Wer hat in der Nacht zum 26. Juli den gesuchten Sexualstraftäter und sein Opfer mit dem Taxi gefahren? In welchem Park geschah die Tat?
Die Berliner Polizei sucht erneut im Taxigewerbe nach Zeugen. Es geht um eine Straftat in der Nacht auf den 27. Juli, also die Montagnacht der letzten Juliwoche 2021. Sowohl vor als auch nach der Straftat fuhren Täter und Opfer gemeinsam Taxi. Die Kriminalpolizei fahndet nach dem Mann und sucht dazu auch die beiden Taxifahrer als Zeugen.
Am Abend des 26. Juli, einem heißen, trockenen Montag, kamen auf dem Alexanderplatz eine 40-jährige Neu-Berlinerin und ein 20- bis 25-jähriger Mann ins Gespräch und freundeten sich spontan an. Da der Mann kein Deutsch sprach, unterhielt man sich so gut es ging auf englisch und trank zusammen. Sie besorgten sich Verpflegung in einem Supermarkt in den Rathaus-Passagen, also in der Fußgängerzone zwischen Fernsehturm und „rotem“ Rathaus, und stiegen dann in ein Taxi, möglicherweise in der Grunerstraße oder in der Gegend um das Berliner Rathaus – das konnte die Frau, die sich in Berlin noch nicht auskannte, der Polizei nicht sagen. Unklar ist auch, ob sie das Taxi heranwinkten oder an einem Halteplatz einstiegen. Bei der Zentrale bestellt wurde es nicht. Auch, dass es sich um Mietwagen statt um Taxis gehandelt haben könnte, verneint die Polizei.
Da der Supermarkt, in dem die Fotos des Mannes entstanden, um 21 Uhr schließt, könnte die erste Taxifahrt in der Zeit der Abenddämmerung stattgefunden haben. Sie führte von der Gegend um den Alexanderplatz zielstrebig und ohne Zwischenstopps zu einem Park, der noch nicht bestimmt werden konnte. Während dieser Fahrt waren die beiden noch in friedlicher Stimmung, wenn auch möglicherweise bereits angetrunken, und wirkten auf den Fahrer wahrscheinlich wie Freunde oder ein Pärchen. Dass der sportlich wirkende Mann mit dem großen Rucksack und dem Militär-Design-T-Shirt deutlich jünger war als die Frau, könnte wegen seiner Halbglatze nicht aufgefallen sein. Dem Fahrer könnte das Gepäckstück in Erinnerung geblieben sein, ein großer, schwarzer Rucksack mit Streifen und Gurten in Orange und einem blauen, eingerollten Schlafsack an der rechten Seite. Unklar ist, wie lang die Fahrt war. Der Park, an dem die beiden ausstiegen, könnte also in größerer Entfernung zum Alexanderplatz liegen. Wer war der Fahrer?
In dem Park, wo die beiden sich länger aufgehalten haben müssen, schlug die Stimmung irgendwann um. Der Mann wurde zudringlich und aggressiv, drohte, sie umzubringen, falls sie sich wehren oder schreien sollte, und verging sich brutal an der Frau.
Die Frau befand sich nun in einer hilflosen Situation: Sie stand durch die Gewalttat unter Schock, hatte aufgrund seiner Drohungen Todesangst, es waren keine weiteren Menschen in der Nähe, sie wusste nicht, wo sie mit dem Täter war – eine Situation, in der rationales Handeln nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist. Als einzigen Gedanken an einen Ausweg hatte sie ihre neue Berliner Wohnadresse im Kopf. Der Täter war aber weiterhin bei ihr und bedrohte sie. So geht es aus einem Fernsehbeitrag des rbb hervor, und so ist zu erklären, dass die Frau ein zweites Mal mit ihm zusammen in ein Taxi stieg, wahrscheinlich ungefähr gegen 3:30 Uhr.
Beide Personen, sowohl der Mann als auch die Frau, waren nun erheblich betrunken. Die Frau saß vorne, der Mann mit dem großen Rucksack hinten. Die Fahrt war ungewöhnlich lang und führte schließlich nach Kreuzberg. Wer war der Fahrer?
Dem Taxifahrer könnte während der nächtlichen Fahrt aufgefallen sein, dass mit dem vermeintlichen Pärchen etwas nicht stimmte, denn die Frau auf dem Beifahrersitz war in hohem Maße verängstigt und litt Höllenqualen (was bei berauschten Personen möglicherweise weniger auffällt bzw. weniger ernstgenommen wird). Sie wählte während der Fahrt mit ihrem Handy mehrmals heimlich die Nummer der Polizei, war aber so eingeschüchtert, dass sie sich nicht traute, zu sprechen, da sie weitere Gewaltattacken des Vergewaltigers, der gedroht hatte, sie zu töten, befürchten musste. Die Fahrt muss lange gedauert haben, rund eine Stunde oder länger, denn die drei Notrufe der Frau gingen um 3:42, um 4:36 und um 4:38 Uhr in der Polizeizentrale ein. An eine solche Fahrt müsste der Fahrer sich eigentlich erinnern können.
Als die beiden gemeinsam an der Wohnadresse der Frau in Kreuzberg aus dem Taxi gestiegen waren, gelang es der Frau schließlich, zu einer Nachbarin zu flüchten. Während diese die Polizei verständigte, floh der Täter.
Nach dem Mann wird jetzt gefahndet. Dazu sucht die Polizei auch beide Taxifahrer als Zeugen. Wer erinnert sich an eine der beiden beschriebenen Fahrten in der Nacht zum 26. Juli 2021, einer warmen, trockenen Sommernacht?
Über den Täter ist aus der anfänglichen Unterhaltung und von den Überwachungsfotos aus dem Supermarkt folgendes bekannt: Er wird auf 20 bis 25 Jahre geschätzt, erscheint aber durch die recht weit ausgeprägte Halbglatze mit kurzrasiertem, braunem Rest-Haar auf den ersten Blick möglicherweise älter. Er ist schlank, wirkt nicht unsympathisch und trug am Tattag eine dunkle, dreiviertel lange Hose, ein olivgrün gemustertes Militär-T-Shirt, das vorne einen weißen Aufdruck mit den Buchstaben NY hatte sowie weiße Sportschuhe mit dunklen Kurzsocken, die nur wenige Zentimeter über den Rand der Schuhe bis unter die Knöchel reichten. An seinem linken Handgelenk trug er eine schwarze Armbanduhr mit weißem Zifferblatt, ansonsten keinerlei Schmuck. Seine Sonnenbrille hatte er offenbar zeitweise am Hinterkopf „zwischengeparkt“. Auf den Fotos sind keine Tätowierungen oder Piercings zu erkennen. Bei sich hatte der Mann einen großen, schwarzen Rucksack mit Streifen und Gurten in Orange und einem blauen, eingerollten Schlafsack an der rechten Seite. Er soll aus Osteuropa stammen und keinen festen Wohnsitz haben. Da der Mann sich in dem Park offenbar gut auskannte, vermutet die Polizei, dass er sich dort bereits häufig aufgehalten und wahrscheinlich dort auch schon übernachtet hat. Er kann wahrscheinlich kein Deutsch.
Die Polizei sucht dringend nach den beiden Taxifahrern als Zeugen. Leider konnte die Frau aufgrund ihrer Verfassung nur ungenaue Angaben machen. Die Fahrer waren männlich. An den Taxis fielen ihr keine Besonderheiten auf, etwa dass es Großraumfahrzeuge gewesen wären. Dennoch könnten sich die Fahrer an die Fahrten in der besagten Sommernacht erinnern, insbesondere der Fahrer der zweiten Fahrt, die ungewöhnlich lange dauerte, und die er vielleicht – in Unkenntnis der Notlage der Frau – einfach als unangenehme Tour mit zwei Betrunkenen wahrnahm.
Die Kollegen werden gebeten, mit der Polizei unter der Telefonnummer (030) 46 64 91 34 02 Kontakt aufzunehmen oder sich persönlich auf einer Polizeiwache zu melden.
Stichpunkte zu der Fahndung sind auf der Internetseite der Polizei zu finden. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat im Fernsehen einen Beitrag zu dem Fall ausgestrahlt, der in der Mediathek nachzusehen ist.
Die Polizei wendet sich bei Fahndungen mit Zeugenaufrufen direkt an das Taxigewerbe, wenn im Zusammenhang mit Straftaten Taxifahrten eine Rolle spielen – wie etwa bei einem Raub im Juni in Bremen und bem Transport einer Leiche per Taxi zum Bahnhof Südkreuz im Juli, bei dem die Täter aber bereits gefasst wurden, oder wenn aufgrund der Nähe eines Tatorts zu einem Taxihalteplatz Kollegen als Zeugen in Betracht kommen wie bei einem bis heute unaufgeklärten Mord im April am Kurfürstendamm Ecke Leibnizstraße. ar
Beitragsbild: Fahndungsfotos der Polizei Berlin