An einer von einem Taxiunternehmer organisierten Protestfahrt haben am Freitagabend rund 130 Taxis teilgenommen. Ihre Forderungen an die Politik und an die Stadt München sind sehr vielfältig.
Im winterlichen München hatten sich die Taxiunternehmer*Innen und Taxifahrer*Innen kurz vor 20 Uhr im Norden Münchens versammelt und fuhren dann – von der Polizei eskortiert – in einem langen Konvoi in Richtung Innenstadt. Beendet wurde die Fahrt gegen 21 Uhr in der Münchner Innenstadt. Dort ist an einem normalen Wochenende (noch dazu am Faschingswochenende) viel los, was für die Münchner Taxibranche auch viele Fahrten bedeutet. Stattdessen hat der Freistaat Bayern seit Wochen ab 21 Uhr eine Ausgangssperre verhängt. „Wir können keine Gäste fahren, weil jeglicher Anlass fehlt“, beklagt sich daher der Taxiunternehmer Zekai Karavas, der die Demo mit Unterstützung von Aydin Gökmen organisiert hat.
In einer Presseerklärung im Vorfeld der Demo hatte der Veranstalter die politischen Corona-Missstände in Bezug auf die Taxibranche aufgezählt und Forderungen formuliert. So seien beispielsweise die Hilfen, die der Branche zur Verfügung gestellt worden sind, bei vielen Kollegen nicht angekommen oder waren zu wenig, um deren Kosten decken zu können. „Ein großer Teil der Taxibranche steht kurz vor der Insolvenz, wenn die Auszahlung der Überbrückungshilfe III genauso spät geleistet wird wie die vorherigen Hilfen“, greifen die Demo-Veranstalter noch einmal den Hilferuf auf, den die Münchner Taxivertreter bereits seit Wochen an die zuständige Politik formulieren.
Da die Banken mittlerweile jegliche Kulanz und Kredite verweigern, müsse die Überbrückungshilfe III unverzüglich beantragbar sein und ausgezahlt werden. (Hinweis der Redaktion: Seit Ende vergangener Woche hat die Bundesregierung tatsächlich und endlich die Plattform freigeschaltet, über die Überbrückungshilfe III beantragt werden kann. Der Taxi-Bundesverband BVTM hat dazu taxispezifische Infos veröffentlicht).
Viele Angestellte der Taxibetriebe befinden sich seit Monaten in Kurzarbeit. Sie würden sich laut Auskunft der Demo-Veranstalter mittlerweile andere Jobs suchen, „da sie auch nicht mehr länger an die Erholung in der Branche glauben, oder die Gehaltseinbußen durch die Pandemie nicht mehr finanzierbar sind.“
Als schnelle Direkthilfe fordert Karavas, dass Münchner Taxis, die seit Beginn der Pandemie mit Spuckschutzscheiben ausgestattet sind, und deren Fahrer mit Masken fahren sowie nach jedem Kunden die Autos desinfizieren, auch für Impffahrten eingesetzt werden, so wie es auch in zahlreichen anderen Städten bereits praktiziert wird. Die Stadt München hat diese Forderung allerdings abgelehnt. Stattdessen wurde lediglich ein kostenloser Shuttle-Bus eingerichtet, die die Senioren von der nächstgelegen U-Bahn-Station zum Impfzentrum fährt. Für Münchner Taxler ist das völlig unverständlich: „Wir haben trotz massiver Umsatzeinbußen die Stellung gehalten und sogar das Pflegepersonal kostenlos befördert. Das TAXI ist sozial, verlässlich und transparent“, schreiben die Veranstalter.
Wichtig wäre für Münchner Taxis auch, dass man endlich die vielen Busspuren mitbenutzen darf, fordern die Demo-Teilnehmer. Dies hat die Münchner CSU in einem Antrag im Herbst immerhin formuliert, nachdem die Münchner Gewerbevertreter im Sommer und Herbst 2020 sowohl mit der CSU-Stadtratsfraktion als auch mit den Fraktionen aller anderen Parteien gesprochen hat (Taxi Times hat darüber in seiner Münchner Regionalausgabe vom Oktober 2020 ausführlich berichtet).
Last but not least weisen die Veranstalter auch auf die Schwachstellen der aktuell geplanten Novelle des PBefG hin. „Unser Bundesverkehrsminister Herr Scheuer verhandelt nicht mit den Taxiverbänden, sondern mit milliardenschweren Vermittlungsplattformen mit Sitz im Ausland“, heißt es in der oben angesprochenen Pressemeldung. „Deren zehn Mitarbeiter in Deutschland sind das Zünglein an der Waage für die 250.000 Arbeitsplätze in der Taxibranche.“
Das Gewerbe weist in diesem Zusammenhang seit Jahren auf internationale Studien und Presseberichte zum Thema schlechte Arbeitsbedingungen hin, Nichteinhaltung von Mindestlöhnen, Missachtung von immer noch geltenden Normen, Verursachen von Verkehrsstaus, Verschmutzung der Umwelt, Zerstörung von Existenzen, Gewaltübergriffe auf Fahrgäste und hohe Insolvenzquoten der örtlichen Partnerunternehmen von Uber und Free Now. Auch die Demo-Veranstalter greifen diese Missstände noch einmal auf und kritisieren, dass diese Vermittlungsplattformen weiterhin nicht nur geduldet werden, sondern man deren illegale Praxis nun per Gesetz legalisieren will. jh
Beitragsfoto: Zekai Karavas
Nur mal kurz: Erstaunlich, was ihr so hinkriegt. Bravo