Auf einer Fachmesse für Elektromobilität hat ein Münchner Taxiunternehmer ein erstes Fazit zu seinen zehn Jaguar I-Pace gezogen und einen Ausblick auf die elektromobile Taxi-Zukunft gegeben.
Wer erinnert sich nicht an das hohe Ziel der Bundeskanzlerin, die im Jahr 2013 davon sprach, dass bis 2020 eine Million Elektroautos auf der Straße sein sollen? Betrachtet man die Entwicklung der Zulassungszahlen, sieht die Realität ganz anders aus. Nur knapp 54.000 Elektro-Fahrzeuge sind laut einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts in Deutschland angemeldet. Das entspricht 0,35 Prozent aller Kfz.
Ähnlich sieht die Relation im Taxigewerbe aus. 53.000 Taxis fahren in Deutschland und geschätzt weniger als einhundert davon rein batteriebetrieben (0,17 Prozent). In München sind es immerhin fast ein halbes Prozent, denn dort fahren mittlerweile 16 von 3.400 Taxis ausschließlich mit Elektromotor. Maßgeblich verantwortlich dafür ist neben einem Förderprogramm der Stadt auch das Münchner Taxizentrum mtz, das im Juli zehn elektrische Jaguar I-Pace in Betrieb nahm.
Dessen Geschäftsführer Gregor Beiner war dann auch einer der beiden Referenten beim einstündigen Forum „Münchner E-Taxis“, das am dritten Tag der Elektro-Messe „eMove360°“ stattfand. Beiner hat 82 Taxis in München, hauptsächlich Hybrid-Modelle eines japanischen Herstellers und seit Ende Juli auch jene zehn elektrische Jaguar I-Pace, dessen Start unter hoher Medienresonanz und im Beisein politischer Prominenz begleitet wurde.
Beiner appelliert an die umweltpolitische Verantwortung eines Taxibetreibers. Die Fahrleistungen des gesamten Taxigewerbes liege bei 2,89 Milliarden Kilometern, das entspricht 72.200 Erdumrundungen. In seiner Heimatstadt München umkreise das Taxigewerbe die Welt 5.250 mal. Auch für das eigene Unternehmen hat der Jungunternehmer Zahlen parat: Die 82 Taxis des mtz würden von insgesamt 280 Mitarbeitern 6,15 Millionen Kilometer pro Jahr bewegt werden. Jeder Fahrgast sei im Schnitt acht Kilometer unterwegs. Da sei es wichtig, dass man möglichst umweltschonend fahre. Sein Unternehmen konnte durch den schon vor Jahren vollzogenen Wechsel von Diesel auf Hybrid, phasenweise auch Erdgasfahrzeuge und jetzt auf Elektrotaxis den CO2-Ausstoss innerhalb der letzten zehn Jahre um 60 Prozent reduzieren. Die Kurve soll nun noch weiter nach unten zeigen. Beiner verlässt sich dabei auf ein Versprechen von Dr. Wolfgang Ziebart, vom technischen Entwickler des Jaguar I-Pace: „Schon ab ca. 40.000 Kilometern erreicht der I-Pace eine positive CO2-Gesamtbilanz gegenüber herkömmlichen Verbrennern.“
Beiner führte beim eMove-Forum vor rund 50 Zuhörern einen Faktencheck seiner Jaguar-Flotte durch. In rund zwei Monaten hätten die zehn Taxis bereits eine Fahrleistung von 100.000 Kilometern erzielt, sie seien im 2-Schichtbetrieb rund 20 Stunden im Einsatz. Zwischen den Schichten sei ein zweistündiges Zeitfenster zum Aufladen eingeplant. Dies erfolge auf dem Betriebsgelände, wo man fünf DC Schnellladestationen mit 50 kW aufgebaut hat und 100 Prozent Ökostrom verwende.
Die Reichweite der Jaguars betrage 400 Kilometern, berichtet Beiner, wobei dieser Wert in den bisherigen Schichten selten ausgeschöpft wurde. Die Fahrer seien am einheitlichen weißen Hemd mit Logo zu erkennen und allesamt auf die Technik geschult.
Zur wirtschaftlichen Rentabilität verwies Beiner auf seinen Vorredner Peter Köhl, der am Beispiel eines Tesla die massiven Einsparungen bei den Betriebskosten im Vergleich zu fossilen Fahrzeugen darlegte.
Speziell in München mache sich darüber hinaus auch noch die vom ADAC angestoßene E-Taxi-Förderung der Stadt bemerkbar. Über drei Jahre bekommt jeder Münchner Taxiunternehmer, der ein ausschließlich elektrisch betriebenes neu angeschafftes E-Taxi einsetzt, für jeden damit zurückgelegten Besetztkilometer 20 Cent erstattet. Bis zu maximal 40 Prozent der Nettoanschaffungskosten kann sich so jeder Unternehmer von der Stadt zurück erstatten lassen.
Ohne diese Förderung sei ein Umstieg zum jetzigen Zeitpunkt wirtschaftlich noch nicht darstellbar gewesen, gibt Beiner zu, verweist in diesem Zusammenhang allerdings auf eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2016. Demnach werden die Systemkosten für eine Hochvoltbatterie von Jahr zu Jahr fallen, während die konventionellen Kosten für den Antriebsstrang bei fossilen Fahrzeugen nach und nach steigen. 2025 sollen sich McKinsey zufolge beide Kurven treffen. Ab dann weist das Elektrofahrzeug die bessere Kostenbilanz auf. jh
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Das liest sich doch vielversprechend, nur ist eben nicht jeder Taxiunternehmer ein hipper Jungspund mit über 80 Taxen, der volles Risiko fahren kann und dem es egal ist, ob jeder einzelne Wagen die Anforderungen einer Schicht erfüllt.
Es wird deutlich, dass diese Fahrzeuge derzeit nur mit absoluter Förderung wirtschaftlich zu betreiben sind und das Spezialfahrzeuge für Behinderte derzeit fast überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Auch mit der Lademöglichkeit für viele Einzelunternehmer sieht es eher lau aus , da natürlich nicht jeder einen Betriebshof zur Verfügung hat.
Begeisterung kommt also nur auf, wenn man im Hinterkopf hat, dass von Seiten einiger Politiker und Behördenvertreter bereits geäußert wurde, dass Taxen zur E-Mobilität gezwungen werden könnten , was in meinen Augen zwar unerhört ist, aber gut zu unseren modernen Politikern passen würde .
Wer rechnen kann fährt elektrisch, die Einsparungen beim Unterhalt sind erheblich und es gibt auch günstigere Fahrzeuge als den I-Pace. Auch Behindertengerechte Fahrzeuge sind erhältlich. Das Problem sind die Köpfe, die nicht umdenken wollen.
@Petersen: Es ist keinerlei Rede davon, dass jeder Einzelunternehmer sofort umsteigen muss – auch nicht in der Politik. Die Potentiale für eine bessere Stadtluft gerade in den kritischen Straßen(-abschnitten) sind aber enorm, und deshalb wird der Branche auch beim Umstieg geholfen.
Dass ein Unternehmer auf eigenes Risiko vorangeht und seine Erfahrungen mit der Branche teilt ist doch gut und zu begrüßen. Die Steuermittel zur Unterstützung dieses Risikos sind deshalb auch prima angelegt.
Sehr gute öffentliche Lademöglichkeiten sind bereits heute in allen großen Städten und nahezu flächendeckend vorhanden, deshalb müssen die Taxiverbände unbedingt Rahmeabkommen mit den großen Betreibern (oft Stadtwerke) vereinbaren damit auch Einzelunternehmer zu guten Konditionen laden können.
Ich habe seit 4 Wochen einen Hyundai Ioniq Elektrik als erstes vollelektrisches Fahrzeug in Leipzig als Taxi im Einsatz.
Mein Taxibetrieb umfasst nur zwei Taxen.
Ich habe keine eigene Schnellladesäule und nutze die öffentliche Ladeinfrastruktur.
Der Ioniq in der Premiumversion ist im Anschaffungspreis nicht teurer als ein vergleichbar ausgestatteter Verbrenner, verursacht aber nicht mal die Hälfte der Betriebskosten.
Für mich steht nach der kurzen Zeit, nicht nur aus finaziellen Gründen, schon fest, dass ich kein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor mehr als Taxi einsetzen werde. Also auch keinen Hybrid, nur noch voll elektrisch.
Mir ist klar, dass es für längst nicht alle Dienstleistungen, die man mit einem Taxi anbieten kann, passende Elektroautos gibt. Desshalb haben manche Kollegen keine Wahl.
Aber für elektromobilitäts interessierte Taxiunternehmer empfehle ich ernsthaft über einen Wechsel nachzudenken.
Da es im Internet kaum Erfahrungswerte von Taxiunternehmern bezüglich Elektroauto im Taxibetrieb zu finden gibt, habe ich, und da entschuldige ich mich für die Eigenwerbung, selbst einen Infokanal dafür auf YouTube erstellt. Er heißt „Elektro Taxi Leipzig“ Vielleicht hilft er ja dem einen oder anderen bei der Entscheidungsfindung.
Viele Grüße von Matthias
Hallo Matthias,
ich habe zwar keinen Taxibetrieb, aber sehe das ganz genau so. Natürlich kann man einen I Pace nehmen, ebenso ein Model S – preislich liegt man dann halt bei den Anschaffungskosten bei einer S-Klasse. Aber die Betriebskosten sind eben deutlich niedriger. Und wer ein günstigeres Auto sucht wird beim Nissan Leaf oder Hyundai Ioniq fündig. Die sind doch ausreichend komfortabel und ich denke auch ohne Förderung wirtschaftlich einsetzbar. Wenn Du mal Lust hast einen Gastbeitrag über deine E-Taxi-Erfahrungen in meinem Blog zu schreiben, melde Dich. Email-Adresse findest Du im Impressum von https://www.zoe-elektrisierend.de/
Viele Grüße, René