – gerade für die FDP kein rühmliches Thema, seit ans Licht kam, dass der FDP-Bundestagsabgeordnete Otto Fricke als Partner einer Beraterfirma die deutsche Lobbyarbeit für Uber koordiniert und 2014 Prof. Justus Haucap für ein Gefälligkeitsgutachten für Uber angeheuert hatte. Reifschneider sagt, Wettbewerbsverzerrungen auf europäischer Ebene müssten natürlich aufgeklärt werden, „und auch wenn es hier Hinweise für Berlin gibt, muss das aufgeklärt werden“. Es sei „nichts dagegen zu sagen, wenn auch neue Geschäftsmodelle in der Mobilität ausprobiert werden, aber immer mit fairen Wettbewerbsbedingungen und unter Einhaltung des gültigen Rechtsrahmens“ – das müsse auch in Berlin jederzeit gewährleistet sein. ar
Bilder: Screenshots aus dem Video von btx.news
Das Video kann hier angesehen werden.