Heute und morgen werden Beamte des Bundesverkehrsministeriums und aus den Verkehrsministerien der sechzehn Bundesländer zur Sitzung des Bund-Länder-Fachausschusses BLFA-TK zusammenkommen. Auf der Agenda steht auch eine Entscheidung, ob digitale Dachwerbung künftig bundesweit rechtlich möglich sein wird. Das Szenario erinnert stark an jenen Handstreich, mit dem vor zwei Jahren die Ortskundeprüfung für Mietwagen abgeschafft wurde.
Setzt sich ein Vorschlag des Landes Baden-Württemberg durch, dann könnte es zu einem gesetzlichen Verbot von digitaler Werbung im fließenden Straßenverkehr kommen. Dies solle dann in der Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) verankert werden und würde auch die Möglichkeit betreffen, auf dem Dach eines Taxis digitale Werbung zu fahren. Ganz egal, ob man nun ein ästhetischer Fan der Dachwerbung ist oder nicht: Für die Branche entfiele damit eine potenziell zusätzliche Einnahmequelle von bis zu 6.000 Euro netto jährlich pro Taxi.
Dabei hat es das Land Baden-Württemberg gar nicht auf die Taxis abgesehen. Vielmehr wolle man eine dynamische Werbeform am Heck von Lkw verhindern. Unter anderem bietet das Unternehmen RoadAds interactive digitale Bewegtbild-Werbung an. Mitgefangen, mitgehangen. Das Taxigewerbe würde damit in Sippenhaft genommen werden. Das erinnert doch sehr stark daran, als vor zwei Jahren über einen ähnlichen Weg die Fahrerlaubnisverordnung geändert wurde, wodurch plötzlich die Ortskundeprüfung für Mietwagen in Ortschaften mit mehr als 50.000 Einwohnern weggefallen ist. Damals wollte auch niemand dem Taxigewerbe schaden, man wollte nur den Rettungsdiensten erleichtern, Personal zu finden, denn neben Mietwagenfahrern waren in dieser Verordnung auch Krankenwagenfahrer zu einer Ortskundeprüfung verpflichtet.
Nun sind es also die Lastwagen anstelle der Krankenwagen. Und auch wenn sich die Auswirkungen auf ein mögliches digitales Werbeverbot sicher nicht so desaströs auswirken mögen wie bei der Ortskunde und abgesehen davon, dass gem. StVZO eh nur das erlaubt ist, was explizit im Gesetz erwähnt wird und somit fraglich erscheint, was eine solche Regelung bringen mag, so ist es doch bedenklich, wie einfach und intransparent einschneidende Gesetzgebungsinitiativen auf der so genannten Fachebene getroffen werden können, ohne dass die politischen Entscheider oder gar die von den Regelungen betroffenen Bürger involviert werden.
Ein Bund-Länder-Fachausschuss (BLFA) ist ein Gremium, das den zweimal jährlichen Konferenzen der Fachminister zuarbeitet. Am heutigen Dienstag tagt der BLFA-TK „Technisches Kraftfahrwesen“. Er bewertet technische Entwicklungen im Hinblick auf die Straßenverkehrssicherheit. Ist diese gefährdet, wenn im rollenden Verkehr digitale Werbung potenziell für Ablenkung sorgen könnte? Bei der Dachwerbung auf Taxis kommen drei wissenschaftliche Untersuchungen zum Ergebnis, dass keine verkehrsgefährdende Ablenkung festgestellt wurde. Trotzdem hat sich außer Hamburg bisher kein Bundesland durchringen können, digitale Dachwerbung zu erlauben.
Schleswig-Holstein möchte ein „bundesweites Forschungsprogramm einschließlich weiterer Feldversuche initiieren, um die „Auswirkungen der dynamischen bzw. digitalen Werbeeinrichtungen an Fahrzeugen auf die Verkehrssicherheit beurteilen zu können und damit fundierte Grundlagen für die Zulassung oder ein Verbot derartiger Einrichtungen zu haben.“ Das nördlichste Bundesland Deutschlands setzt sich damit gegen den Standpunkt aus Baden-Württemberg. „Aus Sicht Schleswig-Holsteins ist die vorhandene Datenbasis für ein explizit gesetzlich geregeltes Verbot für dynamische bzw. digitale Werbemedien derzeit nicht ausreichend“, heißt es aus dem dortigen Verkehrsministerium. „Vielmehr wurde in Feldversuchen mit beleuchteter digitaler Dachwerbung auf Taxen in verschiedenen Bundesländern in den vorgelegten Berichten bzw. dem Abschlussbericht des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) festgestellt, dass ein Ablenk- oder Störpotential durch die monitorbasierte Dachwerbung mit Motivwechsel nicht feststellbar war.“
Der Vorschlag von Schleswig-Holstein steht im BLFA-TK ebenso zur Abstimmung wie der von Baden-Württemberg. Man spricht dabei von so genannten „Beschlussvorschlägen“. Wird ein Beschluss angenommen, landet er auf der Tagesordnung der Verkehrsministerkonferenz. Dort spart man sich meist weitere Diskussionen und winkt die Vorlage durch. Man verlässt sich auf die Experten aus den Fachabteilungen. Wer sich hinter den Experten verbirgt, wird allerdings nicht transparent gemacht. Bei einer Abfrage von Taxi Times bei allen sechzehn Verkehrsministerien, welche Personen man zur Abstimmung schickt, hatten alle Antworten den gleichen Tenor. „Zu Personalangelegenheiten und internen Abstimmungsverfahren nehmen wir keine Stellung“, schreibt beispielweise ein Pressesprecher des Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung in Brandenburg. Man begrüße aber den Vorstoß des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung in Schleswig Holstein, weil man einem Einsatz digitaler/beleuchteter Dachwerbung auf Taxen grundsätzlich positiv gegenüber stehe.
Auch Nordrhein-Westfalen wollte keine Namen nennen, erklärte aber immerhin, dass die von den Verkehrsministerien entsendeten Person „natürlich unter Berücksichtigung der jeweiligem Hausmeinung“ votieren würden. Da sich die beiden Vorschläge aus Schleswig Holstein und Baden-Württemberg „zum Teil widersprechen“, erwartet der Vertreter aus NRW „eine offene Diskussion“ und führt weiter aus: „Sinn einer offenen Diskussion ist aber auch, dass eine Entscheidung über das Abstimmverhalten erst im Lichte der vorgetragenen Argumente getroffen werden kann. Bei der Entscheidungsfindung werden natürlich auch – in Abstimmung mit den für das Personenbeförderungsrecht zuständigen Stellen im Verkehrsministerium – die wirtschaftlichen Interessen des Taxigewerbes eine wichtige Rolle spielen. Priorität werden aber immer die Aspekte der Verkehrssicherheit haben.“
Recht barsch fiel die Antwort aus Bremen aus, dem Gastgeberland der BLFA-Tagung. Zu unseren Fragen, welche Person am BLFA-Ausschuss teilnehmen wird, wolle man sich nicht äußern, weil das inhaltlich nichts mit dem Thema zu tun habe. Das dürften betroffene Taxiunternehmer anders sehen: Wenn auf Fachebene über solch weitreichende Entscheidungen abgestimmt wird, sollte man das Recht haben, mit denjenigen, die ihre Stimme abgeben, in Kontakt treten zu können, um Überzeugungsarbeit in eigener Sache leisten zu können. Hier mit Datenschutz oder Irrelevanz zu argumentieren, klingt nicht danach, als würden sich diese Behörden auch als Dienstleister sehen, sondern eher nach einer Verhöhnung der betroffenen Bürger- und speziell in diesem Fall der betroffenen Taxiunternehmer. jh
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Und was ist bei der Abstimmung rausgekommen?
Wir werden berichten, sobald wir etwas erfahren. Die Redaktion
Gibt es etwas neues ?
Gibt es zu dem Thema schon ein Update?
Hallo??? Kommt hier noch was?
Erstmal nicht, das wurde zur weiteren beratung wieder in die Arbeitskreise zurückgespielt…