Ab 2020 müssen die Fahrzeugflotten der Automobilhersteller eine durchschnittliche CO2-Emission von 95 Gramm pro Kilometer nachweisen. Wer das nicht schafft, wird zur Kasse gebeten. Jedes E-Auto hilft entscheidend mit, diesen Durchschnittswert zu erreichen.
Wie das Onlineportal electrive.net berichtete, stellt diese CO2-Grenze eine große Hürde für die Automobilindustrie dar. Durchschnittlich 95 Gramm CO2 pro Kilometer sind nur zu schaffen, wenn vermehrt Batterie-elektrische Autos oder Plug-in-Hybride auf den Markt kommen. Wie electrive.net mutmaßt, könnte das auch ein taktischer Grund für die bisherigen Lieferschwierigkeiten von E-Autos sein.
Offiziell wird von einem Batterieengpass oder von Softwareupdates gesprochen, die eine Auslieferung verzögern. Eine Ausrede hat offenbar jeder Hersteller in der Hinterhand. Und tatsächlich: Jedes E-Fahrzeug, das ab dem 1.1.2020 zugelassen wird, zahlt mit null Gramm CO2 auf das Gesamtkonto des Unternehmens ein. Diese hätten also tatsächlich ein Interesse daran, ihre CO2-Sparer erst ab Januar auszuliefern. Indirekt kann ein Null-Gramm-Auto nämlich den Verkauf eines 190 Gramm CO2 pro Kilometer emittierenden Autos ausgleichen. Einem Hersteller wie Tesla mag das egal sein, da seine Fahrzeugflotte seit jeher lokal CO2-neutral angelegt ist, den deutschen Riesen Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz aber sicher nicht.
electrive.net erklärt das am Beispiel des Volkswagenkonzerns, der im Jahr 2019 bei hochgerechnet 3,8 Millionen zugelassenen Fahrzeugen das Klimaziel im Schnitt um 26 Gramm CO2 überschritten hat. Ab dem Jahr 2020 sind für jedes Gramm CO2 zu viel 95 Euro Strafe fällig. Würde VW 2020 die gleiche CO2-Bilanz vorweisen wie 2019, dann müsste der Konzern rund neun Milliarden Euro an Strafzahlungen leisten. Eine gute Klimabilanz hängt also durchaus mit sehr viel Geld zusammen. Und jede Fahrzeugauslieferung eines Elektro-Fahrzeugs noch im Jahr 2019 würde demzufolge noch richtig viel Geld kosten.
Damit die heimische Industrie nicht durch etwaige Strafzahlungen in die Knie gezwungen wird, hilft auch die Politik mit. Zum Stichtag 1.1.2020 baut die Bundesregierung nämlich die Förderungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden weiter aus. Batterie-elektrische Fahrzeuge unter 40.000 Euro Listenpreis können dann mit 6.000 Euro gefördert werden. Liegt der Listenpreis zwischen 40.000 Euro und unterhalb 65.000 Euro, bekommt man 5.000 Euro vom Staat. Plug-in Hybride (PHEV) unter 40.000 Euro können 4.500 Euro Prämie einstreichen. Darüber sind immerhin noch 3.750 Euro möglich.
Übrigens gibt es noch viele zusätzliche Tricks und Kniffe für die Automobilhersteller, sich reinzuwaschen. Beispielsweise wurden sogenannte Supercredits einführt: Reine E-Autos sowie Plug-in-Hybride mit weniger als 50 Gramm CO2 pro km werden 2020 mit einem Faktor von 2 angerechnet. Dieser Faktor wird als Supercredit bezeichnet. Heißt konkret: Da E-Autos in der Hersteller-Bilanz ja mit 0 Gramm CO2 zählen, wird dank des Supercredits mit Faktor 2 jedes im Jahr 2020 verkaufte E-Auto so bewertet, als hätte der Hersteller zwei davon verkauft (also zwei Fahrzeuge mit je 0 Gramm CO2). 2021 schmilzt der Faktor auf das 1,67-fache und 2022 auf das 1,33-fache ab. Die Supercredit-Faktoren für 2020 bis 2022 gelten auch für Plug-in-Hybride.
Ein weiterer Weg zur Aufhübschung der CO2-Bilanz heißt Pooling. Als Beispiel nennt electrive.net dabei die Option, dass sich mehrere Fahrzeughersteller zusammenschließen können. Der Vorteil liegt dann bei den Unternehmen, deren Fahrzeuge zu viel CO2 emittieren. Ihre ‚negative‘ Bilanz könnte dann durch die anderen Fahrzeughersteller mit einer sehr guten CO2-Bilanz „verbessert“ werden. Tesla wird damit zu einem begehrten Allianz-Partner.
Fazit: Ab dem kommenden Januar wird sich, politisch bedingt, der Fahrzeugmarkt deutlich in Richtung Elektromobilität verschieben. Fahrzeughersteller müssen aus Umweltbilanzgründen und den daraus drohenden Strafzahlungen mehr E-Modelle verkaufen und die Politik muss das anschieben, um die heimische Fahrzeugindustrie nicht zu schwächen und um die europäischen Grenzwerte einhalten zu können. Deshalb will die Politik auch, dass gerade die Vielfahrer möglichst schnell umsteigen.
An dieser Stelle kommt dann wieder das Taxi ins Spiel. Die Branche hat 2019 vehement (und erfolgreich) darauf hingewiesen, dass ihre Dienstleistung im Bereich der Mobilität ein unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge ist. Die Politik hat das mehrheitlich verstanden, fordert nun aber von der Branche eine Pionierarbeit im Bereich der Elektrotaxis. Sich dem zu verweigern, würde bedeuten, dass man jenes politische Vertrauen, das man sich 2019 so mühsam erworben hat, letztlich wieder verlieren würde.
Das ist sicherlich eine Zwickmühle, denn die Technik und die Ladeinfrastruktur sind noch lange nicht auf die Bedürfnisse von Vielfahrern ausgerichtet. Es bleibt nur leider nicht die Zeit, um das abzuwarten. Um E-Taxis schon jetzt alltagstauglich integrieren zu können, müssen Unternehmer die betrieblichen Abläufe und Gewohnheiten radikal umstrukturieren. Das ist eine große Herausforderung für 2020. jh/sg
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