In dem vielbeachteten Rechtsstreit um angeblich gestohlene Industriegeheimnissse zur Entwicklung autonomer Fahrzeuge haben sich die beiden Firmen geeinigt. Waymo bekommt einen 0,34-Prozent-Anteil von Uber und ein Anerkenntnis Waymos Urheberschaft.
Während des seit letzten Montag mit Zeugenaussagen laufenden Prozesses haben sich die beiden Kontrahenten geeinigt. Zunächst unterbreitete Waymo Uber am Dienstag einen Vorschlag, der eine Zahlung von rund 500 Millionen Dollar vorsah, wie erst jetzt bekannt wurde. Man einigte sich bis Freitag auf die knappe Hälfte. Die neu auszugebenden Anteile hätten einen Wert von 244,7 Millionen Dollar, denn sie werden zu einem unterstellten Unternehmenswert des Fahrdienstvermittlers von 72 Milliarden Dollar ausgegeben.
Der zweite Teil der Vereinbarung ist das Anerkenntnis, dass die von Uber verwendeten Komponenten für das LiDAR, das Auge eines autonomen Fahrzeuges, eine Erfindung von Waymos Ingenieuren ist und in Zukunft nicht mehr von Uber verwendet würden, sowie eine öffentliche Entschuldigung von Ubers CEO Dara Koshrowshahi. In vorangegangenen Vergleichsangeboten in dem seit einem Jahr andauernden Rechtsstreit verlangte Waymo mindestens eine Milliarde Dollar und drohte dem Kontrahenten mit einer Schadensersatzforderung von bis zu 1,9 Milliarden Dollar.
Auch die erste Woche vor dem Bundesgericht verlief, wie der ganze Rechtsstreit zuvor, anscheinend nicht nach dem Geschmack von Waymo. Vor Gericht versuchten die Anwälte, den Zeugen Travis Kalanick aus der Fassung zu bringen und ihn in einem möglichst schlechten Licht dastehen zu lassen. Die Geschworenen sollten glauben, dass er schon immer Böses im Schilde führte und somit wahrscheinlich auch die Gründung und Übernahme von Anthony Levandowskis Firma ‚Ottomotto‘ als Komplott betrieb, um an Waymos Industriegeheimnisse zu gelangen – so der Plan.
Dies war offenbar nicht erfolgreich, denn Kalanick blieb ganz ruhig und freundlich dabei, als er erklärte, dass es ihm darum ging, mit Levandowski einen der talentiertesten Ingenieure unter Vertrag zu nehmen. Und trotz der überwältigenden Indizien, die nahelegen, dass absichtlich „Wissen transferiert“ und verwendet wurde, fehlten bis zum Schluss sowohl Beweise als auch die juristische Bewertung als Diebstahl tatsächlich geschützter „Geheimnisse“. Der Prozess drohte also wie das Hornberger Schießen auszugehen. Waymo hat nun immerhin – neben jeder Menge negativer Publicity für den Konkurrenten und die Einleitung von Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörde – erreicht, dass Uber die Techniken nicht mehr ohne Waymos Einverständnis benutzen darf.
Ubers Ziel, bis 2018 in 20 Städten, bis 2019 in 50 und bis 2020 in 150 Städten selbstfahrende Fahrzeuge in Verkehr zu bringen, wie Dokumente vor Gericht zeigten, dürfte jetzt unerreichbar sein. Einzelne Versuche laufen weiterhin in drei Orten in den USA, allerdings ohne Fahrgäste. Bei Waymos Eigenproduktionen sieht es nicht viel besser aus: Die eingesetzten Vans in Phoenix, Arizona, scheinen nicht zu überzeugen. Ohne Kooperation mit den Autobauern, die selber anscheinend erfolgreicher am autonomen Fahren arbeiten (und LiDAR ist übrigens mittlerweile auch weit verbreitet), geht hier nichts. Auf der anderen Seite hat Uber die Big Data von Kunden-, Fahrerverhalten und Verkehr. Googles Waymo und Uber bleibt nichts weiter übrig, auf Kooperation zu setzen. So hat Googles Waymo seine Anteile bei Uber ausgebaut und Uber wird in Zukunft für die Nutzung einiger Bestandteile Waymo Gebühren zahlen müssen.
Ubers Ausgaben in Ottomotto, die Kosten für den Rechtsstreit und die Ausgabe neuer Anteile an Waymo erwiesen sich jetzt als Reinfall. Für den Vermittler von Laien-Taxis bleiben noch etwa 700 anderer Gerichtsverfahren weltweit offen, die zusammen genommen schwindelerregend teuer werden können, selbst wenn sie ähnlich glimpflich verlaufen, wie dieser hier. Und in dem Geschäftsfeld des urbanen Transport vereinigen sich immer mehr globale Mitbewerber. Die Ermittlungen auf nationaler Ebene gegen Uber, die am Rande dieses Falles eingeleitet wurden, laufen ungeachtet der privaten Einigung weiter. prh
Foto: Steve Jurvetson cc-by-2.0
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