Bei einer Diskussionsrunde in Stuttgart haben sich Vertreter des Taxigewerbes mit einem Landtagsabgeordneten der Grünen über den Umstieg von Verbrennerfahrzeugen zu Elektro-Taxis ausgetauscht.
Dass der Wandel bei der Antriebsart auf E-Taxis viele Vorteile hat, wurde schon bei der Einladung zur Veranstaltung deutlich. „Die Fahrzeuge der Taxiflotten sind in den Stadtbildern Baden-Württembergs täglich sichtbar und damit Aushängeschilder der Mobilität“, heißt es dort. „Sie werden im ländlichen Raum immer sichtbarer, weil sie zunehmend auch die Rolle des öffentlichen Personennahverkehrs übernehmen. Taxiunternehmer können die Einsatzfähigkeit und Praktikabilität von Elektromobilität sichtbar unter Beweis stellen und damit zu Leuchttürmen der Verkehrswende werden.“
Das von dem Grünen-Landtagsabgeordneten Thomas Hentschel initiierte Fachgespräch hatte deshalb die Zielsetzung, die Probleme der Unternehmerinnen und Unternehmer der Branche bei der Umsetzung der Umstellung der Flotte auf E-Mobilität herauszuarbeiten und Lösungsansätze vor allem mit Blick auf den Ausbau einer ausreichenden Infrastruktur zu erarbeiten.
Als Referenten waren dazu Iordanis Georgiadis von der Taxizentrale Stuttgart eingeladen, der Münchner Unternehmer und Elektropionier Gregor Beiner sowie Christoph Erdmenger, Leiter der Abteilung Nachhaltige Mobilität im Baden-Württembergischen Verkehrsministerium. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem kurzen digitalen Grußwort von Winfried Hermann, Verkehrsminister in Baden-Württemberg.
Aktuell sind laut Angaben von Minister Hermann 50 E-Taxis in Baden-Württemberg unterwegs. Als Ursache für diese noch sehr überschaubare Bereitschaft für einen Umstieg sieht Georgiadis allerdings keine Verweigerung des Gewerbes von Elektromobilität. Taxifahrer*Innen speziell in Stuttgart hätten das größte Interesse, in einer Stadt mit sauberer Luft verkehren zu dürfen, schließlich verbringe man einen Großteil der Zeit in der Stadt. Doch um einen solchen Wandel vornehmen zu können, brauche ein Taxiunternehmer Sicherheit und Perspektive. Er brauche Aufträge und einen funktionierenden Markt. „Sind diese Faktoren nicht gegeben, wird ein Taxiunternehmer nicht investieren“, zeichnete Georgiadis das Problem auf. Genau dies habe die Politik durch einige unglückliche Entscheidungen bewirkt.
Als weiteres Problem bezeichnete der Stuttgarter Zentralenchef die in seinen Augen nach wie vor zu geringe Fahrzeugauswahl bei den taxitauglichen E-Fahrzeugen und bemängelte gleichzeitig die derzeit viel zu lange Wartezeit bei einer Fahrzeugbestellung und den zu hohen Anschaffungspreisen.
Letzteres hob auch Gregor Beiner in seinem Referat hervor. Obwohl die Betriebskosten eines E-Taxis geringer ausfallen (Beiner konnte dies anhand seiner seit vier Jahren eingesetzten E-Taxis belegen), kompensiere das nicht die Mehrkosten bei der Fahrzeuganschaffung. Die Politik sei daher nach wie vor in der Pflicht, finanzielle Anreize bei der Fahrzeuganschaffung zu bieten.
Bei der späteren Diskussionsrunde wurde durch den Unternehmer Dirk Holl ein weiteres Problem angesprochen: Seit der Überarbeitung des Eichgesetzes im Jahr 2016 benötigen Taxis eine Konformitätsbescheinigung. Seitdem muss der Fahrzeughersteller eine Erklärung abgeben, dass das Geschwindigkeitssignal aus dem Fahrzeug dem Eichrecht entspricht. Dieses Dokument wird von vielen Herstellern nicht zur Verfügung gestellt, so dass eine eichrechtkonforme Taxiumrüstung bei manchen Modellen nicht möglich ist.
Christoph Erdmenger vom Verkehrsministerium versprach, dieses Problem nicht schulterzuckend an den Bund weiterzureichen (das Eichrecht ist ein Bundesgesetz), sondern über eine länderspezifische Ausnahmeregelung nachzudenken. (Anmerkung der Redaktion: Da kann man nur hoffen, dass bei diesen Überlegungen mehr herausspringt als beim Bundesland Niedersachsen im Jahr 2017)
Erdmenger hatte zuvor in seinem Referat die Klimaerwärmung in Baden-Württemberg mit Zahlen belegt und damit die Notwendigkeit für eine Mobilitätswende unterstrichen. Sein Bundesland wolle bis 2040 klimaneutral agieren. Das sei auch kein Baden-Württembergischer Sonderweg, sondern decke sich auch mit den Zielen des Bundes.
Anzusetzen sei dabei vor allem im Verkehrssektor, denn dort sei der CO2-Ausstoß bis 2019 angestiegen und entwickle sich jetzt erstmals rückläufig.
Um diesen Trend beizubehalten, muss der Privatverkehr reduziert und der öffentliche Verkehr verstärkt werden, was als große Chance für die Verkehrsarten der gewerblichen Personenbeförderung eingestuft wird. Wenn es weniger Privatautos gibt, steigt der Bedarf an ergänzenden Leistungen bei der individuellen Beförderung.
Erdmenger präsentierte eine Kostenanalyse aus seinem Ministerium bzw. des ADAC, wonach der Betrieb eines E-Fahrzeugs günstiger ausfalle als mit einem Verbrennermotor. Er räumte dabei aber auch ein, dass darin nicht die Zusatzkosten enthalten seien, die beispielsweise durch eine längere Ladezeit und dem damit verbundenen Umsatzverlust bzw. Lohnzahlungen auflaufen.
Unter dem zuvor von Gregor Beiner ausgegeben Motto Fördern und Fordern des Taxi-Bundesverbands zählte Erdmenger anschließend auf, was seitens seines Ministeriums hierzu auf den Wege gebracht wurde. Seit 1. Juli 2022 gibt es beispielweise eine Förderung für E-Taxis und Mietwagen mit einer maximalen Motorleistung von 160 kW über 3.000 Euro. Dazu existiert schon seit längerem ein „Förderprogramm für exklusive Schnelladeinfrastruktur für E-Taxis“, das je nach Leistung bis zu 30.000 Euro betragen kann. Die Nachfrage sei hier allerdings sehr überschaubar.
Aus dem Taxigewerbe kamen dazu einige Erklärungen. Oft scheitere es am Desinteresse der regionalen Stadtwerke, was beispielsweise Michael Käflein von der Heidelberger Taxizentrale bemängelte. Es sei auch nicht hilfreich, wenn ein Energieversorger viele Ladeparks installiert, denn das Gewerbe brauche eigene exklusiv-Schnellladesäulen genau dort, wo sich die Taxis auch hauptsächlich bewegen, sagte Beiner.
Er hält deshalb einen runden Tisch mit allen Protagonisten für unverzichtbar, „damit auch jeder versteht, was der andere braucht. Sich miteinander vernetzten und das Verständnis füreinander zu entwickeln, ist extrem wichtig“ sagte Beiner und machte zudem die Anbieter von Schnelladern darauf aufmerksam, dass die Taxibranche auch ein ernstzunehmender Geschäftskunde ist: „So viel, wie wir laden, lädt kein anderer.“
An dieser Stelle schaltete sich dann auch der Gastgeber Thomas Hentschel in die Diskussion ein und versprach, einen solchen Runden Tisch zu initiieren. Damit Baden-Württemberg bald deutlich mehr E-Taxis auf der Straße hat als bisher. jh
Beitragsfoto: Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, eröffnete die Stuttgarter E-Taxi-Veranstaltung mit einem Grußwort. Vorne links der Grünen-Landtagsabgeordneten Thomas Hentschel, daneben Iordanis Georgiadis, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Taxizentrale und des Taxiverbands Stuttgart. Foto: VV Baden