In New York hat sich ein 61-jähriger Black-Car-Fahrer vor dem Rathaus in Manhattan erschossen. Vorher hinterließ er eine Protestnote, in der er Politiker für den Niedergang des Taxigewerbes und seine Verzweiflung verantwortlich machte. „Er hat die Realität beschrieben,“ sagte eine Gewerkschaftssprecherin. Es ist der dritte öffentliche Selbstmord eines Taxifahrers in zwei Monaten.
Der Mann fuhr Polizeiberichten zu Folge am Montagmorgen mit einer gemieteten Limousine vor das Tor des Rathauses und erschoss sich mit einer Schrotflinte. Er war auf der Stelle tot.
Douglas Schifter beschuldigte in einem Facebook-Posting namentlich genannte Politiker, dass sie ihm mit ihrer Politik für eine Überregulierung des Taxigewerbes bei gleichzeitigem Anstieg der Taxis- und Mietwagen gesorgt hätten und ihm somit ein Überleben unmöglich gemacht hätten. Die Politiker hätten die Straßen mit einer unbegrenzten Zahl von Wagen „geflutet“. „Jetzt ist das Sklaverei. Ich weiß nicht, wie ich besser etwas bewirken kann, wenn nicht mit der öffentlichen Darstellung einer privatesten Angelegenheit.“
In seinem Facebook-Post schrieb er zum Abschied, er habe keine Krankenversicherung mehr und erfreue sich keiner guten Gesundheit. Im letzten Jahr habe er zwei Motorschäden und ein kaputtes Getriebe bezahlen müssen. Jetzt könne er seine laufenden Rechnungen nicht mehr bezahlen, sein Haus stehe vor der Pfändung. Er arbeitete 100 bis 120 Stunden jede Woche, schrieb er, und das seit 14 Jahren. „Ich sehe keinen Sinn darin, es weiter zu versuchen.“ Er hoffte, dass sein „öffentliches Opfer“ nicht umsonst gewesen sein und die Politik gestoppt würde.
Es gäbe „100.000, die täglich leiden“, weil Bürgermeister de Blasio, sein Vorgänger Bloomberg und den Regierungschef des Staates New York, Coumo, den einst florierenden Taximarkt kaputt gemacht hätten. „Jetzt ist das Sklaverei.“ Er zählte politische Entscheidungen auf, die zum Anstieg zugelassenen Taxis, dann zur Freigabe der Konzessionen und schließlich zu Überschwemmung der Stadt mit Laien-Taxis von Uber geführt haben. Er kritisierte auch die Genehmigungsbehörde für Gebühren und Regeln. In seinem Abschiedsbrief beschrieb er sein Arbeitsleben und beklagt die „Deprofessionalisierung“ des Berufsstandes vor allem durch Uber. Er sah auch einen Zusammenhang zur übergeordneten Politik und gesellschaftlichen Lage der USA.
Spontan versammelten sich KollegInnen zu einer Mahnwache vor dem Rathaus. Sie wollen jetzt für seine Beerdigung sammeln. Bhairavi Desai, Sprecherin der New Yorker Taxigewerkschaft NYTWA kommentierte: „Er hat die Realität beschrieben.“ Sie protestierte mit einem emotionalen Appell bereits im letzten Frühjahr gegenüber der Genehmigungsbehörde TLC über die Schwierigkeiten der Branche. Fahrer seien sogar von der Obdachlosigkeit bedroht. „Eine Hälfte meines Herzes ist zerbrochen – die andere steht in Flammen,“ zitiert sie die New York Times. Desai bestätigt, dass die psychische Lage der Taxifahrer zunehmend schlechter wird und sich Hilfe suchend an die Gewerkschaft wenden würden. Taxi Times berichtete in ihren Print-Ausgaben laufend über die Krise.
Die Anzahl der Taxis war über Jahrzehnte auf 12.000 bis 13.000 begrenzt. Heute gibt es inklusive Uber und anderer Transportanbieter wie Via (Daimler) über 100.000 Fahrzeuge in der Stadt. Eine Begrenzung ist nicht abzusehen. Der Bundesstaat New York ermöglichte eine Öffnung des Taximarktes 2017, nach dem Ubers Lobbyarbeit das Rekordbudget von mindestens 1,8 Millionen Dollar in einem halben Jahr erreichte. Uber umging die gesetzliche Offenlegungspflicht bei der Einflussnahme und musste gerichtlich gezwungen werden, einigermaßen realistische Angaben zu machen. Addison Lee kündigte kürzlich an, 1000 Fahrzeuge auf die Stadtstraßen zu bringen. Selbst in der letzten Sylvesternacht wären die Wagen leer auf der Suche nach Fahrgästen durch die Stadt gerollt.
Ein Sprecher des Rathauses drückte offiziell Bestürzung und Trauer aus. Bürgermeister Bill de Balsio verteidigte seine Haltung in Sachen Uber, so habe er versucht, die Anzahl der Uber-Wagen in „vernünftigen Grenzen“ zu halten, aber sei angeblich an der Opposition im Stadtrat gescheitert. „Da gibt es sicherlich noch viel zu tun,“ so de Blasio. Er sagte, die Tat spiegele eher eine psychische Krankheit wider, als dass sie ein repräsentativer Ausdruck für die Marktlage wäre. prh
Symbolfoto: 0x010C – CC BY-SA
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