Die vom BVTM organisierte Online-Konferenz diskutierte als drittes Hauptthema die mögliche Zukunft der Taxibranche. Ist Vernetzung und Green-Mobility nun gut oder schlecht für das Taxigewerbe? Christian Holzhauser, engagierter Wiener Taxler und Branchenvertreter in der IRU, dem internationalen Organ der gewerblichen Fahrgastbeförderung in Europa machte den Anfang zu fünf Kurz-Vorträgen, die das Thema teilweise sehr unterschiedlich wahrnehmen.
Holzhausers überraschende Darstellung ließ das Thema zunächst einmal viel einfacher und entspannter erscheinen, als es vielen derzeit erscheint. Er teilte in seinem Vortrag die anstehenden Aufgaben letztendlich in zwei Blöcke, die sich gemäß Ursula von der Leyens Topprioritäten auf Schlau in „Green Deal“ und „B2B-Big Data“ differenzieren lassen würden. Unter Green Deal versteht sich hier eine grüne Mobilität zunächst mal technisch. Und hier stellt er überraschend relaxed fest, das Produkt des Gewerbes sei ja eine Dienstleistung, nämlich die Fahrgastbeförderung und keine Technik. Und die dazu aufgewandte Technik, also mit welchem Motor oder Treibstoff diese Leistung erbracht werde, sei dann letztendlich nicht das Problem der Taxler, sondern eher eines der Autoindustrie.
Mag. Christian Holzhauser ist und Spartenobmann für Transport und Verkehr bei der Wirtschaftskammer Wien
Im Detail ließen sich dann dafür auch eher Forderungen als Lastenhefte formulieren. Es bedürfe beispielsweise einer flächendeckenden Versorgung mit Ladesäulen, es bedürfe möglichst vieler Herstellerangebote mit verschiedenen Modellen sowie einer Verlässlichkeit bezüglich der Investitionen, damit ein ökonomisches Überleben gewährleistet werden können, also einer Politik mit Augenmaß. Besonders in der Fläche oder für die Langstrecke könne er hier derzeit noch keine sinnvollen Angebote erkennen und auch beim Wasserstoff habe die EU die Zeichen der Zeit verschlafen.
Dem Thema Digitalisierung näherte er sich vor allem durch eine bewusstere Wahrnehmung des Datenschatzes, über den das Gewerbe verfüge. Natürlich müsse die Branche die Vernetzung mit verschiedenen Mobilitätsformen oder der Smart City und die Nutzung von App-Plattformen aktiv zu verfolgen. Er spricht sich aber dafür aus, hier einen Schatz des Gewerbes zu hüten und möglicherweise sogar selber zu vermarkten. Auch kleinere Betriebe müssten hier dieselben Möglichkeiten haben, wie die monopolistischen Strukturen, die derzeit versuchten, diesen Markt zu erobern. Im Fazit sieht er die Zukunft also als nicht aufregend anders, sie sei einfach nur smarter und setze eben andere Prioritäten, als bisher.
Christian Meyer als Key-Account-Manager Deutschen Telekom für die Verbände und Organisationen verwies in der Folge auf verschiedene neue Angebote der Telekom wie einen Taxibutton, der auch ohne Netzanschluss wie WLAN oder SIM-Karte arbeitet oder einen WLAN-Hotspot, der die erwünschte Versorgung des ÖPNV mit freiem WLAN auch auf das Taxi ausdehnen helfe. Zusätzlich würden bis zum Jahresende 150 Schnellladepunkte mit jeweils 150 KW von der Telekom installiert und zwei Ladesäulen in Hamburg seien zukünftig ausschließlich für Taxis reserviert.
Gregor Beiner vom mtz München als vollständig E-mobiler Münchener Unternehmer setzte sich dem entgegen eher mit den Chancen und Risiken der anstehenden Verkehrswende auseinander. Angefangen mit simplen Zusatzangeboten wie Essenslieferungen an den smarten Kunden der Zukunft verwies er in der Folge vor allem auf eine wünschenswerte verstärkte Kooperation mit dem ÖPNV. In Hamburg, München und Berlin werde dies schon mit Angeboten wie Isartiger oder Yelp augenfällig praktiziert. Der kleine und der große Partner aus dem klassischen Mobilitätsangebot von Linienverkehr und Taxi dürfen die Zusammenarbeit nicht scheuen. Taxi sei zwar kleinteilig und ein schwer fassbarer Partner, Taxi sei dafür aber omnipräsent im Stadtbild und bezüglich seiner Schnelligkeit bei der Kundenanfahrt unschlagbar.
Allerdings sei die Kleinteiligkeit der Branche auch ein großes Risiko. In der aktuellen Debatte müsse es dem Taxi gelingen, mit einer Stimme zu sprechen und Zusammenhalt zu demonstrieren, denn der Kunde wolle durch überzeugende Leistungen gewonnen werden und dies müsse auch so dargestellt werden. Als einer der wenigen Praktiker der E-Mobilität in der Taxibranche stellte er im Übrigen heraus, dass die Kosten für die E-Mobilität sich ökonomisch inzwischen nicht mehr von denen der herkömmlichen Technik unterscheiden würden.
Zum Schluss kam dann noch die Stadt Hamburg zu Wort, die dann den Ernst der Lage für die Branche mehr als klar und deutlich vermittelte. Malte Auer von der Hamburger Hochbahn stellte seinen Vortrag zwar unter das Motto, die Zukunft der Mobilität müsse „gemeinsam“ gestaltet werden und bezog dabei das Taxi ausdrücklich mit ein. Im Ergebnis war allerdings deutlich wahrzunehmen, dass seine Vision zukünftiger Mobilität in der Stadt Hamburg auch ohne das Taxi hätte entworfen sein können, das gelbe Dachschild kam lediglich als gleichberechtigter Partner unter vielen anderen vor. Und dies war absolut keinem Desinteresse geschuldet, vielmehr orientiert sich diese Vision konsequent und ausschließlich an den Bedürfnissen der Kunden.
Den Menschen müsse das Angebot einer Mobilität ohne eigenes Auto gemacht werden. Es bedürfe dafür neben der Vernetzung der verschiedenen Mobilitätsanbieter einer gemeinsamen Plattform, der Kunden wirklich vertrauen könnten. Der Kunde solle seinen Mobilitätswunsch einer einzigen mit Google-Maps verknüpften App anvertrauen, die alle Optionen berücksichtige – inklusive bargeldloser Fahrtabrechnung – und dem Kunden dann ein Best-Price-Ticketing anbieten. Das bei einem Best-Price-Ticketing in direkter Konkurrenz zu den poolenden Mitbewerbern für die Taxibranche wohl oft nicht überbleiben würde blieb dabei unerwähnt.
Mit Dirk Ritter von der Hamburger Verkehrsbehörde, die inzwischen auch schon dem Namen nach der Mobilitätswende verpflichtet ist, machte es – mit sympathisch präsentierten Herzblut für das Taxigewerbe – dann absolut deutlich: Taxi steht nach seiner Auffassung am Scheideweg. Es gäbe zwar einige tolle Beispiele engagierter Unternehmen, in der Masse sei das Gewerbe in seiner Wahrnehmung allerdings immer noch passiv. So viele Anbieter vom E-Roller bis zum Pooling-Fahrzeug würden sich aktuell platzieren und das Taxi sei in diesem Chor leider eben nicht nur mit einer Stimme zu hören und daher für die Behörden ein schwieriger Partner, schwieriger als viele der Neuen.
Hamburg werde in absehbarer Zeit wohl nur noch emissionsfreie Fahrzeuge für die gewerbliche Fahrgastbeförderung konzessionieren, und die Diversifizierung des Verkehrs fördern. Man wünsche sich vermehrt Inklusions- oder Fahrradtaxis und wolle die Option, Festpreise für Bestellfahrten im Taxi zu realisieren, welche der Entwurf der PBefG-Novelle derzeit präferiere, gern zeitnah realisieren.
Allerdings machte sein Schlusswort dann wieder etwas Mut, bei dem er feststellte, dass zumindest das Hamburger Taxigewerbe inzwischen zu einem verlässlichen Partner für die Verkehrspolitik gereift und seinem ehemaligen Schmuddelimage nun endgültig entkommen sei. Parallel wies er darauf hin, dass Mietwagen, die sich in der Individualbeförderung mit Dumpingpreisen präsentierten, schon allein rechnerisch kaum die Voraussetzungen einer Genehmigungsverlängerung erfüllen könnten. Auch wenn sich so der Branche vielleicht doch die allerletzte Chance bietet, aktiv mit auf den Zug der Mobilitätswende aufzuspringen, liegt es gemäß dieser Hamburger Wahrnehmung einzig und allein an den Unternehmern und Unternehmen selbst, ob es sie morgen noch gibt. rw
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